Gold im Riesenslalom, Gold in der Abfahrt: Marco Odermatt kann auf eine ausserordentlich erfolgreiche Ski-Weltmeisterschaft in Frankreich zurückblicken, die am Wochenende zu Ende ging. Die Schneesportfans liegen dem 25-jährigen Nidwaldner zu Füssen. Überall wird er gefeiert.
Überall? Nicht ganz. Greenpeace übt Kritik am derzeit besten Skifahrer der Welt. «Marco Odermatt scheint den Ernst der Lage noch nicht ganz begriffen zu haben», sagt Nathan Solothurnmann, Klimaexperte bei der Umweltorganisation. In der Nachhaltigkeitsdebatte habe er eine Vorbildfunktion, der er sich offenbar nicht bewusst sei.
Was ist geschehen? Am vorletzten Sonntag – am Tag von Odermatts grossem Triumph in der Königsdisziplin Abfahrt – stellte der österreichische Skifahrer Julian Schütter einen offenen Brief vor, den er gemeinsam mit rund 140 anderen Athletinnen und Athleten an den internationalen Ski-Verband FIS adressiert hat. Zu den Unterzeichnenden gehören auch die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin, die erfolgreichste Skifahrerin aller Zeiten, und ihr norwegischer Partner, Abfahrtsdominator Aleksander Aamodt Kilde (CH Media berichtete).
Kern der Botschaft: Im Skizirkus braucht es mehr Nachhaltigkeit. «Unser Sport ist bedroht von der Klimakrise. Wir rufen die FIS dazu auf, einen ambitionierteren Klimaschutz zu betreiben», sagte Schütter vor Medienvertretern. Die Unterzeichnenden stellen im Schreiben konkrete Forderungen: Bis 2035 sollen alle FIS-Anlässe klimaneutral sein. Und das Thema Nachhaltigkeit soll transparenter behandelt werden mithilfe einer neuen, unabhängigen Nachhaltigkeitsabteilung. Ab 2030 sollen die Emissionen um 50 Prozent reduziert werden.
Odermatt verweigerte Schütter die Unterschrift. Am Wochenende nahm er zu seiner ablehnenden Haltung im Interview mit CH Media Stellung. Er bestätigt, dass er für eine Mitunterzeichnung angefragt worden sei. «Aber ich wollte meinen Namen nicht an die vorderste Stelle setzen, weil ich den Forderungen nicht zu 100 Prozent gerecht werden kann.»
Nicht nur das. Odermatt übte auch feine Kritik an Shiffrin, die wie er aktuell das Weltcup-Ranking anführt. Er verstehe nur bedingt, dass sie den Brief unterschrieben hat, so Odermatt. Sie sei durch ihren Wohnort in den USA ja gezwungen, etwas mehr zu fliegen. «Dazu kommt, dass wir Topathleten, die so viele Rennen fahren, noch zusätzlich gezwungen sind, ein- oder zweimal im Jahr mit einem Helikopter oder sogar einem Jet zu reisen.»
Wenn er am Sonntag in Kranjska Gora einen Riesenslalom fahre und dann am Montag in Andorra ein Abfahrtstraining anstehe, müsse man mit einem Privatjet reisen, «das geht einfach nicht anders». Aus diesen Gründen sei er jemand, der sich in dieser Debatte etwas ruhiger verhält, sagt Odermatt. Tatsächlich fehlen auch zahlreiche andere prominente Sportlernamen auf dem Brief.
Auf die Gegenfrage, ob man also nichts ändern sollte, antwortet Odermatt: «Man sollte so gut wie möglich planen, das ist wichtig. Aber dass wir jetzt ein zweites Mal in dieser Saison in die USA fliegen, sehe ich nicht als überaus tragisch.» Natürlich müsse man irgendwo anfangen. «Aber es gibt Hunderte Wege, wie man seinen Beitrag leisten kann. Wir fahren im Weltcup. Wenn man nicht mehr so weit reisen will, kann man im Europacup starten.»
Diese Haltung gefällt Greenpeace nicht. «Klimaschutz bedeutet mehr, als nur auf ein paar Flüge zu verzichten», sagt Greenpeace-Klimaexperte Solothurnmann. Bekannte Persönlichkeiten aus dem Spitzensport hätten stets auch eine Vorbildfunktion in der Gesellschaft. «Wenn sie als gutes Beispiel vorangehen, können sie darum viel mehr bewirken, als nur die eigenen Emissionen zu senken.»
Es werde stetig heisser und die Wetterkapriolen würden zunehmen, sagt Solothurnmann. Die Durchführung von Skirennen würde dadurch massiv verteuert und immer öfter verunmöglicht. «Skisport wird es in der gegenwärtigen Form schon sehr bald nicht mehr geben, wenn die Klimaerhitzung weiter ungebremst voranschreitet.»
Der internationale Ski-Verband FIS sollte laut dem Greenpeace-Experten «darum allergrösstes Interesse daran haben, seinen Klima-Fussabdruck rasch zu verkleinern». Dies könne durch eine geschickte Planung der Austragungsorte geschehen, aber auch durch eine Verlagerung der Anreise der Fans auf den öffentlichen Verkehr und ein ökologisches Catering vor Ort.
Greenpeace sieht aber nicht nur rot angesichts Odermatts Zurückhaltung. Denn auf der Liste der unterzeichnenden Sportler und Sportlerinnen sind auch Schweizer Namen zu finden wie jener von Stephanie Jenal und Sandro Simonet. Der bekannteste Unterstützer aus dem Schweizer Lager ist Slalom-Spezialist Daniel Yule. Dafür findet der Klimaexperte lobende Worte: «Wir freuen uns über das Engagement von Daniel Yule und der anderen 140 Athletinnen und Athleten und hoffen, dass sie mit ihrer Initiative bei der FIS auf offene Ohren stossen.» (aargauerzeitung.ch)
Er kann sich aussuchen, als derjenige, der nicht unterschreibt kritisiert zu werden oder als Vorbild unterschreiben und danach bei jeder Klimasünde an den Pranger gestellt zu werden.
Solche Briefe zu unterschreiben mag proper wirken. Dann doch mit dem Heli hin und her zu fliegen ist dann eben auch nicht konsequent🤷🏻♂️