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SFV-Sprecher verteidigt Doppelbürger-Aussage.

Für Granit Xhaka ist der Entscheid bereits gefallen. Doch für welches Nationalteam werden sich die Nachwuchstalente entscheiden? 
Für Granit Xhaka ist der Entscheid bereits gefallen. Doch für welches Nationalteam werden sich die Nachwuchstalente entscheiden? bild: keystone/watson
Interview

Fussballverband verteidigt Doppelbürger-Aussage: «Die Idee steht schon länger im Raum»

Die Aussage des Generalsekretärs des Schweizerischen Fussballverbands sorgt für Wirbel. Natispieler mit Migrationshintergrund sollen die Doppelbürgerschaft aufgeben. Jetzt äussert sich Marco von Ah, Mediensprecher des Verbands zu dieser umstrittenen Idee.
06.07.2018, 17:4807.07.2018, 08:55
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Herr von Ah, Alex Miescher, der Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbands, wirft in einem Interview die Frage auf, ob Nati-Spieler ihre Doppelbürgerschaften aufgeben müssen. Steht der Verband hinter dieser Aussage? 
MARCO VON AH: Ja. Der Verbandspräsident war darüber im Bilde, dass dieses Statement im Interview platziert wird und eine entsprechende Diskussion zu einem facettenreichen Thema lanciert wird.

Wie ausgereift ist diese Idee vom Verband bereits?
Sie steht schon länger im Raum und muss jetzt diskutiert werden. Als der Kosovo 2016 in die UEFA und FIFA aufgenommen wurde, warf dies einige Fragen auf. Sind nun Spiele für einen neuen Verband möglich? Oder behalten vorher getroffene Entscheidungen ihre Gültigkeit? Als Verband wollen wir unsere Spieler vor solchen Situationen schützen und alles dafür tun, dass sie sich aufs rein Sportliche konzentrieren können.

Im Interview sagt Herr Miescher, es sei insbesondere stossend, wenn teure Förderungsmassnahmen in die Spieler gesteckt werden und die später zur Konkurrenz abwandern.
Die Ausbildungen der Spieler sind sehr kostenintensiv. In jeder anderen Branche gilt dasselbe: Es ist ärgerlich, wenn ein junges Talent über Jahre gefördert wird, dann das Unternehmen verlässt und allenfalls noch das erworbene Know-how bei der Konkurrenz zum Tragen bringt. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Doppelbürgerschaften. Aber wir brauchen ein gewisses Commitment, dass die Spieler bei uns bleiben, wenn wir in sie investieren. Eine reglementarische Grundlage, auf die wir uns berufen können, würde solche Konfliktsituationen entschärfen. In anderen Ländern wird dies übrigens längst so gehandhabt.

Wo zum Beispiel?
Kamerun sieht keine mehrfachen Staatsbürgerschaften vor. Das betraf Breel Embolo, als er sich entschied, fürs Schweizer Nationalteam zu spielen. Norwegen bewilligt doppelte Staatsbürgerschaften nur in sehr wohl begründeten Ausnahmefällen.

«Wir versuchen einfach proaktiv zu handeln. Mit einem öffentlichen Diskussionsanstoss.»

Wie problematisch ist die Sache überhaupt in der Schweiz? Seit über zehn Jahren gab es genau zwei Fälle von relevanten Spielern, welche die Nationalmannschaft verlassen haben und nicht mehr für die Schweiz spielen.
Das belegt vor allem, dass wir einiges richtig gemacht haben in den letzten Jahren. Aber das ist kein Grund, das Thema nicht weiter intensiv zu verfolgen und zu diskutieren.

Warum gerade jetzt?
Weil Kosovo jetzt mitspielt und mit Bernard Challandes erst noch einen Schweizer als Nationaltrainer hat. Wir versuchen einfach proaktiv zu handeln. Mit einem öffentlichen Diskussionsanstoss.

Aber wie wollen Sie einem 20-Jährigen das Versprechen geben, in der Nationalmannschaft zu spielen? Falls er nicht aufgeboten wird, hat er seine Doppelbürgerschaft vergeblich aufgegeben.
Da müssen wir sicher mit Bedacht vorgehen. Wir wollen ja nicht vorsätzlich verhindern, dass junge Spieler internationale Spiele bestreiten können. Das war im Vorfeld der WM zum Beispiel in Frankreich Gegenstand von Diskussionen. Offenbar gibt es einige Spieler mit afrikanischem Hintergrund, die für Frankreichs A-Team ein- oder zweimal gespielt haben, nun aber sportlich als nicht mehr genügend eingestuft werden, jedoch nicht mehr für andere Nationen qualifiziert werden können.

Wenn Sie die Spieler vor die Wahl stellen, welche Staatsbürgerschaft sie behalten wollen, riskieren Sie, dass sich die Fussballer gegen die Schweiz entscheidet. Würden Sie es in Kauf nehmen, auf Ausnahmetalente wie Shaqiri und Co. zu verzichten?
Beim Schweizerischen Fussballverband ist niemand gegen mehrfache Staatsbürgerschaften. Aber wir sind sehr dafür, dass wir unsere Ressourcen nicht in die Ausbildung von Spielern investieren, die sich nicht dazu bekennen wollen, für die Schweiz zu spielen. Von den aktuellen Nationalspielern mit Migrationshintergrund geht sehr deutlich die Botschaft aus, dass sie von ihrer Ausbildung profitiert, von der Schweiz viel erhalten haben und darum etwas zurückgeben wollen. Was quasi ein Steilpass ist zur Aussage, dass die Fussball-Nationalmannschaft immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft ist.

So würde die Schweizer Nati ohne Doppelbürger aussehen

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So würde die Schweizer Nati ohne Doppelbürger aussehen
Mittelsturm: Michael Frey (FC Zürich).
quelle: keystone / ennio leanza
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So soll das legale Kiffen in der Schweiz ablaufen

Video: srf
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180 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fulehung1950
06.07.2018 18:10registriert Juni 2014
Ihr müsst nicht in der Schweiz eine schweizerische Lösung finden. Ihr müsst bei der FOFA durchsetzen, dass Spieler, die für die U18 und/oder U21 eingesetzt wurden, künftig nur noch für eben diese Nation spielen können. Wer den Aufgeboten für die Nachwuchsmannschaften nicht Folge leistet, ist raus.

Dann ist das ganz weltweit geregelt und ein Stück weit entpolitisiert. Jedes andere Vorgehen ist Unsinn.
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2r music
06.07.2018 18:12registriert November 2017
Die Spieler werden in den Clubs ausgebildet und später in den ausländischen Liegen „geschliffen“ und nicht beim SFV.
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saja
06.07.2018 19:01registriert Oktober 2014
Wie viele teuer ausgebildete deutsche Ärzte haben wir bereits ohne Entschädigung an D abgegrast, wohlverstanden inkl. Beschneidung der Talente in der CH, weil man deren Ausbildung nicht bezahlen will?
Aber wehe es droht einer Schweizer Institution mal ein kleiner Verlust, dann macht man ein riesen Theater und auf 'wir sind so nett und werden deswegen ausgenutzt'. Das ist so zum Kotzen.
Ein Kollege hat mal gesagt, Schweizer haben eine 'white glove burglar' -Mentalität. Leider hat er in vielen Fällen recht. Und nun blitzt mich zu Tode ;)
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