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Die Meldung vom letzten Wochenende schockiert. Dutzende von Unbekannten locken die Polizei bei der Berner Reitschule zu brennenden Strassenbarrikaden, bewerfen die anrückenden Einsatzkräfte mit Steinen und beschiessen sie mit Feuerwerk. Die elf Verletzten Polizisten sorgen für einen Aufschrei bei den Kommentatoren in Medien und Politik. Die Reitschule müsse endlich mit Subventionskürzungen gestraft, die Übeltäter ein für alle Mal aus der Reitschule geholt und hart bestraft werden.
Seit Jahren liefern sich Linksautonome aus der Hausbesetzerszene und die gewaltbereite Sprayergruppierung 031 rund um die Reitschule mit der Polizei einen Kleinkrieg, in dem die Fronten mittlerweile ähnlich verhärtet sind wie im Nahost-Konflikt. Nebst den politischen Auseinandersetzungen zwischen bürgerlichen und linksgrünen Kräften, die kontinuierlich auf dem Buckel der Institution Reitschule ausgetragen werden, kennen sich die Polizisten und Reitschulgänger in vielen Fällen und seit vielen Jahren persönlich.
Dann laufen die einen schon mal wegen eines Kügeli-Dealers mit gezogenen Dienstwaffen ins Familienrestaurant oder stürmen unter höchst fragwürdigen Vorwänden besetzte Liegenschaften, um den linken Störenfrieden den Meister zu zeigen. Die anderen wiederum fassen schlichte Uniformpräsenz mittlerweile als die ultimative Provokation auf und reagieren zuverlässig mit Stein- oder Farbbeutelwurf.
In Zürich spielten sich an Silvester ähnliche Szenen ab wie am Wochenende in Bern. Als Einsatzkräfte zu einer brennenden Telefonkabine im Niederdorf gerufen wurden, bewarf ein bereitstehender Mob die erste Patrouille mit dermassen vielen Steinen und Flaschen, dass sich diese gleich unverrichteter Dinge wieder zurückziehen musste. Am medienwirksamsten eskalierte eine «Reclaim the Streets»-Demo rund um die neuerbaute Europa-Allee, als rabiate Vermummte nicht einmal davor zurückschreckten, Streifenwagen anzuzünden, in denen die Besatzung noch drin sass.
Im Gegenzug kesselt die Stadtpolizei gerne mal in völlig unverhältnismässigen Aktionen unter Tränengas- und Gummischroteinsatz unbescholtene Familienväter mit Anhang auf dem Weg zum FCZ-Match ein, bringt Dutzende linke Abtreibungsbefürworter in beispielhaft unverhältnismässiger Weise zum berüchtigten Striptease auf den Posten oder nebelt auch schon mal völlig unmotiviert an Demos wehrlose Frauen mit Pfefferspray ein.
So liefern sich Revolutionäre Jugend und Revolutionärer Aufbau zusammen mit Hausbesetzerszene und Fussball-Ultras (die Überschneidungen sind mannigfach) einen Kleinkrieg mit der Stadt- und bisweilen auch der Kantonspolizei, und auch hier kennen sich – wie in Bern – viele der Beteiligten seit Jahren persönlich und gehen sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Nerven.
In Basel hingegen, einer Stadt mit ebenso aktiver Besetzer- wie Ultraszene, sind gezielte Angriffe auf Polizisten oder Feuerwehrleute aus dem Hinterhalt fast nicht bekannt. Latent schwelende Konflikte zwischen den beiden Lagern werden weniger heftig ausgetragen.
Am Gentrifizierungsdruck kann es nicht liegen, dieser ist in Basel beinahe so gross wie in Zürich, Freiräume für alternative Lebensstile sind wie in allen grösseren Städten rar, besetzte Areale werden in der üblichen Regelmässigkeit geräumt, unbewilligte Demos mit den beliebten Zwangsmitteln Tränengas und Gummischrot aufgelöst.
An der politischen Verortung des Polizeidirektors Baschi Dürr (FDP) kann es auch nicht liegen, in Zürich zeichnet der linksalternative Richard Wolff (AL) als Polizeivorsteher für ein ähnlich schlechtes Klima verantwortlich («Wär bringt öis i'd Chischte? Die Alternativ Lischte!») wie CVP-Hardliner Reto Nause in Bern.
Worin sich Basel von den beiden anderen Städten jedoch fundamental unterscheidet, sind drei Bereiche, bezüglich derer Zürcher und Berner in Basel besser früher als später das eine oder andere abschauen sollten:
Die Kantonspolizei Basel-Stadt ist mit einem Frauenanteil von über einem Drittel, Ausländern (C-Ausweis) in Uniform und Einsatzkräften, die in der Regel noch in der Stadt wohnen, sehr viel heterogener aufgestellt und eher in der Bevölkerung verwurzelt als andere Polizeikorps. Nur noch jeder zehnte Zürcher Stadtpolizist wohnt in der Stadt selbst, in Bern gibt es organisatorisch nicht einmal mehr eine Stadtpolizei. Unnötige Rambo-Einsätze als Retourkutschen sind – wenn sie überhaupt vorkommen – in Basel die absolute Ausnahme. Denn die Polizistinnen und Polizisten machen ihre Arbeit dort, wo sie auch wohnen und pendeln nicht von ausserhalb in eine Stadt, deren Angelegenheiten sie nach Feierabend nichts mehr angehen.
Der Umgang mit der grossen Anzahl erlebnisorientierter Fussballfans beruht auf einem Ansatz, der neben der Repression auch der Prävention und Wiedereingliederung genügend Raum lässt. Das Gewaltpotential von Fussballfans lässt sich von linksradikalen Gruppen schlechter anzapfen, wenn sie nicht – wie in Zürich oder Bern – hauptsächlich als Störfaktoren angesehen werden und mit Spezialrepressionen im Rahmen von Hooligankonkordaten strukturell gedeckelt werden.
Und schliesslich wird die Konfrontation zwischen Krawallmachern und Polizistinnen und Polizisten von oben, von der politischen Elite, nicht befeuert. Kuriose Zwischenfälle, wie etwa Polizeieinsätze gegen Kunststudenten, die mit Papptellern marschieren, werden – bei allen schlechten Gefühlen, die solche Ereignisse bei den Betroffenen auslösen – letztlich als das taxiert, was sie sind: kuriose Zwischenfälle. Und Ausschreitungen von besoffenen jugendlichen Partygängern, werden als das taxiert, was sie sind: Ausschreitungen von besoffenen jugendlichen Partygängern. Als Aufhänger für politische Selbstvermarktung schlachten die Basler Politiker solche Ereignisse nicht aus.
Mit gutem Grund: Ein Erich Hess, Alexander Tschäppät oder Alfred Heer würden in Basel gar nicht ernst genommen.