Schweizer Berufsleute sind zwar gut ausgebildet. In der globalisierten Berufswelt haben sie aber oft das Nachsehen. Denn dort dominieren die englischen Hochschultitel Bachelor und Master. Und diese Benachteiligung der Schweizerinnen und Schweizer hat sich jüngst noch verschärft.
In Deutschland - einem der wenigen EU-Länder, in dem die Berufslehre ebenfalls Ansehen geniesst - können Berufsleute seit letztem Jahr nämlich neu auch ohne Hochschulstudium den Titel «Bachelor Professional» oder «Master Professional» erhalten. Etwas, von dem die Schweizer Politik lang nichts wissen wollte. Doch dann stellte sich das Parlament vor gut einem Jahr hinter zwei Vorstösse, die eine deutlichere Positionierung der Höheren Fachschulen in der Schweiz verlangte.
Und so laufen jetzt erneut Bemühungen, der Diskriminierung der Schweizer auf dem internationalen Arbeitsmarkt etwas entgegenzustellen. Konkret prüft das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) erneut die Einführung von Bachelor- und Master-Titeln auch für Nichtstudierte respektive für Abgängerinnen und Abgänger von Höheren Fachschulen. «Ziel ist es, sie besser zu positionieren», bestätigt auf Anfrage SBFI-Sprecher Martin Fischer einen Bericht der «SonntagsZeitung».
Bis Ende Jahr will der Bund dazu einen Bericht vorlegen, schreibt die Zeitung weiter. Zuletzt hatte sich dieser 2015 in einem langwierigen Prozess mit Partnern lediglich auf die englischen Titelbezeichnungen für die Abschlüsse der Schweizer Berufsbildung einigen können.
Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE), der als Bildungspolitiker für eine Aufwertung der Schweizer Berufsbildung kämpft, zeigt sich in dem Artikel «erleichtert, dass jetzt endlich etwas geht». Es dürfe nicht sein, «dass die hervorragend ausgebildeten Schweizer krass benachteiligt sind, nur wegen ihres Titels», bestätigt er auf Anfrage seine Aussagen.
Nachdem das Parlament vor gut einem Jahr zwei Vorstösse zur Aufwertung der Berufsbildung überwiesen hatte, doppelte Aebischer mit einem neuen nach. Darin fordert er erneut die Einführung der Titel «Professional Bachelor» respektive «Professional Master». Das lehnt der Bundesrat allerdings noch immer ab – diesmal mit Verweis auf die laufenden Prüfarbeiten. Im Rat ist der Vorstoss noch nicht behandelt worden.
Sukkurs erhält er dabei auch vom am anderen Ende des politischen Spektrums. «Wenn die Schweizer eine Chance haben sollen, dann müssen ihre Ausbildungen international vergleichbar sein», sagt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV) und ehemaliger Zürcher FDP-Nationalrat. Der SGV kämpft ebenfalls schon lange für die Aufwertung der Schweizer Berufsbildung.
Gegen den Plan, auch Nichtstudierten die Titel Bachelor und Master zu verleihen, gibt es allerdings Protest. Die Hochschulen befürchten – wie bereits bei den letzten Diskussionen – Verwässerungs- und Verwechslungsgefahr. Dabei handle es sich um akademische Abschlüsse. Folglich sei die Entlehnung in andere Bereiche «irreführend», hält Swissuniversities, die Konferenz der Hochschulrektoren, gegenüber der «SonntagsZeitung» fest. Ähnlich argumentiert der Verband der Fachhochschulabsolventen: «Zusätzliche Titel wie Professional Bachelor und Professional Master lehnen wir ab, da sie noch mehr Wirrwarr und Verwechslung stiften».
In der Schweiz gibt es aktuell 220 Lehrabschlüsse mit Eidgenössischem Fähigkeitsausweis und weitere 430 Abschlüsse in der Höheren Berufsbildung. Diese Bildungsgänge sind durch das SBFI anerkannt, aber nicht die Höheren Fachschulen selber, welche die Diplom- und Nachdiplom-Studiengänge anbieten. Laut jüngsten verfügbaren Zahlen sind 2019 9'700 Diplome Höherer Fachschulen erworben worden. (aargauerzeitung.ch)