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«Festivalbesucher haben genug vom Ticket-Beschaffungsstress»

Visitors play in a puddle during the music festival Openair St. Gallen, on Saturday, July 1, 2017. The festival will take place until Sunday, July 2, 2017. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Wie viel Platz bleibt dieses Jahr beim Open Air St.Gallen für Schlammschlachten? Bild: KEYSTONE

«Festivalbesucher haben genug vom Ticket-Beschaffungsstress»

Ob Gurten, OASG oder Paléo: Die grossen Schweizer Festivals waren in den letzten Jahren teils Monate im Voraus ausverkauft. Doch heuer harzt der Billettverkauf mancherorts. Die Gründe. 
01.06.2018, 12:2902.06.2018, 06:42
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Mit der legendären Bad-Bonn-Kilbi in Düdingen FR startet dieses Wochenende die Festival-Saison in der Schweiz so richtig. Das Kult-Openair war erneut innert weniger Stunden ausverkauft. 

Bei einigen grossen Schweizer Openairs harzt der Vorverkauf hingegen heuer. So sind beim Openair St.Gallen OASG  erst 21'000 von 30'000 Tickets abgesetzt, nur die  Zweitagespässe sind laut SRF vergriffen.  Das sind bad News für die erfolgsverwöhnten Ostschweizer. Zum Vergleich: 2016 war das Festival schon im Februar (!) komplett  ausverkauft.  In den letzten sechs Jahren füllten die Musikfans das Sittertobel bis auf den letzten Platz. 

Ähnlich sieht es beim Gurtenfestival aus. Dort sind ausser für Freitag noch in allen Kategorien Billetts erhältlich. 2017 waren die 4-Tagespässe bereits Mitte April alle weg. Auch beim Moon & Stars in Locarno sind noch für alle neun Konzerttage Tickets erhältlich. 

Noch hat es beim Gurtenfestival viele Tickets im Angebot. 
Noch hat es beim Gurtenfestival viele Tickets im Angebot. 

Die Veranstalter spekulieren über die Gründe: 

Zu viel Ticketstress?

Die Schweiz hat die höchste Festivaldichte der Welt. Sind die Eidgenossen nach dem schier grenzenlosen Boom plötzlich Openair-Muffel geworden, nachdem die Festivals immer früher ausverkauft waren? «Die Besucher kamen in den letzten Jahren immer mehr in den Ticketbeschaffungsstress.  Da machen sie womöglich einfach nicht mehr mit», sagt Sabine Bianchi vom OASG zu watson.

Diese Tendenz spürten heuer zahlreiche Festivals in ganz Europa. «Der Markt ist eher ruhig».  Früher sei es normal gewesen, die Billette erste kurz vor dem Festival zu kaufen und nicht schon Monate im Voraus.

epa05426887 Aerial view of the Gurten music open air festival venue and stage in Bern, Switzerland, 15 July 2016. The Gurtenfestival runs from 14 to 17 July. EPA/MANUEL LOPEZ EDITORIAL USE ONLY
20'000 Leute fasst das Gurtenfestival pro Tag. Bild: EPA/KEYSTONE

Beim Gurtenfestival sind trotz Headliner Gorillaz besonders am Mittwoch noch viele Tickets verfügbar. «Die Leute müssen wohl erst den Sommer auf der Haut spüren, bevor sie die Tickets kaufen», sagt Gurten-Sprecher Simon Haldemann. Der Vorverkauf laufe zwar gut, sei aber nicht vergleichbar mit dem Vorjahr. So sind aktuell noch rund 600 Viertagespässe erhältlich. 

«Die Leute müssen heuer wohl erst den Sommer auf der Haut spüren, bevor sie die Tickets kaufen.»
Gurtenfestival-Sprecher

Zu hohe Preise?

