Schweiz
Sport

Basejump-Verbot: Lauterbrunnen kocht wegen SP-Vorstoss

Für «Anfänger»: Der Basejump-Absprungpunkt «Yellow Ocean» im Lauterbrunnetal.
Für «Anfänger»: Der Basejump-Absprungpunkt «Yellow Ocean» im Lauterbrunnetal.bild: Learn To Base Jump

Basejump-Verbot in der Schweiz? Lauterbrunnen kocht: «So ein Chabis!»

Zu gefährlich! Die SP-Nationalrätin Kiener Nellen will die Basejumper aus der Schweiz verbannen. Im Basejumper-Mekka Lauterbrunnen haben die Leute eine dezidierte Meinung dazu.
04.10.2019, 06:0404.10.2019, 15:58
Mehr «Schweiz»

Das Lauterbrunnental ist weltberühmt. Dies nicht nur wegen der einmaligen Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau, sondern wegen den waghalsigen Basejumpern. Die Extremsportler strömen aus der ganzen Welt ins Berner Oberland und stürzen sich von den überhängenden Felsklippen in die Tiefe. Rund 30'000 Absprünge wurden 2018 gezählt.

«Es wäre total lächerlich und unnötig, wenn man Basejumper kriminalisieren würde.»
Annette Weber, Airtime Café

Damit soll bald Schluss sein. Die Berner SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen beauftragt laut SRF mit einem Vorstoss den Bundesrat, ein schweizweites Sprung-Verbot zu prüfen. Die Interpellation hält fest, dass die Todesfälle die «Reputation des Tourismuslandes Schweiz und des Berner Oberlandes gefährden». Ebenso seien Retter sowie Wandergruppen durch tiefe Flüge gefährdet.

Es gab Fälle, wo verunglückte Basejumper bei Privathäusern aufprallten.
Es gab Fälle, wo verunglückte Basejumper bei Privathäusern aufprallten. bild. zvg

Schadet Basejumpen tatsächlich den Einheimischen und dem Tourismus? Wer sich in Lauterbrunnen herumfragt, bekommt geharnischte Reaktionen zu hören. «So ein Chabis», sagt etwa der Betreiber eines Hostels.

«Es wäre total lächerlich, wenn man Basejumper kriminalisieren würde», erklärt Annette Weber vom Airtime Café. Basejumper seien eine Bereicherung für das Dorf. «Das sind keine halbwilden Spinner, die sich gedankenlos von den Klippen stürzen.» Auf die Unfälle angesprochen sagt sie, dann könne man gerade so gut den Bergsteigern verbieten, die Eigernordwand zu erklimmen. Auch dort müssten Retter die Verunfallten von heiklen Orten aus bergen.

Martin Stäger, Gemeindepräsident Lauterbrunnen.
Martin Stäger, Gemeindepräsident Lauterbrunnen. bild: zvg

Gemeindepräsident Martin Stäger (SVP) schüttelt ebenfalls den Kopf über den Vorstoss der SP-Nationalrätin. «Die Basejumper halten sich bei uns im Tal meistens an die Regeln. Ein Verbot wäre völlig kontraproduktiv.» Gemeinsam mit der Swiss Base Association (SBA) habe man den Extremsport in den letzten Jahren in geordnete Bahnen lenken können. So müssen etwa alle Springer eine «Landing Card» kaufen. Die Einnahmen gehen insbesondere an die Bauern, welche ihre Wiesen als Landeplätze bereitstellen.

Ob «Flowerbox» oder «High Ultimate»: Anlog zu den Skipisten hat die SBA alle Absprungpunkte in blaue, rote oder schwarze Schwierigkeitsgrade eingestuft. «Es ist unser Hauptanliegen, dass wir niemanden mit unserem Hobby gefährden oder stören. Darum haben wir Regeln aufgestellt, die Unbeteiligte schützen», so SBA-Präsident Marcel Geser.

