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Schule - Bildung

Basler Studis brechen am häufigsten ab

Ana Lominadze and Ketevan Babuhashvili take notes during a lecture by Christa Tobler at the Europainstitut in Basel, Switzerland, pictured on April, 4, 2011. The Europainstitute of the University of B ...
Mehr als jeder fünfte Basler Student wirft das Handtuch oder ist auch nach 16 Semestern noch ohne Abschluss.Bild: KEYSTONE

Basler Studis brechen am häufigsten ab

Eine Matur in Basel birgt die höchste Gefahr, an der Uni zu scheitern. Kein Kanton produziert mehr ewige Studenten und Studienabbrecher.
19.05.2018, 07:5619.05.2018, 09:28
samuel hufschmid, Leif simonsen / schweiz am wochenende
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Ein Artikel von Schweiz am Wochenende
Schweiz am Wochenende

Die Basler Bildungsverantwortlichen haben diese Woche neue Rekord-Zahlen verkündet. 45 Prozent aller Neuntklässler werden im nächsten Jahr ans Gymnasium wechseln. Zum Vergleich: Im Baselbiet beträgt die Gymnasialquote 23, schweizweit rund 20 Prozent. Wie erfolgreich der Basler Rekord-Jahrgang zunächst am Gymnasium und später an der Uni sein wird, bleibt offen.

Daten des Bundesamts für Statistik zeigen jedoch, dass bereits jetzt kein Kanton mehr Ewig-Studenten und Studienabbrecher produziert als Basel-Stadt. 22 Prozent der Basler Maturanden, die 2008 ein Universitätsstudium aufgenommen haben, haben mittlerweile abgebrochen oder stehen selbst nach 16 Semestern ohne Bachelor-Abschluss da. Mit einer Baselbieter Matur im Sack scheiterten hingegen nur acht Prozent. Beides sind im Vergleich mit den anderen grösseren Kantonen Rekord-Werte, einmal top – einmal Flop.

Im Vergleich dazu weisen Zürich und St. Gallen je acht Prozent Studienabbrecher und vier Prozent ewige Studenten aus. Im Aargau sind es nur sieben respektive fünf Prozent.

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quelle: bundesamt für statistik, grafik: schweiz am wochenende/mta/saw

Die Basler Studenten sind dabei nicht nur die Erfolglosesten, sondern auch die Wechselfreudigsten, was die Fächerwahl angeht. Nur gerade 54 Prozent der Studenten ziehen ihr angefangenes Studium durch. Rund 20 Prozent machen ihren Abschluss entweder an einer anderen Fakultät oder einer anderen Uni, sechs Prozent machen einen Abschluss an einer anderen weiterführenden Schule.

Strengere Benotung in Sek und Primar

Wie Erziehungsdirektor Conradin Cramer bei der Präsentation der Basler Rekord-Gymnasiastenzahlen bekannt gab, sollen neue Massnahmen dazu führen, dass die Anzahl Gymnasiasten «stabilisiert» werden kann – auf 35 bis 40 Prozent. Ursprünglich war das Ziel der Schulharmonisierung, die Quote von damals 38 Prozent auf 30 Prozent zu senken. «Das wird uns nicht gelingen», sagte Ulrich Maier, Leiter Mittelschulen und Berufsbildung, schon im April in der «bz Basel». Eine der Massnahmen sind strengere Vorgaben an die Benotung von Sekundarschülern. So sollen ab nächstem Semester Klassendurchschnitte von über 5,0 nur noch in begründeten Fällen zulässig sein.

«Im städtischen Umfeld ist die Hemmschwelle womöglich kleiner, ein Studium abzubrechen und etwas anderes anzufangen.»
Gaby Hintermann, Präsidentin der Basler Schulkonferenz

Und auch die Primarschüler werden stärker selektioniert: Nur wer die Zulassungskriterien in beiden Abschlusszeugnissen erfüllt, darf ins höchste Sekundarschul-Niveau wechseln. Zudem bereitet sich das Erziehungsdepartement auch auf eine hohe Anzahl gescheiterter Gymnasiasten vor. Maier plant eine Art Lehrstellenbörse in den Gymnasien, um potenziell erfolglosen Gymnasiasten frühzeitig eine Alternative aufzuzeigen.

