Schweiz
Kommentar

Ja zum Nachrichtendienstgesetz – ein Kommentar

FILER - On 25 September 2016, the Swiss electorate will vote on the Intelligence Service Act. The Federal Intelligence Service (FIS) helps to make Switzerland a safer and more secure place. Its task i ...
Das Gebäude des Schweizerischen Nachrichtendienstes in Bern.Bild: KEYSTONE
Kommentar

Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass die Kontrolleure des NDB ihre Arbeit machen

Der Nachrichtendienst des Bundes wird mit weitgreifenden neuen Kompetenzen und technologischen Mitteln zum grossen Lauschangriff ausgestattet. Freiwillig werden sich die Schlapphüte bei deren Einsatz nicht einschränken. 
25.09.2016, 14:2326.09.2016, 18:33
Rafaela Roth
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass es schwimmen kann. 

In der Hoffnung auf mehr Sicherheit haben die Schweizerinnen und Schweizer dem neuen Nachrichtendienstgesetz zugestimmt.

In Zeiten der tiefsten Terrortoten-Quote seit den 70er Jahren halten wir die Kabelaufklärung nach Suchwörtern, die Verwanzung von Wohnungen, Autos, Computern und Smartphones durch den Nachrichtendienst für eine angemessene Reaktion auf eine angeblich wachsende terroristische Bedrohung. 

NDG Nachrichtendienst Geheimdienst NDB Überwachung Trojaner
bild: watson

Es ist als hätte es Edward Snowden nie gegeben. Es ist, als hätte nie ein Informatiker aus Maryland der ganzen Welt gezeigt, welchen Eingriff in die Privatsphäre jedes Einzelnen die flächendeckende Kabelaufklärung durch Geheimdienste darstellt. Es ist, als sei nicht bekannt, wie Geheimdienste im angeblichen Kampf gegen den Terror massenweise unbescholtene Bürger auf dem Radar haben. Es ist, als sei komplett vergessen, dass die Nachrichtendienste damit zwar jeden auch nur latentest Terrorverdächtigen in ihren Datenbanken haben, aber nicht die nötigen Ressourcen, um die wirklich gefährlichen Personen lückenlos zu überwachen. 

Die Attentäter fast aller Anschläge der vergangenen Jahre in Frankreich waren den Geheimdiensten als gefährlich bekannt. Nur überwacht hat sie zum entscheidenden Zeitpunkt wegen Personalknappheit niemand.

Trotz all dem erhält der Nachrichtendienst des Bundes neue Kompetenzen und technologische Mittel, zur präventiven Rasterfahndung. Zur Erinnerung: Es war ein Nachrichtendienst*, der in den 1990er Jahren aufflog, als er Fichen über mehr als 700'000 Schweizerinnen und Schweizer anlegte, es war der heutige Nachrichtendienst des Bundes, der sich 2010 für verbotenerweise gesammelte Daten von rund 200'000 Personen entschuldigen musste und es ist auch derselbe Nachrichtendienst, der kürzlich von der UBS darauf hingewiesen werden musste, dass wohl ein Angestellter mit Burnout mal eben Festplatten mit geheimen Daten im Terabyte-Bereich veräussern wird. 

Diesem Geheimdienst und den Mitarbeitern des Zentrum für elektronische Operationen der Armee haben wir heute unsere private E-Mail-Kommunikation, unseren Google-Account und unser Facebook-Passwort anvertraut.

Es bleibt nun zu hoffen, dass die verschiedenen politischen Gremien, das Bundesstrafgericht, der Bundesrat und die Unabhängige Kontrollinstanz für die Funkaufklärung dem NDB genau auf die Finger schauen und bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen, wenn sie es dem Geheimdienst abschlagen, jemanden zu überwachen.

Und das werden sie tun müssen, denn es liegt nicht in der Natur eines Nachrichtendienstes, sich beim Sammeln von Informationen freiwillig einzuschränken. 

* In der ursprünglichen Fassung dieses Artikels konnte der Eindruck der entstehen, dass der heutige Nachrichtendienst des Bundes (NDB) für die sogenannte Fichenaffäre verantwortlich war. Das ist falsch, es handelte sich dabei um den Polizeidienst der Bundesanwaltschaft. Wir entschuldigen uns für die Unachtsamkeit.

«Der gläserne Bürger droht Realität zu werden!» Moment – über welches Gesetz haben wir gerade abgestimmt?

1 / 12
«Der gläserne Bürger droht Realität zu werden!» Moment – über welches Gesetz haben wir gerade abgestimmt?
Der Nationalrat hat dem neuen Nachrichtendienstgesetz zugestimmt. Künftig soll der NDB auch Telefone abhören, Privaträume verwanzen und in Computer eindringen dürfen. Unter den Ja-Stimmen waren einige, die mal noch ganz anders über Privatsphäre und Überwachung sprachen …
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
59 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Filipposchubser
25.09.2016 15:33registriert Januar 2015
Liebe Frau Roth, 100% einverstanden! Was aber Watson selbst mit der Watson App mittels Ortungsdiensten und sog. Beacons sammelt und auswertet, sollte doch jeder User mal unter der Rubrik "Gesammelte Daten" hier nachlesen: http://www.watson.ch/w/agb.html Warum wollt ihr bei Watson das eigentlich alles von mir wissen?
895
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ingolmo
25.09.2016 14:38registriert August 2016
Mal schauen ob die Freude haben an meinen Dick Picks.
753
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kane_17
25.09.2016 15:23registriert Februar 2015
Word
Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass die Kontrolleure des NDB ihre Arbeit machen
Word
7929
Melden
Zum Kommentar
59
Axpo prüft Betrieb des Kernkraftwerks Beznau über 2030 hinaus

Der Stromkonzern Axpo prüft einen Betrieb der beiden ältesten Schweizer Atomreaktoren Beznau im Kanton Aargau über das Jahr 2030 hinaus. Laut Axpo geht es den Abklärungen um die technische Machbarkeit. Die Sicherheit stehe an oberster Stelle und sei nicht verhandelbar.

Zur Story