Erstaunlich früh hat der Kampf um das revidierte Radio- und TV-Gesetz (RTVG) begonnen, über das am 14. Juni abgestimmt wird. Im Kern geht es um einen Systemwechsel bei den Gebühren: Neu soll jeder Haushalt und jedes grössere Unternehmen zahlen müssen – und nicht mehr nur jene, die ein Empfangsgerät besitzen.
Die Revision wurde taktisch geschickt aufgegleist, nach dem Motto: «Lass die Mehrheit profitieren, dann gewinnst du.»
Die einzelnen Haushalte sollen ein bisschen weniger zahlen, die privaten Radio- und TV-Stationen ein bisschen mehr erhalten – und weg ist der Widerstand. Finanztechnisch hat die Revision ihre Vor- und Nachteile.
Strategisch jedoch würde sie die Vormachtstellung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) langfristig zementieren – und eine Diskussion über den Service Public auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.
Dabei bräuchte es diese Diskussion dringend: Was soll die SRG quasi staatlich verordnet machen? Was bedeutet Service Public – und wie viel darf er kosten? Was können die privaten Medienhäuser ebenso gut? Die heutigen Definitionen sind viel zu schwammig – mit dem Resultat, dass die SRG alles macht, was nicht explizit verboten ist.
Zweifellos: Sie SRG ist eine wichtige Institution für die Schweiz. Sie produziert Sendungen in allen Landessprachen, die «zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung beitragen», wie es die Verfassung definiert.
Denn auf dem freien Markt wären nicht alle diese Angebote finanzierbar – «Tagesschau», «Rundschau» und andere wichtige, gut gemachte Sendungen könnten zu wenig Werbeeinnahmen generieren, von deren französisch- und italienischsprachigen Pendants ganz zu schweigen. Deshalb greift der Staat ein und verordnet Gebühren.
So weit, so gut. Betrachtet man jedoch das heutige Angebot der SRG, zeigt sich: Die SRG mit ihren 17 (!) Radio- und 7 TV-Sendern ist aus dem Ruder gelaufen.
Sie bietet heute vieles an, was die privaten Medienunternehmen auch tun – und konkurrenziert sie mit ungleich längeren Spiessen: Die Privaten müssen ihre Einnahmen erwirtschaften, die SRG wird mit Gebührengeldern versorgt. Die «Nordwestschweiz» hat diese Woche anhand der Geschäftsberichte gezeigt, dass die SRG zwischen 2000 und 2013:
Diese Zeitung gehört zu den AZ Medien, einem privaten Unternehmen also, und ist damit in Medienfragen Partei. Trotzdem sei die Feststellung erlaubt: Die SRG macht heute zu viel, sie entzieht den Privaten damit den wirtschaftlichen Boden und schadet langfristig der Medienvielfalt.
Tageszeitungen, Online-Portale, private Radio- und TV-Stationen, rechtsaussen die «Weltwoche» und linksaussen die «Wochenzeitung» – sie alle tragen zu einer lebendigen Meinungsbildung bei und zu einer breiten Verteilung der Medienmacht. Aus diesem Grund steht zum Thema «Radio und Fernsehen» ebenfalls in der Verfassung: «Auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, ist Rücksicht zu nehmen.»
Die Praxis jedoch sieht anders aus:
Auf Online-Portalen wird die SRG von Usern auffallend heftig (und oft unfair) angegriffen. Jedoch finden sich kaum Politiker, die die SRG kritisieren – zu gross ist die Angst, nicht mehr in Sendungen eingeladen zu werden.
Eine der wenigen Ausnahmen ist die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Sie sagt: «Der Service Public muss endlich eingegrenzt werden – nur so können wir die faktische Monopolstellung der SRG ändern.»
Aber auch die meisten Journalisten gehen liebedienerisch mit der SRG um; ihre Kommentare lesen sich nicht selten wie ein Bewerbungsschreiben ...
Die Schweiz täte gut daran, die SRG zu ihren Wurzeln zurückzuführen: zu einem Radio- und TV-Unternehmen, das Sendungen macht, die für das Land wichtig sind und die es sonst nicht geben würde. Diese Aufgabe ist anspruchsvoll genug.