Liebe Neukunden von öffentlichen Verkehrsmitteln, liebe Ignoranten
Gratulation, dass Sie sich dazu entschieden haben, die ÖV zu benutzen. Die kommende Generation wird es Ihnen danken, Ihre Nerven vielleicht weniger.
So ein Pendleralltag unter vielen fremden Menschen kann ganz schön stressig sein – muss er aber nicht. Dafür müssen gewisse Benimmregeln eingehalten werden. Und heute beschäftigen wir uns mit einem Problem, das sowohl Bus, Tram, aber auch die Eisenbahn betrifft. Und wir zeigen auf, wie man mit einem simplen Kniff die Situation entspannt. Der Einfachheit halber illustrieren wir das Problem anhand einer klassischen Bus-Situation.
Abbildung 1 zeigt ein idealisiertes Bus-Szenario. Wer einen solchen Bus antrifft, hat gerade die Apokalypse überlebt. Ein realistischeres Szenario während der Stosszeiten zeigt Abbildung 2.
Soweit so gut. Noch wird unser Problem nicht ersichtlich. Denn dass Busse und Trams chronisch überfüllt sind, gehört zum legitimen Versuch jeder Schweizer Stadt, auch ein bisschen New York zu sein. Spätestens ab der ersten Haltestelle kristallisiert sich aber das Problem unserer heutigen Lektion heraus.
Ohne böse Absicht platzieren sich die Neuankömmlinge im freien Raum. Hier liegt der Ursprung des Problems.
Der Gang (grün umrandete Fläche) wird nicht als freier Stehraum wahrgenommen. Nicht ganz zu Unrecht, denn dort nähern sich die Köpfe der Sitzenden den Lendenregionen der Stehenden. Eine Situation – man kann es drehen, wie man will –, die nicht nur für Zwangsneurotiker unangenehm ist. Trotzdem MUSS auch der Gang als freie Stehfläche akzeptiert werden, wie die Situation an der nächsten Haltestelle (Abbildung 5) zeigt.
Aufgrund der Unflexibilität von Passagier 1 und 2 kommt es bei der dritten Station zum Kollaps. Obwohl der Bus eigentlich noch genügend freie Stehfläche hergibt, bleiben einige Passagiere aussen vor.
Dank der aufmerksamen Dislozierung von Passagier 1 und 2 öffnen sich die Schleusen. Die vorher ausgesperrten Pendler finden im Bus Platz.
Die Passagiere 1 und 2 stehen nicht optimal. Vor allem dann nicht, wenn sie an der nächsten Haltestelle aussteigen wollen. Auch erschweren sie möglichen Aussteigern auf den Sitzplätzen den bequemen Abgang. Dazu gibt es Folgendes zu sagen:
ÖV-Fahren verlangt eine gewisse Flexibilität. Die bevorzugte Geisteshaltung ist, «fluid» zu sein. Fluid zu sein, ist gerade recht in Mode. Wieso nicht auch in den ÖV.
Stehen Sie nicht wie angewurzelt da, spüren Sie die Dynamik der Menschen. Den Vibe der Gesellschaft. Zeigen Sie sich flexibel. Dann klappt es auch mit dem Platz für die anderen. Vielleicht sind auch Sie einmal froh drum.