Weil ein Schweizer mit Wurzeln in der Türkei in Schaffhausen einen Kollegen mit «Allahu akbar» begrüsst hat, wurde er von einer Zivilpolizistin mit 150 Franken Busse und 60 Franken Verwaltungskosten belegt. Der Grund: Erregung öffentlichen Ärgernisses, wie «20 Minuten» am Montag berichtete.
«[...]Personen, die religiöse Ausdrücke und Formeln verwenden, müssen sich bewusst sein, dass dies heikel und missverständlich sein kann[...]”
— ميمونة (@Innretroospectt) 7. Januar 2019
Nichts da! Ich lasse mich nicht von UNBEGRÜNDETEN Ängsten der Mehrheitsgesellschaft einschränken! #AllahuAkbar #Mundtot https://t.co/lwKlh9OIWF
Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. Viele empfinden die Busse als übertrieben, willkürlich und islamophob. Manche jedoch verstehen, dass man besonders in Europa den Ausspruch «Allahu akbar» («Gott ist gross») mit Terroranschlägen verbindet und sehen hinter den Worten eine Provokation.
«Wir benützen ‹Allahu akbar› zur Begrüssung und in fast jedem zweiten Satz», so der junge Türke. Er hat recht.
— Jürg Mösli 🌶 (@derFuetsch) 7. Januar 2019
Ich benütze ja «Gott ist gross» auch in fast jedem zweiten Satz.
Einige stören sich daran, dass in diesem Fall eine Strafe fällig wurde. Oft wird auch ein Fall von 2014 als Vergleich herangezogen, in dem das Bundesgericht entschied, dass der Hitlergruss im öffentlichen Raum straffrei bleibt. Dies unter der Voraussetzung, dass damit nicht für den Nationalsozialismus geworben wird.
Ein verständlicher Einwand, findet der Zürcher Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth: «Für mich ist der Tatbestand ‹Erregung öffentlichen Ärgernisses› beim Hitlergruss viel klarer erfüllt als bei dieser Grussformel.» Denn: «Allahu akbar» wird sehr oft bei Gebeten gesprochen.
Der Gebüsste selbst wehrt sich ebenfalls. Er und seine Freunde würden den Spruch sehr häufig verwenden, «ohne Hintergedanken», wie der junge Mann zu «20 Minuten» sagte. «Es ist nicht klar, in welchem Zusammenhang der Satz erfolgte», sagt Fingerhuth zu watson. «Diese Busse ist ein absoluter Witz.»
Problematisch sei weiter die Formulierung «Erregung öffentlichen Ärgernisses». Der Tatbestand ist im Schweizer Strafgesetzbuch (StGB) nicht enthalten, sondern wird in den meisten Kantonen der Schweiz in eigenen Gesetzestexten festgehalten. Dies öffnet willkürlichen Entscheiden Tür und Tor.
Genau darin sieht Fingerhuth das Problem: «Je nachdem wer urteilt, fällt die Entscheidung anders aus.» So könnten die Polizisten den Tatbestand auch auf übermässiges Fluchen oder das Tragen von auffälliger Kleidung in der Öffentlichkeit anwenden. «Dies sei sicher nicht im Sinne der Gesetzgebung und werde so auch nicht gehandhabt», so Fingerhuth weiter.
Deshalb wundert sich Fingerhuth, dass der Gebüsste sich nicht gegen die Strafe gewehrt hat: «Ich hätte diese Busse nicht bezahlt.» Doch ähnlich wie bei den Ordnungsbussen beim Besitz von geringen Mengen Cannabis bezahlen die Beschuldigten oftmals lieber den meist kleinen Betrag, anstatt sich ein teureres Verfahren aufzuhalsen.