Schweiz
Nationalrat

So bringt der Bund seine Botschaften unters Volk

Die Plakate der neuen "LOVE-LIFE"-Kampagne des Bundes, am Freitag, 11. November 2016, in Bern. "Partner wechselt. Safer Sex bleibt": Mit diesem Slogan will das Bundesamt für Gesund ...
Die Love-Life-Kampagne wurde im November 2016 lanciert.Bild: KEYSTONE

Millionen für Kampagnen und Werbung – wie der Bund seine Botschaften unters Volk bringt

Eine neue Liste zeigt detailliert, welche Mandate an private Agenturen gehen. 
30.11.2018, 05:1530.11.2018, 07:15
Sven Altermatt / ch media
Mehr «Schweiz»

Events, um die Energiewende anzukurbeln. Broschüren, um für die Schweizer Luftwaffe zu werben. Aktionspläne, um Herrn und Frau Schweizer das heimische Holz schmackhaft zu machen. Wenn der Bund seine Botschaften unters Volk bringen will, setzt er gerne auf externe Profis.

Solche Agenturen sind kostspielig. Wie kostspielig, zeigt eine neue Liste: Kampagnen im Umfang von rund 20 Millionen Franken lassen die Behörden der Eidgenossenschaft allein dieses Jahr von Privaten umsetzen – eingerechnet sind allerdings nur die 25 teuersten Mandate.

Informationsmaterial zur Love Life Kampagne liegt auf, waehrend einer Medienkonferenz zum Bericht des Bundesamtes fuer Gesundheit zu HIV und anderen sexuell uebertragbaren Infektionen, am Montag, 23.  ...
Gehören zum Portfolio des Bundes: Kampagnen, die für sexuell übertragbare Krankheiten sensibilisieren.Bild: KEYSTONE

Das enthüllt eine Übersicht, die der Bundesrat nach einem Vorstoss des Aargauer SVP-Nationalrats Hansjörg Knecht erstmals veröffentlicht hat. Zu den Gesamtausgaben für extern vergebene Kampagnen im Jahr 2018 macht die Regierung keine Angaben, und auch interne Kosten sind nicht eingerechnet. Die neue Liste bringt aber Licht in den Agentur-Dschungel der Verwaltung.

Um sein Image zu pflegen und die Bevölkerung über seine Arbeit zu informieren, lässt der Bund gerne die Kasse klingeln. Für Öffentlichkeitsarbeit haben die Behörden im Jahr 2017 insgesamt 78.6 Millionen Franken ausgegeben, wie der Staatsrechnung zu entnehmen ist. Die Personalkosten machen dabei rund zwei Drittel der Gesamtkosten aus.

307 Vollzeitstellen sind mit der Öffentlichkeitsarbeit betraut. Nicht publik gemacht wird, auf wie viele Personen sich diese verteilen. Die staatlichen Öffentlichkeitsarbeiter lancieren einerseits Kampagnen, andererseits schreiben sie etwa Medienmitteilungen, beantworten Anfragen oder bewirtschaften Websites.

30 Jahre Aids-Prävention

1 / 38
30 Jahre Aids-Prävention
1987 – Im Februar startet das Bundesamt für Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz die erste STOP AIDS-Kampagne. Erkennungslogo: ein rosarotes Präservativ.
quelle: bag
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Energieamt ist Umsatztreiber

Am meisten Geld für PR und Information gibt das Innendepartement von Bundesrat Alain Berset aus, 15.3 Millionen Franken waren es 2017. Mit Ausgaben von jeweils rund 10 Millionen Franken folgen das Verteidigungsdepartement, das Finanzdepartement sowie das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.

Dass das Innendepartement an der Spitze steht, überrascht nicht. In seinen Wirkungsbereich fallen die Kampagnen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), das 5 der 25 teuersten Kommunikationsaufträge unterhält. Das Auftragsvolumen dafür beträgt total 6.5 Millionen Franken.

Im laufenden Jahr überweist das BAG unter anderem 2 Millionen Franken für die bekannte «Love Life»-Kampagne gegen sexuell übertragbare Krankheiten an die Agentur Rod, wie der Liste des Bundesrats zu entnehmen ist. Für die Organspende-Kampagne fliessen 1.4 Millionen Franken an die Agentur YJOO. Den gleichen Betrag bekommt die Havas AG, um eine Kampagne gegen Antibiotika-Resistenzen umzusetzen.

Love Life! Wie die Anti-Aids-Kampagnen mit den Jahren immer heisser wurden

1 / 25
Love Life! Wie die Anti-Aids-Kampagnen mit den Jahren immer heisser wurden
quelle: bag / bag
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Ein noch grösserer Umsatztreiber für private Agenturen ist das Bundesamt für Energie (BFE). Es zeichnet sich für sieben grosse Kampagnen im Umfang von total 6.9 Millionen Franken verantwortlich. Eine Aktion des BFE veranlasste SVP-Nationalrat Knecht überhaupt erst dazu, sich mit einem Vorstoss an den Bundesrat zu wenden: die Energy Challenge.

