Auch so ein Duo, mit dem man lieber nicht in einem Lift steckenbleiben will: Roger Schawinski und Hans-Ulrich Bigler. Der Talkmaster hat den Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), bekannt für seine aggressiven Kampagnen, in seine Sendung «Schawinski» eingeladen. Um die No-Billag-Initiative soll es gehen, die Schawinski vehement bekämpft und für deren Annahme Bigler weibelt, und vor allem soll's um Biglers «Plan B» gehen, jener Plan, der beweisen soll, dass die SRG auch bei Annahme der No-Billag-Initiative überleben würde.
Es wird schnell klar: Für Schawinski, der die Initiative als «Mutter aller Abstimmungen» bezeichnete, Schawinski, der in aller Eile ein knapp 180-seitiges Buch über die Initiative geschrieben hat, für ihn geht es auch heute Abend um alles: Die Sendung dauert dieses Mal länger, «weil es so ein wichtiges Thema ist» und statt mit der sonst typischen Frage «Wer bist du?» einzusteigen, siezt der Moderator seinen Gast und wirft sich ohne Umschweife sofort in den Kampf. Es wird ein fast aussichtsloser.
Wie ein unermüdlicher Fechter tänzelt Schawinski vor Bigler herum, Hieb da, Stich dort, mal frontal, mal seitlich, mal nett, mal nicht so nett. Und Bigler? Bewegt sich einfach nicht. Stoisch verteidigt er seine Argumente, als wären sie aus dem härtesten Holz gezimmert, das es gibt und zeigt sich immun gegen Schawinskis Expertise. Dem Moderatoren will es einfach nicht gelingen, Bigler ein Zugeständnis zu entlocken. Das führt dann dazu, dass die meisten Diskussionen (frei zitiert) etwa so enden: Schawinski: «Ihr Argument geht nicht auf!», Bigler: «Doch.», Schawinski: «Nein.», Bigler: «Doch»., Schawinski: «Ach lassen wir das.»
Ein bisschen genauer, aber so kurz und schmerzlos wie möglich: Schawinskis erster Angriffsversuch, den SGV-Slogan «Ja zu No Billag, Ja zur SRG» als irreführend zu entlarven, endet damit, dass Bigler sagt: Die Initiative ermögliche eine Diskussion über «den echten Service Public» und der SRG, sich nach einem Ja endlich «der Kritik entziehen, ein Staatssender zu sein.»
Wenn das schon so beginnt, lass ich das besser bleiben, scheint Schawinski zu denken, blitzartig startet er die nächste Offensive: Machtfrage klären. Wie denn einer wie Bigler überhaupt darauf komme, einen Plan für die SRG zu erstellen, das sei ja wie wenn einer, der nichts von Flugzeugen verstehe, plötzlich ein Flugzeug bauen wolle. Bigler: «Ich mache keinen Businessplan, ich mache einen Plan B.», ausserdem habe er «überrascht festgestellt», dass dann Marchand (der SRG-Generaldirektor, Anm. d. Red.) auch über einen Plan B nachgedacht habe.
Schawinski winkt ab, im dritten Angriffsversuch hält er dem SGV-Direktor den Plagiatsvorwurf vor die Nase, der «Plan B» sei abgekupfert von der «Weltwoche». Die Chose ist schnell abgehandelt. Frei zusammengefasst: Bigler: «Nein, nein», Schawinski: «Doch», Bigler: «Nein», Schawinski: «Doch, ihr habt das ja so geschrieben», Bigler: «Nein», vonseiten Schawinskis ein kleiner Seitenhieb gegen Kurt W. Zimmermann und schon ist man wieder bei einem anderen Thema.
Schawinskis vierter Versuch, sein Steckenpferd: die Radiogebühren. Wie sich Bigler denn vorstelle, Abogebühren von Radionutzern einzuholen, das sei schon technisch nicht möglich, «weil Radio kommt aus der Luft» und schliesslich habe der SGV in seinem Positionspapier Radio- und TV-Nutzer in zwei (getrennte) potenzielle Abonnenten-Gruppen geteilt. Bigler verneint, Schawinski zückt das SGV-Positionspapier («Doch, hier steht es ja!»), Bigler beharrt, zückt ebenfalls das Positionspapier: «Nein» (es war das gleiche Papier, Anm. d. Red., und zu den Fakten, siehe hier). Es ist trostlos.
Schawinski fackelt nicht lange, nächster Versuch: belehren. «Kommen wir zum TV», setzt der Moderator an, ob Bigler wisse, was ein «Audience Flow» sei. Biglers schwurblige Antwort quittiert Schawinski mit einem verärgerten «Das ist etwas ganz anderes!» und beginnt, zu erklären. Es ist entlarvend, aber trotzdem aussichtslos. Genau so aussichtslos, wie Bigler zu sagen, dass das Argument, die SRG könne, auch wenn die Zuschauer- und Zuhörer-Reichweite um 50 Prozent zurückgehe, 50 Prozent mehr Werbeeinnahmen erwirtschaften, Schwachsinn sei, oder, in Schawinskis Worten: «das ist Hokus Pokus Fidibus!».
Bigler wolle ja gar keine eigenfinanzierte SRG, versucht es Schawinski, und blendet den Wortlaut der Initiative ein: das, was der Gewerbeverband wolle, sei nicht mit diesem Text vereinbar. Bigler wiederholt stoisch die SGV-Parole, es gehe um die Frage, welchen Service Public man wolle, «wir sind der Meinung, dass man sehr wohl einzelne Sendegefässe unterstützen kann.» Dazu verweist er auf zwei Gesetzesartikel (Sprachförderung und Filmförderung). Schawinski bleibt nur ein genervtes «HERR BIGLER!». Das mit den Gesetzesartikeln sei zwar richtig, Radio und TV seien davon aber ausgeschlossen.
Schawinski sieht, mit Fakten kommt er in diesem Gespräch nirgendwohin, Stiche ins Herz müssen her. Doch auch dass regionale Gewerbeverbände, Gastrosuisse und der Bauernverband die Nein-Parole beschlossen haben, dass man doch eigentlich, ganz in der SVP-Terminologie (Schawinski: «die Sie ja gut kennen») die heimische SRG gegen die ausländischen Sender beschützen müsse, dass das Paket, das Bigler geschnürt habe, eine Mogelpackung sei, überhaupt, warum man ihm eigentlich noch glauben solle, er habe schon einmal mit einer SRG-Gebührenrechnung gelogen, all das lässt Beton-Bigler genauso kalt, wie Schawinskis gemässigtes Appellieren an Herz und Verstand: «Sind Sie jetzt sicher, wenn Sie auf ihr Herz hören, dass sie im richtigen Lager sind? Wollen Sie wirklich das Kind mit dem Bade ausschütten»?
Die Sendezeit neigt sich dem Ende zu, als es Schawinski dann doch noch schafft, Bigler einen ungeschickten Satz zu entlocken: «Ob die Initiative – in ihrer Radikalität – nicht unverantwortlich sei?», fragt der Moderator. Bigler: «Wir müssen nicht die Verantwortung der Initianten beurteilen. Wir haben beschlossen, wir unterstützen sie». Schawinski versucht noch nachzuhaken, doch das war's dann auch schon: Es sei wohl das erste Mal, dass Initianten vor der Abstimmung sagen würden, sie hofften auf eine Nichtumsetzung, sagt Schawinski. Bigler: «Das haben sie von mir so nicht gehört.»