Im zweiten Anlauf hat es geklappt: Der Ständerat hat am Dienstag eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes mit 27 zu 15 Stimmen angenommen. Sie verpflichtet Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden, alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchzuführen. Ziel ist es, die anhaltende Ungleichheit der Löhne von Mann und Frau zu beseitigen.
Die kleine Kammer zog damit einen vorläufigen Schlussstrich unter das penible Schauspiel, das sie fast genau drei Monate zuvor geboten hatte. Damals war der Ständerat auf die Vorlage eingetreten, um sie sogleich an die vorberatende Kommission zurückzuschicken. Den Antrag hatte der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber eingereicht, und das ohne Vorwarnung.
Damit stiess er bei Kommissionssprecherin Anne Seydoux-Christe (CVP, JU) auf wenig Gegenliebe: «Die Kommission hat seriöse Arbeit geleistet, Herr Graber», belehrte sie ihren Parteikollegen. Besonders empört war die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz. «Ein übles Spiel» sei hier aufgeführt worden, sagte sie zu watson und meinte explizit die Männer aus der CVP.
Diese hatten sich tatsächlich stark im Sinne der Rückweisung exponiert. Während Konrad Graber forderte, die Kommission solle Modelle der Selbstdeklaration prüfen, nahmen andere die öffentliche Hand als «Sündenbock» aufs Korn. Denn auch bei Bund, Kantonen und Gemeinden verdienen die Frauen nicht immer gleich viel für gleiche Arbeit wie die Männer.
Der Walliser Beat Rieder regte einen Pilotversuch an, um «zuerst einmal vor der eigenen Tür» zu wischen. Geradezu pathetisch äusserte sich der Solothurner Pirmin Bischof: «Ich möchte für meine zweijährige Tochter dieses Gesetz revidieren; ich möchte dort, wo man etwas machen kann, etwas machen – und das kann man bei der öffentlichen Hand sehr schnell.»
Justizministerin Simonetta Sommaruga rückte die Relationen zurecht: Die Lohngleichheitsanalyse gelte für die öffentliche Hand genauso wie für Private. Die nicht erklärbare Lohndifferenz liege im privaten Sektor bei 7,5 Prozent und im öffentlichen Sektor bei 6,9 Prozent. Die Kommission fand ebenfalls keinen Ansatz zu Verbesserungen, sie hielt mit acht zu vier Stimmen an ihrer Vorlage fest.
Die Winkelzüge ihrer Herren der Schöpfung stiessen in der CVP, die gegen einen anhaltenden Wählerschwund ankämpft, auf wenig Verständnis. «Transparenz hilft. Ich finde es peinlich, dass sich das Parlament so schwer tut damit», sagte Bundesrätin Doris Leuthard in der aktuellen NZZ am Sonntag über die Lohnanalysen.
Tja, leider machen auch "unsere" CVP-Männer gar keine gute Falle😡 https://t.co/gotpDRoyZ9
— CVPFrauen/FemmesPDC (@CVPFrauen) March 2, 2018
Die Botschaft kam an. In der Debatte vom Dienstag glänzten die CVP-Männer verbal weitgehend durch Abwesenheit. Pirmin Bischof meldete sich mit einem kurzen Statement und sagte, er könne «mit dieser Lösung leben». Konrad Graber als Urheber der Rückweisung kündigte im Vorfeld im «Blick» an, er werde mit Ja stimmen, «obwohl ich nicht glücklich bin mit dieser Variante».
Am Ende brachte es Bundesrätin Sommaruga auf den Punkt: In der Politik müsse man manchmal «mit dem halbvollen oder halbleeren Glas hantieren». Ein grosser Wurf ist die Gesetzesrevision tatsächlich nicht. Der Bundesrat wollte die Lohnkontrollen für Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden vorschreiben. Es ist zu befürchten, dass die Vorlage im Nationalrat angesichts der Mehrheitsverhältnisse weiter verwässert wird.
Die Gegner aus den Reihen von Bürgerlichen und Wirtschaft verweisen gerne darauf, dass man die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern sollte. Dies nütze den Frauen mehr als die «bürokratischen» Lohnanalysen. Man könnte auch das eine tun und das andere nicht lassen. Vielleicht ist das ein Ansatz für die CVP, um die Scharte aus der Ständeratsdebatte auszuwetzen.