Ex-Radprofi Jan Ullrich ist nicht gerast, bevor er vor drei Jahren bei Mattwil TG betrunken einen schweren Verkehrsunfall verursacht hat. Dem 43-Jährigen droht eine bedingte Freiheitsstrafe von 17 Monaten.
Der Ex-Radprofi Jan Ullrich steht nochmals vor Gericht, weil er vor drei Jahren in Mattwil TG betrunken und mit weit übersetzter Geschwindigkeit einen schweren Verkehrsunfall verursacht hatte. Die Staatsanwaltschaft beantragt nun eine bedingte Freiheitsstrafe von 17 Monaten und eine Busse von 10'000 Franken. Diese Strafe ist leicht tiefer als die im abgekürzten Verfahren vorgeschlagene.
Das Bezirksgericht Weinfelden TG wies diesen Urteilsvorschlag zwischen der Staatsanwaltschaft und Ullrich vor zwei Jahren zurück und verlangte eine nochmalige Untersuchung. Das Gericht liess prüfen, ob Ullrich möglicherweise ein Raser-Delikt begangen haben könnte. Zudem wurde untersucht, ob der Ex-Radrennfahrer wegen Medikamenten nicht fahrtüchtig war.
Bei der Befragung gab Ullrich zu, dass er an jenem Tag Alkohol konsumiert hatte. Laut Untersuchung hatte er bei der Fahrt mindestens 1,8 Promille Alkohol im Blut.
«Ich fühlte mich fahrtüchtig», sagte der Beschuldigte auf die Frage der Richterin, weshalb er sich in diesem Zustand ans Steuer gesetzt habe. Es sei spontan ein Freund auf Besuch gekommen, und mit ihm zusammen habe er mehrere Flaschen Weisswein getrunken. Dann habe ihn sein Handy an einen Termin erinnert, den er wahrnehmen musste.
Weiter wurden verschiedene Medikamente im Blut des Ex-Radprofis nachgewiesen. Er habe damals einen Bandscheibenvorfall gehabt, weshalb er Valium einnahm. Weil er nicht habe schlafen können, habe er viel mehr Valium geschluckt als empfohlen. «Aber am Tag des Unfalls nahm ich keine Medikamente», sagte Ullrich vor Gericht.
Ullrich lebt seit Anfang Jahr auf der Mittelmeerinsel Mallorca und als selbständiger Unternehmer. Laut Staatsanwaltschaft verdient der 43-Jährige 6,5 Millionen Franken pro Jahr.
Die Geschwindigkeit vor dem Aufprall auf ein Auto, das vor der Unfall-Kreuzung bei Mattwil stand, betrug laut dem Staatsanwalt 132 km/h. Es handle sich deshalb auf der mit Tempo 80 limitierten Strecke nicht um ein Raserdelikt, sondern «nur» um einen Geschwindigkeitsexzess.
Dem Fahrer sei bewusst gewesen, dass er mit seiner Fahrweise andere Verkehrsteilnehmer massiv gefährde. «Es war nur Zufall, dass bei dem schweren Unfall niemand getötet oder schwer verletzt wurde», sagte der Staatsanwalt. Der Beschuldigte habe sich rücksichtslos verhalten. Er wusste, dass er reichlich Wein getrunken und zudem eine hohe Dosis beruhigende Medikamente eingenommen hatte. In seinem Rausch habe er sich massiv überschätzt.
Dass der Beschuldigte wegen Medikamenten nicht fahrtüchtig war, könne man ihm nicht beweisen, sagte der Staatsanwalt. Dass er betrunken war, gab der Ex-Radprofi von Anfang an zu. Ebenso gestand er, dass er bereits einige Stunden vor dem Unfall alkoholisiert Auto gefahren war.
Die Verhandlung vor dem Bezirksgericht Weinfelden begann mit einem Eklat. Statt im Gerichtssaal sollten die Medienschaffenden die Verhandlung per Videoübertragung vom Nebensaal beobachten.
Nachdem sich die Journalistinnen und Journalisten gewehrt hatten, unterbrach die Richterin die Verhandlung, und die Medienschaffenden durften doch in den Verhandlungssaal. Mit 20 Minuten Verspätung ging die Verhandlung weiter. Die Richterin begründete die Zulassung der Medienschaffenden im Gerichtssaal mit der schlechten Tonqualität im Nebensaal. (sda)