Die Extremsportler bringen auch Geld in die Randregion, welche einen der höchsten Steuerfüsse des Kantons Bern aufweist. Basejumper bleiben oftmals wochenlang im Lauterbrunnental und sind so eine gute Kundschaft für Hotels und Gastronomie. Die Extremsportler machten aber nur rund drei Prozent aller Logiernächte aus, relativiert Tom Durrer von Lauterbrunnen Tourismus. «Der Werbeffekt durch das Basejumpen ist für uns ist gross. Einige Szenen des Hollywood-Blockbusters Point Break (dt. Gefährliche Brandung) wurden im hinteren Lauterbrunnental gedreht.»

Tragische Momente für Familien

Ohne Zweifel hat der Extremsport auch Schattenseiten. So starben zwischen 2000 und 2017 im Schnitt jährlich 4,5 Basejumper in der Schweiz. Manchmal stürzen sie mitten in die Gärten von Einwohnern des Lauterbrunnentals. «Für die Familien ist das natürlich schlimm. Aber es kommt zum Glück sehr selten vor», sagt Gemeindepräsident Stäger. In solchen Fällen erhalte er schon Reklamationen. Trotz den tragischen Momenten hält er einen Basejump-Bann für völlig sinnlos. «Wie soll man so ein Verbot kontrollieren? Dann springen die Leute einfach an den inoffiziellen, gefährlicheren Orten runter.»

Video: Hier springt ein Basejumper im Lauterbrunnental

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
«La Vie en Jaune» – Pascal Bourquin will in 28 Jahren JEDEN Wanderweg der Schweiz ablaufen
1 / 30
«La Vie en Jaune» – Pascal Bourquin will in 28 Jahren JEDEN Wanderweg der Schweiz ablaufen
Pascal Bourquin auf dem Schwengliflüeli bei Langenbruck BL. Bis 2041 will er alle Wanderwege der Schweiz gesehen haben.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Die Geschichte des Berner Hochhaus-Basejumpers
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
118 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kiro Striked
04.10.2019 06:48registriert August 2019
4.5 Tote in Durchschnitt pro Jahr und man will über ein Verbot sprechen... Kommt schon liebe SP'ler... Es gibt bei weitem wichtigere Themen die man angehen müsste als dieses..
70937
Melden
Zum Kommentar
avatar
Alter-Sack
04.10.2019 06:55registriert August 2018
Ja, es ist eine Risikosportart, aber es ist auch immer ein Risiko solche Politiker zu wählen!
49637
Melden
Zum Kommentar
avatar
Scaros_2
04.10.2019 07:08registriert Juni 2015
WHAT?!??

Also wenn ich den Artikel lese, dann hat der lokale Tourismus in zusammenarbeit mit einem Verein und lokalen ansässigen ein funktionierendes Wirtschaftsystem mit einer Zielgruppe ausgearbeitet.

Diese dürfen Springen, zahlen eine Gebühr welche zurück fliesst und der lokale tourismus floriert.

und jetzt will man es verbieten weil: die Todesfälle die «Reputation des Tourismuslandes Schweiz und des Berner Oberlandes gefährden».

Wow - makes sense - mol, typisch schweizerisch.
13610
Melden
Zum Kommentar
118
Egli vom HCD nach Frölunda +++ Biel holt Ex-U20-Natispieler Müller
Die National-League-Playoffs 2023/24 sind in vollem Gang. Mittlerweile gibt es schon viele Wechsel fürs nächste Jahr. Hier gibt es die Transfer-Übersicht für 2024/25.

Seit längerer Zeit steht fest, dass Offensiv-Verteidiger Dominik Egli den HC Davos Richtung Schweden verlässt. Nun ist definitiv, wo der 25-Jährige nächste Saison spielen wird. Er hat bei Frölunda in der höchsten schwedischen Liga einen Zweijahresvertrag unterschrieben. Die offizielle Bestätigung ist in den nächsten Tagen zu erwarten. (kza)

Zur Story