Die Wogen gingen hoch, seit die AZ am Dienstag unter dem Titel «Ein Beutel Reibkäse für 10'000 Franken» über den Fall eines Rentners aus dem Raum Aarau berichtet hatte. Karl H. (85, Name geändert) war im Gefolge eines bestrittenen Ladendiebstahls wegen Hausfriedensbruch nach einem Freispruch des Bezirksgerichts vom Obergericht schuldig gesprochen worden.
Rechtskräftig, weil der zermürbte, kranke Mann mit noch krankerer Frau auf einen Weiterzug ans Bundesgericht verzichtete und die Kosten von gegen 10'000 Franken in Kauf nahm.Die Empörung («unverhältnismässig») richtete sich im Gefolge der Berichterstattung gegen die Justiz, aber auch gegen Denner, in dessen Läden (Telli und Wynecenter) sich die bestrittenen Delikte ereignet hatten.
Am Donnerstag hat der Discounter auf den Fall reagiert. «Im Fall Aarau/Buchs sind Fehler passiert, die wir bedauern und für die wir die Verantwortung übernehmen», erklärt Denner-Sprecher Thomas Kaderli. «Es ist uns ein Anliegen, die Geschichte rasch und unbürokratisch zu einem guten Ende zu führen.» Man sei deshalb in Kontakt mit Karl H. und seiner Rechtsvertretung. «Denner erklärt sich bereit, sämtliche Kosten zu tragen», sagt Kaderli.
Die AZ hat Karl H. am Donnerstag besucht. Er bestätigte den Kontakt mit Denner, hat aber wegen seiner Schwerhörigkeit eigentlich nichts verstanden. Dennoch ist Karl H. erleichtert: «Wenn sich Denner an den Kosten, welche mir die ganze Geschichte beschert hat, beteiligt, freut mich das sehr. Sehen Sie diesen Stapel Couverts – lauter Rechnungen. Dauernd ist man am Bezahlen. Wenn Geld zurückkommt, kann ich das für unsere Gesundheit verwenden. Ich pfeife zwar nicht aus dem letzten Loch, aber – trotz Krankenversicherung – belasten die Rechnungen, insbesondere meiner schwer kranken Frau, unser Budget erheblich. Und wir haben nichts ausser der AHV, weil wir seinerzeit die Pensionskassenmittel in diese Blockwohnung gesteckt haben.»
Der ehemalige Beamte erklärt weiter: «Geld ist nicht der einzige Faktor. Was glauben Sie, was meine Frau und ich in den letzten zwei Jahren gelitten haben. Als Ladendieb hingestellt zu werden, geht an jemandem wie mir nicht spurlos vorbei. Seither bin ich, auch gesundheitlich, nicht mehr derselbe.»
Der Security-Mann hatte in der Tasche von Karl H. ein Päckchen Reibkäse entdeckt (Wert 1.95 Franken), das gemäss Kassenzettel nicht bezahlt war – bei Gesamteinkäufen von 120 Franken. Karl H. bestreitet, ein Ladendieb zu sein: «Ich hatte ausser dem Beutel Reibkäse nichts anderes in der Tasche, das ich an der Kasse nicht bezahlt hatte. Schauen Sie hier: In dieser Tasche gibt es eine herausnehmbare Bodenverstärkung. Der Käsebeutel schaute ein wenig neben der Verstärkung hervor. Eine Vorrichtung zum Klauen ist das nun wirklich nicht.»
Nachdem ihn der Security-Mann angehalten hatte, unterschrieb Karl H. ein Formular, das ein landesweites Hausverbot für alle Denner-Filialen beinhaltet. Er tat dies, weil er dringend zu seiner schwerkranken Frau musste. Später wurde er in Buchs vom gleichen Security-Mann erkannt, als er sich der Denner-Filiale näherte – und der Fall begann seinen Lauf zu nehmen.