Es geschah kurz nach der ersten Stunde Sendezeit: Frauenrechtlerin Julia Onken versteigt sich in der «Arena/Reporter» zum Thema «Kast und die KESB» zur gewagten Aussage: «Mein Gott, eine Mutter, die dem Alten mal eins schlägt, wenn er blöd tut, das traumatisiert ein Kind nicht schwer.» Hintergrund der Diskussion war, dass Christian Kasts Frau Margie gegenüber ihrem Mann offenbar gewalttätig wurde.
Einen Satz, den Onken nicht bereut, wie sie auf Anfrage sagt – trotz konsternierten Reaktionen im Studio. «Dass Gewalt keine Lösung ist und zu verwerfen gilt, ist klar», sagt sie. Der Satz müsse in seinem Kontext gesehen werden. «Es ging darum zu sagen, dass ein Aussetzer nicht dazu führen sollte, dass einer Frau die Kinder weggenommen werden.»
Die watson-Leser aber werfen der Feministin nun in der Kommentarspalte des Artikels zur Sendung Doppelmoral vor. User «Jack the Raper» beispielsweise schreibt: «Man ersetzte das Wort ‹Mutter› durch ‹Vater› und mache aus ‹dem Alten› ‹die Alte› und ich bin gespannt, was Frau Onken dazu sagen würde.»
Ihre Aussage gelte umgekehrt für einen Mann nicht, so Onken. «Bei einem Mann ist das etwas anderes. Denn Männer haben in der Regel mehr Kraft und können sich wehren, sollten sie geschlagen werden.» Dies sei bei Frauen, die von ihren Partnern gewalttätig angegangen werden, oft nicht der Fall. Gewalt, die vom Mann ausgehe, sei somit gravierender.
Nicolas Zogg vom Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen hält Onkens Aussagen für «Unsinn»: «Es ist tragisch. Ihr Statement zeigt deutlich, wie sehr Gewalt an Männern in unserer Gesellschaft verharmlost wird.»
Würde jemand dieselbe Aussage mit einem Mann in der Rolle des Gewaltausübenden machen, wäre die Entrüstung riesig, ist sich Zogg sicher. «Doch wird ein Mann gewalttätig angegangen, scheint das für viele nicht schlimm zu sein.»
Äusserungen wie diese seien kontraproduktiv. «Für ein Mann ist es schwierig, sich als Opfer zu outen, weil dann das Rollenbild des starken Mannes in sich zusammenfällt.» Sätze wie jener von Onken zu einer prominenten Sendezeit seien deshalb umso mehr ein No-Go. Sie würden zu einer weiteren Bagatellisierung der Gewalt an Männern führen. Auch in Bezug auf das Kindeswohl sei Onkens Aussage absurd, so Zogg. «Gewalt in der Familie ist potenziell immer traumatisierend.»
In wie vielen Familien es zu häuslicher Gewalt kommt, zeigen die am Montag erschienenen Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS). So ist es im Jahr 2016 in diesem Bereich zu 17'685 Straftaten gekommen, das sind zwei Prozent mehr als im Jahr davor. In drei Viertel der Fälle waren Frauen die Opfer, 18 davon überlebten die Übergriffe nicht.
Die Statistik zeigt ebenfalls auf: Seit 2009 steigt der Vorwurf der häuslichen Gewalt bei Frauen. Ob das am Anzeigeverhalten der betroffenen Männer liegt oder ob eine grössere Gewaltbereitschaft der Frauen dahintersteckt, könne anhand der polizeilichen Kriminalstatistik nicht beurteilt werden, sagt das BFS auf Anfrage.
Zogg: «Männer wenden im häuslichen Bereich mehr körperliche Gewalt als Frauen an, sind aber auch von verschiedenen Formen von Gewalt betroffen.» Diese Opfer müssten ebenfalls ernst genommen werden, auch wenn die Täterinnen Frauen sind.»