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Polizei kämpft mit Fake-Kinderpornos gegen Pädophile

Darknet, Mann vor dem Bildschirm, Original: Keystone
Es handelt sich um synthetische, künstliche Bilder, die täuschend echt wirken.

Polizei kämpft mit Fake-Kinderpornos gegen Pädophile 

Deutsche Polizisten dürfen bei Ermittlungen zu Pädophilen-Ringen künftig Fake-Kinderpornos benutzen. In der Schweiz setzt man auf andere Mittel.
11.06.2018, 19:1612.06.2018, 07:37
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Alltag für Cyberpolizisten: Sie verfolgen Pädokriminelle bis in die Tiefen des Darknets und stossen dann an ihre Grenzen: Administratoren entsprechender Internet-Tauschbörsen oder Chatrooms verlangen als Eintrittsticket oft Bilder und Videos mit Kinderpornographie – in der Szene auch «Keuschheitsprobe» genannt. Nur wer neue Bilder oder Videos von Kindesmissbrauch hochlädt, kann sich einloggen.

Doch: Das Verbreiten von solchem Material ist strafbar – auch für Ermittler. Deutschland setzt nun auf eine neue Lösung: Um sich das Vertrauen geschlossener Zirkel zu erschleichen, dürfen Ermittler künftig computergenerierte Kinderporno-Dateien hochladen und anbieten. Es handelt sich um synthetische, künstliche Bilder, die täuschend echt wirken. 

Ein Verbrechen kann Vertrauen schaffen

Den entsprechenden Entschluss haben die Justizminister der Länder letzte Woche gefasst. Wenn den Bildern kein echter Missbrauch zugrunde liege und wenn kein echtes Kind abgebildet sei, sei das eine denkbare Lösung, sagte der rheinland-pfälzische Justizminister Winfried Bausback.

Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann brachte zunächst die Idee ins Spiel, im Einzelfall auch echtes Kinderpornographisches Material für Ermittlungen zu nutzen. Es gebe in jüngster Zeit Angebote von Opfern, die ihr bereits im Umlauf befindliches Material zu diesem Zweck zur Verfügung stellen würden, sagte sie zum «Spiegel». Diese Idee wurde von verschiedenen Seiten jedoch klar abgelehnt. 

Schweizweit wurden im letzten Jahr rund 1300 sexuelle Übergriffe an Kindern in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst, die Anzahl verbotener Pornografie ist um 17 Prozent angestiegen. Trotz dieser Zunahme kommen Massnahmen wie jene in Deutschland für die Schweiz nicht in Frage. Denn auch wenn für die Herstellung von animierten oder gezeichneten Kinderpornos keine Kinder missbraucht werden, ist der Erwerb, Besitz und Vertrieb von solchen Filmen illegal. «Wir arbeiten nicht mit solchen computergenerierten Bildern und werden das wohl auch zukünftig unterlassen», sagt Fedpol-Sprecherin Lulzana Musliu.

Musliu ergänzt: «Wir möchten wir die Szene nicht noch mit solchen Inhalten füttern – egal ob computergeneriert oder echt.» Die Ermittler dürften nicht «Agent Provocateur» spielen. «Sie sollen das Vertrauen der Täter mit anderen Mitteln gewinnen», so die Sprecherin. Wie Schweizer Ermittler Pädokriminellen konkret auf die Spur kommen, will das Fedpol nicht verraten, um «Rückschlüsse auf verdeckte Ermittler zu vermeiden.» 

Auch in Deutschland sind nicht alle von der neuen Regelung begeistert. Sebastian Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter: «Verfälschte oder künstlich erzeugte Bilder sind für Täter relativ leicht als Fälschungen zu erkennen.»

Beispiele aus anderen Ländern zeigen jedoch, dass die Praxis Erfolg haben kann. In Australien etwa haben Ermittler ein Jahr lang das Kinderporno-Forum «Child's Play» betrieben und sind damit zahlreichen Pädokriminellen auf die Spur gekommen. 

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ϲ.У. Иic
11.06.2018 23:08registriert März 2016
Dass es sich bei der Pädophilie um eine angeborene Störung der Sexualpräferenz handelt, welche man sich genauso wenig aussuchen kann wie Homo- oder Heterosexualität, ist mittlerweile akzeptiert. Den Betroffenen solches computergeneriertes Material zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre Sexualität gefahrlos und ohne dass Kinder zu Schaden kommen ausleben könnten, kommt jedoch überhaupt nicht in Frage. Lieber verbietet und verbannt man auch gleich Texte, Zeichnungen und angeblich suggestive Fotos renommierter Künstler, um einer Auseinandersetzung mit dem Tabuthema aus dem Weg zu gehen.
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PhilippS
11.06.2018 21:14registriert September 2016
Sehr sehr schwieriges Thema. Sehe dass mit diesen Fake-Pics persönlich eher skeptisch.

Meiner Ansicht nach wäre es wichtiger, Pädophilie zu entstigmatisieren. Damit betroffene ihre Neigung eher offensiv angehen können, ohne Angst vor Repressionen aus dem Umfeld - damit die Pädophilen sich Hilfe und Unterstützung holen können, bevor sie straffällig werden.

Ich weiss, schwer vorzustellen - auch für mich - aber Behandlung ist immer besser als Stigmatisierung und Tabuisierung. Zumindest meiner Meinung nach...
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Gringoooo
11.06.2018 21:44registriert März 2014
Ich denke diese Ermittler haben einen unglaublich harten Job. Wenn ich mir vorstelle, dass ich Tag ein Tag aus mit solchem Material konfrontiert wäre, wird mir gerad schlecht!
Gerade wenn man noch eigene Kinder hat. Leider muss es jemand tun...
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