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Luxus-Auto-Pleitier Santoro streitet alles ab

Luxus-Auto-Pleitier Santoro streitet vor Gericht alles ab

07.01.2019, 12:0607.01.2019, 13:59
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Luxus-Auto-Pleitier Santoro vor Gericht

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Luxus-Auto-Pleitier Santoro vor Gericht
Riccardo Santoro ist nicht geständig. Er kämpft um seinen Ruf. 2014 liess er sich von der AZ fotografieren.
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Im Prozess um Betrug, Misswirtschaft und weitere Delikte im Zusammenhang mit Auto-Leasinggeschäften hat am Montag vor dem Bezirksgericht Lenzburg der Beschuldigte jede Schuld von sich gewiesen. Das Urteil dürfte am 23. Januar eröffnet werden.

Auf die Fragen des Gerichts gab der 47-jährige Schweizer wortreich Auskunft. Dabei machte er klar: Er ist sich keiner Schuld bewusst. Er hat seiner Ansicht nach korrekt gearbeitet und wurde von seinen Partnern sowie von den Behörden unfair behandelt. «Ich habe mich in keinem Punkt strafbar gemacht», sagte er.

Der gelernte Automechaniker hatte den Garagenbetrieb SAR Premium Cars in Dintikon AG aufgezogen. Dort bot er ab etwa 2007 Leasings von Luxusautos an. In der weit über 300 Seiten umfassenden Anklageschrift listet die Staatsanwalt die Wagen akribisch auf: Da ist etwa die Rede von Maserati, Ferrari, Lamborghini, BMW, Porsche und Mercedes.

Die Leasing-Geschäfte machte er überwiegend mit der damaligen Fidis Finance (Suisse) AG, aber auch mit anderen Firmen. Dabei habe man ein System zur «Umgehung beziehungsweise Änderung» des üblichen Leasingsystems angewandt. Die Konditionen waren für die Kunden überaus günstig – so wurden etwa Autos vor Vertragsablauf zurückgenommen, ohne dass ein «Penalty», also eine Strafgebühr, fällig war.

Der Betrieb sei rasant gewachsen. Der Umsatz stieg auf rund 10 Millionen Franken pro Monat – der Jahresumsatz 2010 belief sich auf 140 Millionen. Das rasche Wachstum brachte viel Arbeit mit sich. Er habe rund um die Uhr gearbeitet, sagte der Beschuldigte. Er war für die Autos zuständig, seine Frau machte die Buchhaltung – aufgrund seiner Angaben.

Top-Kundenqualität

Seine Kunden seien aus den höchsten Chefetagen von Banken, Versicherungen und anderen Firmen gekommen, erklärte der Beschuldigte. Sie hätten Spezialrabatte, Kundenkarten und allerlei andere Privilegien erhalten. Und mit allen sei er per Du gewesen.

Seine Partner hätten von dieser «Top-Kundenqualität» profitiert. Manche hätten sich «eine goldene Nase verdient». Und heute grüssten sie ihn nicht mehr.

Auf den schwunghaften Anstieg folgte der freie Fall. Die Fidis habe ihm mitgeteilt, es sei eine Computerdatei mit nicht fakturierten Autoverträgen im Umfang von mehr als 16 Millionen Franken verloren gegangen. Er habe Hand geboten für eine Lösung des Problems, das ja die Fidis sich eingebrockt habe.

Es wurde vereinbart, dass er die 16 Millionen bis Ende Jahr zurückzahle. Dies konnte er nicht. Im Mai 2011 liess die Fidis sämtliche Fahrzeuge vom SAR-Verkaufsplatz abtransportieren und reichte Strafanzeige ein. Dabei sei er bis Mai 2011 «allen Verpflichtungen nachgekommen».

Von da an ging's bergab

Seit jenem File-Verlust sei es bergab gegangen, sagte der Beschuldigte. Die Banken wollten nichts mehr zu tun haben mit ihm, kündigten seine Konten. Dies sei bis heute so.

Heute wohnt und arbeitet der Beschuldigte nach eigenen Angaben im Tessin, in einer Nutzfahrzeugfirma. Aber das jahrelange Strafverfahren «hat mich zerstört». Von den Medien sei er vorverurteilt worden. Seine Freunde hätten sich von ihm abgewandt, sein Vermögen habe er verloren. Die Scheidung von seiner Frau sei im Gange.

Schadenersatzforderung 12.6 Millionen

Am Nachmittag hält der Staatsanwalt sein Plädoyer. Er wirft dem 47-Jährigen Misswirtschaft vor, die zur Überschuldung und später zur Zahlungsunfähigkeit seiner Firma geführt habe. Er habe die Buchhaltung gefälscht, veruntreut, gewerbsmässig betrogen und Urkunden gefälscht.

Der einzige anwesende Privatkläger-Vertreter verlangt Schadenersatz von 12.6 Millionen Franken. Er kommt am Dienstag zu Wort. Nach ihm hält der Verteidiger sein Plädoyer.

Diese drei ersten Parteienvorträge dauern gemäss Ankündigung insgesamt 12 bis 14 Stunden. Die Parteienvertreter haben aber auch noch Gelegenheit zu weiteren Ausführungen. Gemäss Gerichtspräsident ist das Urteil auf den 23. Januar vorgesehen, dieser Termin kann aber noch ändern. (aeg/sda)

Die letzte Ruhestätte ist nicht automatisch der Friedhof

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