Frühere Recherchen dieser Zeitung offenbarten Ungereimtheiten rund um die Energiesparkampagne. Es geht um fragwürdige Subventionen und rechtliche Tricks, mit denen die Verantwortlichen eine öffentliche Ausschreibung umgehen konnten (siehe Box am Ende des Artikels).

Damit die Menschen landauf und landab lernen, wie sie Energie sparen können, lässt sich das BFE einiges einfallen. 925'926 Franken gehen für die Aktion «CO2-Tieferlegen» an Quade & Zurfluh, damit die Agentur energieeffiziente Fahrzeuge promotet. 600'000 Franken bekommt Burson-Marsteller für die Gemeinde-Kampagne von «Energie Schweiz» und 550'000 Franken werden an Wirz Brand Relation überwiesen, um das Gebäudeprogramm 2018 zu bewerben.

Auch eine Kampagne mit dem Ziel, leerstehende Ferienwohnungen weniger zu beheizen, gehört zum Portfolio des BFE – die Agentur Franz & René kassiert dafür 400'000 Franken. 

Staats-PR unter Beschuss

Parlamentarier kritisieren die Ausgaben für PR und Information regelmässig. «Kommunikation in der Bundesverwaltung – ein Fass ohne Boden?», lautete vor zwei Jahren der sinnbildliche Titel eines Vorstosses von FDP-Präsidentin Petra Gössi.

Manche bezeichnen die Kampagnen des Bundes als überflüssige Staatspropaganda, andere erachten sie als unabdingbar, um die Bevölkerung für dies oder jenes zu sensibilisieren. Die SVP verlangt in fast jeder Budgetdebatte eine Kürzung der entsprechenden Ausgaben. Ihr Nationalrat Hansjörg Knecht sagt: «Ich werde die neue Liste nun ganz genau anschauen und prüfen, ob die Mittel sinnvoll eingesetzt werden.»

So oder so bleibt die Öffentlichkeitsarbeit auf der politischen Agenda. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats hat dazu eine vertiefte Untersuchung angeordnet. Man prüfe, ob die Kommunikation der Bundesverwaltung «zweckmässig und wirtschaftlich organisiert ist», heisst es bei der zuständigen Verwaltungskontrolle des Parlaments dazu. Die Resultate sollen nächstes Jahr vorgelegt werden. (aargauerzeitung.ch)

Energy Challenge: Fragwürdige Subventionen auf dem Prüfstand
Das Bundesamt für Energie (BFE) wendet viel Geld auf, um für die Energiewende zu werben. Zu der staatlichen Aufklärung gehört auch die Aktion Energy Challenge, die mit aufwendig inszenierten Ständen durchs Land tourt. Frühere Recherchen dieser Zeitung offenbarten einen fragwürdigen Umgang mit Steuergeldern: 2016 orchestrierte die Zürcher Kreativ-Agentur Aroma Productions AG im Auftrag des BFE die Energy Challenge.

Die Energiesparkampagne war ursprünglich auf ein Jahr befristet, ohne Option auf Verlängerung. Das Mandat wurde vorschriftsgemäss in einer öffentlichen Ausschreibung vergeben, das Auftragsvolumen belief sich auf 2.2 Millionen Franken.

Doch die Energy Challenge läuft noch immer. Einem Wettbewerb für den Auftrag musste sich die Agentur nicht mehr stellen. Der Trick: Das BFE überwies ihr die Millionenbeträge – viermal mehr als in der Ausschreibung seinerzeit vorgesehen – 2017 und 2018 in der Form von Subventionen.

Das BFE stützt sich auf den Standpunkt: Die Agentur habe selbst um die Subventionen gebeten. Demnach ist die Energy Challenge nun formell ein Projekt der Firma. Das BFE sagt, die «beschaffungsrechtlichen Vorgaben» seien stets eingehalten worden.

Die SVP-Nationalräte Hansjörg Knecht (AG) und Christian Imark (SO) haben sich wegen der Energiesparkampagne mit Vorstössen an den Bundesrat gewandt. Dessen Antwort ist nun zu entnehmen, dass die Unterstützung für die Energy Challenge «schrittweise zurückgefahren» werde. Für 2020 sei «keine weitere Unterstützung des aktuellen Energy-Challenge-Konzeptes» mehr vorgesehen. (sva)

Immer mehr Geschlechtskrankheiten sind auf dem Vormarsch

Video: srf/SDA SRF
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
20 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kommentiert
30.11.2018 06:10registriert Oktober 2015
Also ich finde diese Kampagnen sehr gut und wichtig. Meiner Meinung nach simd das alles auch wichtige Themen die hier aufgegriffen werden.
15526
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sauäschnörrli
30.11.2018 09:02registriert November 2015
Die Bevölkerung informieren ist doch eine der wichtigsten Aufgaben eines demokratischen Staates.
6711
Melden
Zum Kommentar
20
Senior fährt in Zufikon AG in Gleisbett von Regionalbahn

Ein 82-jähriger Autolenker ist am Sonntagnachmittag in Zufikon AG von der Strasse abgekommen und im Gleisbett der Bremgarten-Dietikon-Bahn stecken geblieben. Das Fahrzeug musste mit einem Kran geborgen werden, wie die Kantonspolizei Aargau am Montag mitteilte. Verletzt wurde niemand.

Zur Story