Die Debatte über die «Ehe für alle» ist für die Frühlingssession 2020 vorgesehen. Bild: KEYSTONE
Zum ersten Mal hat ein Schweizer Gericht entschieden, dass eine Ex-Partnerin der leiblichen Mutter nach der Trennung Unterhalt bezahlen muss. Das könnte die Debatte um die «Ehe für alle» nochmals auf den Kopf stellen.
Jüngst Monats fällte ein Richter am Regionalgericht Bern-Mittelland ein wegweisendes Urteil für Regenbogenfamilien: Gleichgeschlechtliche Eltern mit eingetragener Partnerschaft müssen nach einer Trennung Unterhalt für die gemeinsamen Kinder bezahlen.
Im konkreten Fall ging es um ein lesbisches Paar mit eingetragener Partnerschaft und Kinder, wobei die eine Frau die leibliche Mutter und die andere Frau die sogenannte Co-Mutter ist. Nach der Trennung des Paars entbrannte ein Streit über die Frage, ob die Co-Mutter Unterhaltszahlungen an die leibliche Mutter leisten muss. Denn: Die Co-Mutter hatte die Kinder ihrer Ex-Partnerin nie adoptiert.
Das Gericht setzte in seinem Urteil die eingetragene Partnerschaft einer gemischgeschlechtlichen Ehe gleich und kam zum Schluss, dass die Co-Mutter deshalb für ihre sozialen Kinder finanziell auf kommen muss. Der Richter berechnete den Bedarf der leiblichen Mutter mit den gemeinsamen Kindern, wie er dies bei einem heterosexuellen Ehepaar tun würde.
Eigentlich sieht eine eingetragene Partnerschaft keine automatische Elternschaft für gleichgeschlechtliche Paare vor. Darum schuf das Gericht Bern-Mittelland mit seinem Urteil faktisch eine neue Rechtslage. Der Anwalt der leibliche Mutter sagte gegenüber der «Sonntagszeitung», das führe zu einer Gleichstellung mit heterosexuellen Familien.
Christian Iten, Dachverband Regenbogenfamilien
Christian Iten vom Dachverband Regenbogenfamilien begrüsst den Gerichtsentscheid und erwartet eine Signalwirkung für die Politik. Denn die Diskussion um die «Ehe für alle» steckt seit 2013 im Parlament fest und kommt nur schleppend voran. Eine zentrale Forderung von LGBTI-Organisationen ist, dass lesbische verheiratete Paare Zugang zur Samenspende erhalten und bei der Geburt eines Kindes automatisch beide Frauen offiziell als Eltern anerkannt werden.
«Das ist wichtig, weil die heutige Situation für gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch psychisch und finanziell extrem belastend ist», so Iten. So müssen lesbische Paare für eine Samenspende ins Ausland reisen. Danach kann die Partnerin das Kind zwar adoptieren, doch diese Verfahren seien aufwändig und teuer. «Will eine Co-Mutter das leibliche Kind ihrer Partnerin adoptieren, muss sie sich unangenehme Fragen und ein langwieriges Prozedere gefallen lassen», sagt er. Die Zeitschrift «Beobachter» schrieb in einem Artikel von einer Wartefrist von einem Jahr, bis ein Co-Elternteil das leibliche Kind des Partners adoptieren darf. Hinzu kommt die lange Verfahrensdauer. So ist das Kind schlecht abgesichert, falls dem leiblichen Elternteil vor Abschluss des Adoptionsverfahrens etwas zustösst.
Iten sagt: «Mit dem Gerichtsurteil kommt das Parlament unter Zugzwang. Der Richter hat das Kindswohl ins Zentrum gesetzt und damit die Notwendigkeit für die Gesetzesanpassung aufgezeigt.»
Ende August sprach sich die vorberatende Kommission des Nationalrates dafür aus, dass die Ehe für homosexuelle Paare geöffnet wird und sie dieselben Rechte wie verschiedengeschlechtliche Verheiratete bekommen – allerdings mit Ausnahmen.
Mit einem knappen Entscheid von 13 zu 12 Stimmen sprach sich die Rechtskommission des Nationalrats dagegen aus, dass lesbischen Paaren automatisch die Elternschaft gewährt wird und sie somit in der Schweiz Zugang zur Samenspende bekommen sollen.
«Die Ehe für alle» dürfte nun in der nächsten Frühjahrssession im Nationalrat behandelt werden. Ob die Samenspende für lesbische Paare und die Elternschaft ab Geburt dann definitiv bachab geschickt wird, wird sich zeigen. Sollte es nach den Wahlen im Oktober einen Linksrutsch geben, könnte das Geschäft zuletzt doch noch durchkommen. Denn SP, Grüne, Grünliberale und FDP unterstützen den Zugang zur Samenspende für lesbische Ehepaare.
Röbi Rapp und Ernst Ostertag lebten 62 Jahre lang die vielleicht grösste Liebesgeschichte der Schweiz. Ein Nachruf.
Es gibt Menschen, denen verdanken viele andere unendlich viel. So viel, dass es gerade schwer fällt, diesen Nachruf zu schreiben. Trauer ist eine besonders gründliche Form der Überwältigung.
Röbi Rapp war einer dieser Verdienstvollen. Der zarte Coiffeur aus Zürich, der sich in Jahren, als dies gefährlich war, auf der Bühne zur Frau verwandelt und singt, dass alle betört sind. Der 1956, im Alter von 26 Jahren, einen schönen Lehrer namens Ernst kennenlernt. 2003 lassen sie sich als erstes …