Schweiz
Selbstbestimmungsinitiative

Flavia Kleiner über die Zukunft der Operation Libero

Die Co-Praesidentinnen Laura Zimmermann, rechts, und Flavia Kleiner von der Operation Libero, vom Nein-Buendnis zur Selbstbestimmungsinitiative, freuen sich am am Sonntag, 25. November 2018, in Bern.  ...
Flavia Kleiner (rosa Jacke) und Laura Zimmermann freuen sich über den Sieg gegen die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP. Bild: KEYSTONE

Mit Frauenpower in Richtung Europa: Das sind die Zukunftspläne der Operation Libero

Flavia Kleiner und Laura Zimmermann haben an vorderster Front einen Sieg gegen die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP errungen. watson hat die Köpfe der Operation Libero getroffen und sie gefragt, wie es nun weitergeht und ob die beiden bei den Wahlen 2019 antreten werden.
26.11.2018, 15:4427.11.2018, 05:43
Helene Obrist
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Die Operation Libero ist nicht zu bremsen. Als Teil einer breiten Allianz gegen die Selbstbestimmungs-Initiative gewinnt sie erneut gegen die SVP. Mit 66,2 Prozent schmetterte die Bevölkerung das Anliegen der Schweizer Volkspartei ab. Wesentlich daran beteiligt: Die beiden Libero-Co-Präsidentinnen Laura Zimmermann und Flavia Kleiner.

Als «aggressiv und diffamierend» bezeichnet SVP-Präsident Albert Rösti am Sonntag den Abstimmungskampf der Gegner. Die Reaktion im Berner Restaurant Grosse Schanze, dort wo sich die SBI-Gegner versammelt haben, folgt prompt: lautes Lachen. Es kommt aus der ersten Reihe. Dort sitzen Flavia Kleiner und Laura Zimmermann.

Einige Stunden später, als der grosse Medienrummel vorbei ist und alle Stimmzettel gezählt, sitzt Flavia Kleiner mit Kuchen und Kaffee allein an einem Tisch. Sie müsse sich auf ein einstündiges Interview mit einem holländischen Fernseh-Team vorbereiten, antwortet sie. Darin gehe es um die Zukunft Europas und den Aufstand der Zivilgesellschaften. Zeit für einen kurzen Blick in die Zukunft hat sie dennoch.

«Die Operation Libero soll in Zukunft auch die politische Agenda beeinflussen und selbst Themen setzen.»
Flavia Kleiner

«Die Operation Libero muss sich weiterentwickeln. Bislang kamen wir immer zum letztmöglichen Zeitpunkt ins Spiel. Dann, wenn es darum ging, das Schlimmste abzuwenden», sagt Kleiner ohne Umschweife. Es fehle das konstruktive Arbeiten. «Die Liberos sollen in Zukunft auch die politische Agenda beeinflussen und selbst Themen setzen.»

Flavia Kleiner, Co-Praesidentin der "Operation Libero", welche sich gegen die Durchsetzungsinitiative DSI einsetzt, vor dem Hotel Bellevue, dem Hauptquartier der buergerlichen Komitees zu de ...
Die Wochenzeitung «Politico Europe» zählt die 28-jährige Flavia Kleiner zu den 28 einflussreichsten Persönlichkeiten Europas. Bild: KEYSTONE

Eine überparteiliche Organisation wird die Operation Libero auch weiterhin sein. «Wir bleiben unseren Anfängen treu», sagt die 28-Jährige bestimmt. In diesem Moment tritt Heinz Karrer, Präsident des Wirtschaftsverbands Economiesuisse, an den Tisch. Mit den Worten «bis bald» verabschiedet sich Karrer von Kleiner. Diese lächelt etwas müde, aber voller Tatendrang zum Abschied – und wendet sich sofort wieder dem Gespräch zu.

Klar habe sie sich überlegt, an den nationalen Wahlen 2019 anzutreten. «Verantwortung zu übernehmen, etwas bewegen – das ist genau das, wofür ich einstehe», so Kleiner. Das Parlament wäre für sie der richtige Ort – vor allem als junge Frau. Doch Kleiner zögert. «Ehrlich gesagt, weiss ich nicht, auf welcher Parteiliste ich antreten würde.» Ob die Parteien sie dennnoch umwerben könnten? «Vielleicht», antwortet Kleiner mit einem schelmischen Lächeln.

«Das zivilgesellschaftliche Engagement in anderen Ländern ist unglaublich hoch. Vielleicht ist es an der Zeit, aus dem kleinen Gärtchen der Schweiz auszubrechen und grösser zu denken.»
Flavia Kleiner

Doch es ist nicht nur die fehlende Parteimitgliedschaft, die Kleiners Parlamentskarriere im Wege stehen könnte. Es ist noch etwas anderes, das ihr auf der Zunge brennt. «Ich habe in den letzten Monaten sehr viele, sehr spannende Kontakte geknüpft.» Kontakte wie kein geringerer als der ehemalige US-Präsident Barack Obama zum Beispiel, den Kleiner im Oktober dieses Jahres in Amsterdam traf.

