Alles verläuft normal auf diesem Abendflug am 14. Juli von Amsterdam nach Basel. Die Passagiere sind angeschnallt, die Tischchen hochgeklappt. Landung in zwei Minuten. Der Easyjet-Airbus G-EZPA fliegt jetzt über das dicht besiedelte Dorf Binningen und dann über Grossbasel West.
Dann fährt den Piloten im Cockpit der Schreck in die Knochen: Genau vor ihnen, in der Anfluglinie, taucht eine weisse Drohne mit roten Lichtern auf. In rund zehn Meter «in vertikaler Entfernung», wie es im Untersuchungsbericht heisst, saust der orange Airbus an dem Flugobjekt vorbei. Bei einer Geschwindigkeit von rund 300 Stundenkilometern bleibt keine Zeit für ein Ausweichmanöver. Unverzüglich meldet der Kommandant die Fast-Kollision dem Flugverkehrsleiter.
Passiert ist effektiv nichts, Passagiere und Flugzeug sind heil am Boden angelangt. Doch bei der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) schrillen die Alarmglocken. Ein zweiter vergleichbarer Fall am Euro-Airport trug sich am 10. März auf der nördlichen französischen Seite zu. Und in Zürich sind dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) mindestens drei Fast-Kollisionen mit Drohnen bekannt.
Es sei «nur noch eine Frage der Zeit», bis es zu einer Kollision komme, warnt die Sust. Die heutigen Drohnen werden von den Kollisionswarngeräten der Linienflugzeuge nämlich nicht erfasst. Eine Kollision mit einer ganz leichten Drohne muss dabei nicht unbedingt fatal enden. Aber wenn sie im Landeanflug oder beim Start in das Triebwerk gelangt, kanns gefährlich werden, weil dieses je nachdem ausfällt oder sogar explodiert. Wie ein Wohnquartier aussieht, in dem ein Jet gestürzt ist, muss man niemandem beschreiben.
Im ersten, oben beschriebenen, Fall waren Flugzeug und Drohne je 400 Meter über Boden unterwegs. Deutlich mehr als die erlaubten 150 Meter im weiteren Perimeter des Flughafens. Ob der Drohnenpilot dies wusste, ist offen. Gemäss der Basler Staatsanwaltschaft (Stawa) gibt es drei mögliche Straftatbestände in einem solchen Fall: Störung des öffentlichen Verkehrs, Gefährdung von Leib und Leben sowie Widerhandlung gegen das Luftfahrtgesetz. «Nachdem der Pilot den Flughafen über den Vorfall in Kenntnis gesetzt hat, wurde zuerst die Gendarmerie und durch diese die Polizei verständigt», sagt Stawa-Sprecher Peter Gill. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei verliefen schliesslich im Sand. Der Fall liegt inzwischen bei den Bundesbehörden.
Während einige wenige Politikerinnen und Politiker aktiv wurden, sieht man sich beim Bundesamt für Zivilluftfahrt nicht zu direktem Handeln gedrängt. Aber die Gesetzgebung müsse mit der raschen technologischen Entwicklung mitziehen. In der Schweiz gelten zwar bereits klare Regelungen und Gesetze zum Umgang mit Drohnen (siehe Box). Da dies in anderen europäischen Ländern teilweise noch nicht der Fall sei, erarbeite die Europäische Agentur für Flugsicherheit derzeit harmonisierte Regulierungen, basierend auf dem schweizerischen System. «Solange diese Erarbeitung läuft, sieht das Bazl nicht vor, grössere Anpassungen an den schweizerischen Gesetzesgrundlagen zu machen.»
Zwar arbeitet das Bazl momentan an einer Registrierungspflicht für Drohnen. Dafür ist jedoch erst ein Grundsatzentscheid gefallen. Damit überhaupt eine solche Registrierungspflicht eingeführt werden kann, müssten zuerst technische Voraussetzungen geklärt werden, müsste das Parlament das Vorhaben absegnen, die Gesetzesbestimmungen müssten angepasst und Datenschutzfragen geklärt werden. Vorgesehen ist ein Chip-System.
Seit kurzer Zeit ist auf der Website des Bazl eine interaktive Karte aufgeschaltet, welche die Drohnensperrzonen zeigt. Ebenso gibt es eine App, die anzeigt, ob man sich aktuell in einem Sperrgebiet befindet.