Gut möglich, dass die hohen Preise langsam aber sicher Festivalbesucher vergraulen. Das Gurtenfestival hat die Ticketpreise im Schnitt um 12 Prozent angehoben. So kostet ein Viertagespass mittlerweile stolze 311 Franken. Das sind 79 Franken mehr als beim OASG  «Die Gagen der Bands haben sich in den letzten fünf Jahren praktisch verdoppelt», begründet Haldemann die Preiserhöhungen. Er ist überzeugt, dass nächstes Jahr die anderen Openairs bei den Billetpreisen nachziehen werden. 

Zu viele Festivals?

Etwas ruhiger angehen kann es Christoph Bill, Chef des Heitere Open Air in Zofingen. Das Festival mit täglich 12'000 Besuchern ist längst ausverkauft. Der grosse Schweizer Festival-Boom ist aus seiner Sicht vorbei. «Die Branche hat ihren Zenit erreicht. Es gibt ein Überangebot und gewisse Sättigung ist spürbar». Man müsse aber die Entwicklung bei jedem Festival einzeln anschauen. 

Denn etwa in Frauenfeld mit Headliner Eminem oder dem legendären Paléo-Festival sind längst alle Tickets weg. Es gebe immer wieder teils nur schwer erklärliche Wellenbewegungen beim Ticketverkauf, sagt Bianchi vom OASG weiter. Für den langsamen Vorverkaufsstart hat sie noch eine andere Theorie. «Viele Leute glauben wohl, dass auch in diesem Jahr keine Tickets mehr erhältlich sind».

Nico grillt Hitproduzent Dodo

Video: watson/lya saxer, nico franzoni

Alle Plakate des Gurtenfestivals seit 1991

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Alle Plakate und Line-Ups des Gurtenfestivals seit 1977
1977 – Die Bands:
Ralph McTell (GB), Roy Bailey (GB), Bothy Band (IRL), Bill Keith (USA), Tony Rice (USA), Häns'che Weiss Quintett (BRD), Ougenweise (BRD), Kolinda (H), Pierre Benusan (F), Guy Magey (F), Ernst Born, Bluegrass Blossoms, Claude et Cesco, Fritz Widmer, Hansruedi Egli, Jürg Jegge, Hoity-Toity, Christoph Ferrier, Husmusig Jeremias vo Bärn, Pfuri, Gorps & Kniri, Schwyzerörgeli-Quartett Schmid-Buebe, Rees Gwerder, Ludi Hürlimann, Domini Marty, Carlo & Silvio, Schwyzerörgeli-Fründe Bärn, Schmusek Groggy, Thomas, Werni und Albin, Urs Hostettler, Martin Diem & Luc Mentha, Walter Lietha, Zupfgyge, Sarclon
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quelle: gurtenfestival.ch
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84 Kommentare
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Kunibert der Fiese
01.06.2018 12:45registriert März 2016
"Die leute müssen wohl erst den sommer auf der haut spühren"

Nein, lieber güsche, euer line up dieses jahr ist einfach dermassen beschissen, dass die leute einfach nicht mehr hin wollen. Zumal das ganze jetzt über 300 franken kostet für 4 tage...
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Pfalafel
01.06.2018 12:54registriert Dezember 2014
Die Ticketpreise sind dieses Jahr exorbitant... Ich bezahle doch nicht über 300.-, wenn ich im näheren Ausland fast für die Hälfte kriege. Zudem Kostet das Essen dort einen Bruchteil.
Auch zahlt man ja immer mehr noch Extras wie Parkplatz, Shuttlebus etc.
Langsam wird meiner Meinung nach übertrieben mit der Geldmacherei.
Für das Geld, das so ein Wochenende kostet mache ich lieber eine Woche Urlaub und besuche ein kleines lokales Openair.
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Scaros_2
01.06.2018 13:06registriert Juni 2015
Es ist mir für 2 Personen schlicht zu teuer. Mit Essen etc. Kommst du bald auf bis zu 700 Fr. Je nach festival. Das ist viel Geld fürn ein paar bands und camping.

Da gege och mit der liebsten lieber auf einen städtetripp oder mache diverse anderes. Da ist das Geld (gefühlt) besser angelegt.
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