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Psychisch Kranker stösst 89-Jährigen vor S-Bahn – SBB muss bezahlen

Psychisch Kranker stösst 89-Jährigen vor S-Bahn – SBB muss Genugtuung bezahlen

13.08.2019, 12:0013.08.2019, 11:58
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Das Bundesgericht hat die SBB dazu verpflichtet, einem heute 89-Jährigen eine Genugtuung von 35'000 Franken zu zahlen. Der Mann war 2016 auf dem Bahnhof Affoltern am Albis ZH von einem psychisch kranken Drogenabhängigen vor eine einfahrende S-Bahn gestossen worden.

Das Opfer erlitt schwere Verletzungen, weil es mehrere Meter vom Zug mitgeschleift wurde. Der Täter wurde später von einem Gericht für schuldunfähig erklärt. Es wurde eine stationäre Therapie für ihn angeordnet.

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Der Vorfall ereignete sich 2016.Bild: keystone/Markus Widmer

Das Handelsgericht Zürich sprach dem Opfer vergangenen Oktober zulasten der SBB eine Genugtuung von 35'000 Franken zu. Das Gericht begründete seinen Entscheid mit der Gefährdungshaftung des Eisenbahngesetzes. Beim Ereignis am Bahnhof Affoltern am Albis habe sich ein mit dem Betrieb einer Eisenbahn charakteristische Risiko verwirklicht. Keine Rolle spiele dabei, dass der Mann gestossen worden sei.

Das Bundesgericht bestätigt in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil den Entscheid der Vorinstanz. Das Argument der SBB, wonach der Gesetzgeber neue Entlastungsgründe in ihrem Sinne in das Eisenbahngesetz aufgenommen habe, lässt das Bundesgericht nicht gelten. Die neuen Bestimmungen seien in erster Linie eingeführt worden, um die Verantwortung der Bahnunternehmen bei Suiziden im Zustand der Urteilsunfähigkeit auszuschliessen.

In vorliegenden Fall sei das Opfer durch den Zug schwer verletzt worden. Die Unfallursache sei die Gefährlichkeit, die vom Betrieb einer Eisenbahn ausgehe. Der Stoss einer Drittperson trete damit in den Hintergrund. Auch deshalb, weil es möglich sei, dass eine Person aufgrund eines Gedränges auf die Gleise gestossen werden könne.

Urteil 4A_602/2018 vom 28.05.2019

(sda)

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quelle: foto service sbb / str
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95 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fidget
13.08.2019 12:08registriert Dezember 2018
Ich halte es für falsch, dass die SBB eine Genugtuung zahlen muss. Unter normalen Umständen wäre der Mann nicht auf dem Gleis gewesen beim Einfahren des Zuges. Der Stoss der Drittperson müsste in die Beurteilung mit einfliessen. Unerheblich war der Stoss ja nicht für das Herbeiführen dieser Situation. Hingegen könnte bei Gedränge der SBB schon eine Mitschuld angelastet werden, da nicht verhindert wird, dass zu viele Personen auf dem Perron warten.
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Imfall
13.08.2019 12:02registriert März 2016
muss man Jura studiert haben, um diese Urteil zu verstehen? Oder bin ich einfach zu dumm...
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Holzkopf
13.08.2019 14:11registriert November 2017
Das aus emotionaler Sicht zunächst unverständliche Urteil muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass im Bereich Haftung kein Verschulden vorliegen muss, wie z.B. bei Straftaten. Kein Gericht urteilte, die SBB seien Schuld. Dennoch haften sie (bzw. ihre obligatorische Versicherung).

Anderes Bsp.: Ein Auto wird gestohlen. Der Dieb verursacht Schaden an Dritten und entflieht unerkannt. Es haftet der Fahrzeughalter, bzw. seine Versicherung.

Deshalb u.a. besteht in der Schweiz ein Obligatorium für Kfz-Haftpflichtversicherungen. So werden Haftungslücken vermieden, was allen Opfern zugute kommt.
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