Der Bundesrat reagiert auf den Entscheid der EU Kommission zur Börsenregulierung. Er erwägt, die Stempelsteuer abzuschaffen, um den Börsen- und Finanzplatz zu stärken. Bei der bereits versprochenen Kohäsionsmilliarde geht er über die Bücher.
Der Bundesrat kritisiert die EU-Kommission für den Entscheid, die Gleichwertigkeit der Börsenregulierung nur befristet anzuerkennen. Bundespräsidentin Doris Leuthard stand am Donnerstag in Bern vor die Medien.
Die Schweiz habe in den vergangenen Wochen auf verschiedenen Ebenen interveniert und ihre Position deutlich gemacht. Und diese sei klar: Die Schweiz erfülle die Bedingungen für die Anerkennung der Börsenäquivalenz genauso wie die anderen Drittstaaten, die eine unbefristete Anerkennung bekommen hätten. Deshalb sei der Entscheid eine Diskriminierung.
Auch die Verbindung dieses technischen Dossiers mit den institutionellen Fragen sei sachfremd und inakzeptabel. Der Bundesrat habe an einer Sitzung am Donnerstag seine Haltung zum Entscheid festgelegt.
Der Bundesrat habe auch den Eindruck, dass der Entscheid der EU zum Ziel habe, den Finanzplatz Schweiz zu schwächen. Er wolle den Beschlüssen der EU Massnahmen entgegensetzen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erhöhten.
Der Bundesrat beschloss laut Leuthard, den Börsen- und Finanzplatz zu stärken. Das Finanzdepartement wurde beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Januar Vorschläge zu unterbreiten. Dabei steht die Abschaffung der Stempelabgabe im Vordergrund.
Die Abschaffung der Stempelsteuer ist im Parlament seit langem ein Thema, zuletzt im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform III. Das Vorhaben wurde aber auf Eis gelegt, um die Volksabstimmung nicht zu belasten. Grund sind die hohen Kosten.
Aus der Umsatzabgabe nimmt der Bund heute rund 1,30 Milliarden Franken ein, aus der Versicherungsabgabe 700 Millionen Franken. Hinzu kommt die Emissionsabgabe auf Eigenkapital, die über 200 Millionen Franken einbringt. Die Abschaffung aller Stempelabgaben würde also ein Loch von gut 2 Milliarden Franken in die Bundeskasse reissen.
Der Entscheid der EU belaste auch die bilateralen Beziehungen in wichtigen Dossiers, sagte Leuthard weiter. Die Kohäsionsmilliarde sei verschiedentlich genannt worden. Der Bundesrat behalte sich vor, die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage angesichts dieser Entwicklung «neu zu beurteilen».
«Der Bundesrat stand immer für die Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen ein», sagte die Bundespräsidentin. Er habe das Weiterführen der Verhandlungen für ein institutionelles Abkommen als Ziel für 2018 festgelegt. Er habe aber auch festgestellt, dass weiterhin grosse Differenzen bestünden. Deren Überwindung setze die gegenseitige Bereitschaft voraus, eine sachliche Diskussion in vertrauensvollem Klima zu führen.
Kaum hatte Doris Leuthard ihr Statement abgegeben, wurde ihr Auftritt auf den sozialen Medien bewertet. Eine Mehrheit begrüsste, dass der Bundesrat «endlich einmal klare Worte» wählte.
Endlich klare Worte. Wer Bedingungen für #Börsenäquivalenz erfüllt, muss auch so behandelt werden. Sachfremde Verknüpfungen mit anderen Dossiers sind No-Go. Sie sind eine #Nötigung. Gut, dass #Bundesrat mit Abschaffung #Stempelsteuer Börsenplatz stärkt. https://t.co/ywyEkEvZbD
— Marc Schinzel (@MarcSchinzel) 21. Dezember 2017
Ich hoffe, dass der Bundesrat ernst macht und der EU die Zähne zeigt. Die EU benötigt einen Denkzettel, Motto: So geht man nicht mit Freunden um! https://t.co/GfOxYngB01
— martin r. zemp (@tinuparker) 21. Dezember 2017
Es gibt aber auch Kritik. Beispielsweise von SP-Nationalrätin Claudia Friedl.
Der #Bundesrat beklagt, dass die EU ein technisches Dossier mit einer politischen Frage verbindet, macht aber das Gleiche mit dem #Kohäsionsbeitrag. Jetzt will er den Bankenplatz durch Abschaffung der #Stempelsteuer stärken, bezahlen sollen das die gewöhnlichen Steuerzahlenden. https://t.co/tJXs3cHK3b
— Claudia Friedl (@claufriedl) 21. Dezember 2017
Auch Natalie Rickli (SVP) ist von der Bundespräsidentin enttäuscht. Sie hofft nun auf das Parlament.
(mlu/fvo/sda)