Kleiner spielt mit dem Gedanken, die Operation Libero auf eine internationale Ebene zu heben. «Das zivilgesellschaftliche Engagement in anderen Ländern ist unglaublich hoch. Vielleicht ist es an der Zeit, aus dem kleinen Gärtchen der Schweiz auszubrechen und grösser zu denken», sagt Kleiner. Kämpfen für ein funktionierendes und chancenreiches Europa möchte sie, sagt Kleiner zum Abschied. Sie muss weiter. Das holländische Filmteam wartet.

Laura Zimmermann, Co-Praesidentin Operation Libero, lanciert den Abstimmungskampf gegen die No Billag Volksinitiative mit einer Fahne, am Dienstag, 5. Dezember 2017, in Bern. Die Volksabstimmung ueber ...
Die 27-jährige Jura-Absolventin Laura Zimmermann kämpfte an vorderster Front gegen die Selbstbestimmungs-Initiative. Bild: KEYSTONE

Unweit von Kleiner entfernt wuselt auch Laura Zimmermann noch immer durch die sich lichtende Menge. Die 27-Jährige blieb als eines der spannendsten Gesichter der No-Billag-Debatte in Erinnerung und auch beim Kampf gegen die SBI scheute sie keinerlei Konfrontationen.

Doch Zimmermanns Zukunftspläne unterscheiden sich von denen Kleiners. Ins Parlament wolle sie derzeit nicht. «Für mich ist die Operation Libero meine politische Heimat. Unser Baby ist jetzt vier Jahre alt, es braucht auch weiterhin noch Begleitung», sagt Zimmermann bestimmt und fügt kampfeslustig hinzu: «Der Sieg heute war ein Richtungsentscheid. Wir sind aber noch lange nicht fertig, das ist erst der Anfang.» Die Abstimmung zur Verschärfung des Waffenrechts, die Kündigungs-Initiative – das alles stehe noch bevor.

«Natürlich braucht es Leute der Operation Libero im Parlament. Das wäre die richtige und wichtige Weiterentwicklung.»
Laura Zimmermann

Zimmermann sieht jedoch ein, dass man im Parlament an den Schalthebeln der Politik sitzt. Auch sie will nicht mehr nur Initiativen abwehren, sondern selber Debatten prägen. «Natürlich braucht es Leute der Operation Libero im Parlament. Das wäre die richtige und wichtige Weiterentwicklung.»

Sie selbst könne sich nur schwer einer Partei zuordnen. «Ich komme wie Flavia aus einem FDP-Haushalt.» Doch der fehlende Mut der Partei und die Angst anzuecken, enttäuschen Zimmermann. «Ich sage das nicht, weil ich der Partei eins auswischen will, sondern weil ich sie eine extrem wichtige Kraft finde.» Sie wünsche sich klare Positionen in der Europapolitik und bei gesellschafts-liberalen Themen.

«Wir schauen mit Freude auf das Wahljahr 2019. Es werden spannende Dinge auf uns zukommen.»
Laura Zimmermann

So ganz nimmt man es ihr nicht ab, dass sie nicht doch mit einem Sitz im Parlament liebäugelt. Die Nachfrage lächelt Zimmermann weg. «Wir schauen mit Freude auf das Wahljahr 2019. Es werden spannende Dinge auf uns zukommen», sagt sie und steht auf. Es geht weiter an die Afterparty. Und morgen? «Da muss ich arbeiten», schmunzelt Zimmermann und zieht sich den dunkelblauen Mantel über.

Albert Rösti über Simonetta Sommaruga

Video: watson/Christoph Bernet
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
125 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MacB
26.11.2018 16:01registriert Oktober 2015
Kann mich mal einer aufklären? Ich war auch gegen die Initiative, zähle mich nun deswegen nicht zu den grossen Siegern gegen die SVP.

Was hat denn die Operation Libero unternommen, das sie zu grossen SIegern werden lässt? Inwiefern waren sie "sesentlich beteiligt"? Mir sind sie zumindest nicht erschienen.
709149
Melden
Zum Kommentar
avatar
rock-n-roll
26.11.2018 16:05registriert November 2017
Also ich mag der Aktion Libero ihren Erfolg ja gönnen. War das aber nicht ein wenig auch ein Selbstläufer?
50155
Melden
Zum Kommentar
avatar
Max Dick
26.11.2018 16:12registriert Januar 2017
Ok beim bodigen der Durchsetzungsinitiative haben sie die Hauptrolle gespielt. Hier aber kaum. Die zahlreichen Nein-Stimmer sind wohl viel mehr durch das Theater nach dem MEI-Ja sowie der immer noch aktuellen Baustelle Rahmenabkommen zur Urne geströmt. Die Stimmbürger scheinen zu begreifen, dass wir mit der EU und Europa zusammenarbeiten müssen, und dass wir da nicht diejenigen sind, die die Shots bestellen.
30764
Melden
Zum Kommentar
125
Bundesgericht kippt Entscheid des Schaffhauser Kantonsrats

Niederlage für die bürgerliche Mehrheit im Schaffhauser Kantonsrat: Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben, weil er die Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt.

Zur Story