Gaby Hintermann muss ob dieser Anstrengungen schmunzeln. Die Präsidentin der kantonalen Schulkonferenz Basel-Stadt sagt: «Seit ich denken kann, versucht man, die Berufsbildung zu stärken.» Auch sie ist der Meinung, dass die Maturandenquote in Basel zu hoch ist. Sie glaubt aber nicht, dass dies mit der angeblich leichteren Basler Matur zu tun hat. Die hohe Abbruchquote der Basler Studierenden könne verschiedene Gründe haben. «Im städtischen Umfeld ist die Hemmschwelle womöglich kleiner, ein Studium abzubrechen und etwas anderes anzufangen.»

Hintermann erinnert sich an das eigene Studium: «Ich kam vom Land. Eine Rückkehr in die Heimat hätte gewissermassen ein Scheitern bedeutet.» Vielleicht gehe es vielen so.

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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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The oder ich
19.05.2018 09:32registriert Januar 2014
Ein Uralt-Problem von Basel-Stadt. Schon zu meiner Zeit sassen im Hörsaal Leute mit einer Städtermatur, die schon im ersten Semester überfordert waren. Wenn der Bund konsequent wäre, müsste er den baselstädtischen Gymnasien die Hausmatur entziehen, bis sie ihre Standards in den Griff bekommen haben.

Abgesehen davon ist es ein Bärendienst an Jugendlichen, wenn man ihnen unrealistische Hoffnungen macht, die sich dann in den frühen 20ern zerschlagen, wenn sie im Teenager-Alter eine für sie mögliche Berufsausbildung hätten erfolgreich abschliessen können.
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Swaghetti Yolonese
19.05.2018 08:58registriert Januar 2016
Überrascht mich nicht. Ich selbst habe eine Lehre abgeschlossen und empfehle jedem, der die Möglichkeit dazu hat, den Weg über die Uni zu wählen. Nach dem Abschluss einer Lehre ist man auf sich gestellt. Du willst weiterkommen und noch eine weitere Ausbildung im HF-Bereich machen? Dann schau zu wie du dir das finanzieren kannst der Staat gibt nichts drauf und Stipendien kann man vergessen, solange die Eltern nicht Bettelarm sind. Dagegen kann man an die Uni gehen, so lange studieren wie man will und wenn es nicht passt wechseln, es interessiert ja eh keine Sau und das Studium wird finanziert.
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derEchteElch
19.05.2018 09:11registriert Juni 2017
Fast die Hälfte aller 9t-Klässler gehen ins Gym. Ein grossteil der Basler bricht ab. Tja, nur weil man im Gym war, heisst das nicht, dass man auch wirklich dorthin gehörte.

Der Fall Basel zeigt dies deutlich. Schuld daran sind v.a. die Eltern, die einem Gym-Abschluss ihren Kindern aufzwingen, trotz dass Lehrer z.B. andere Empfehlungen abgeben (z.B. Lehre)..

Generell hat es zu viele Gymnasiasten. Warum nicht eine Lehre? Später kann man immer noch studieren und Praktiker sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt (ganz im gegenteil zu den Theoretikern, die nur studieren..
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«Das betroffene Gebiet ist gut einsehbar, unter anderem von einem Ski-Gebiet. Es ist gewaltig. Deswegen machten die Bilder so schnell die Runde.» Das sagt Martin Keiser. Er ist Regionalforstingenieur und Naturgefahrenspezialist beim Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden. Keiser wurde am Sonntag kurz nach 7 Uhr von den Einsatzkräften über den riesigen Bergsturz informiert, der sich wenige Minuten zuvor am Piz Scerscen im Engadin ereignet hatte.

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