Die Geschichte der als HSK-Kurse abgekürzten Unterrichtsform geht bis in die 1930er zurück. Damals organisierten Flüchtlinge aus dem faschistisch regierten Italien in grösseren Schweizer Städten erstmals Kurse in italienischer Sprache für ihre Kinder. Mit der fortgesetzten Einwanderung von «Gastarbeitern» aus Italien, Spanien, Portugal und verstärkte sich der Bedarf nach solchen Kursen in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg. Bis in die 1980er Jahre sollte mit den Kursen in erster Linie verhindert werden, dass Kinder den Anschluss an den Unterricht und an das Leben in ihrem Herkunftsland verlieren. Damit wollte man Kinder und Jugendliche auf eine spätere Rückkehr in die Gesellschaft des Herkunftslandes vorbereiten.
In den letzten 30 Jahren seien andere Aspekte in den Vordergrund gerückt, erläutert die Erziehungswissenschaftlerin Anja Giudici von der Universität Zürich. Sie hat vor einigen Jahren im Auftrag der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) eine Studie über die HSK-Kurse mitverfasst. Kinder aus fremdsprachigen Familien profitierten von formellem Unterricht in ihrer Erstsprache: «Die Forschung zeigt, dass es einfacher ist, die schriftlichen Fähigkeiten von einer Sprache in eine andere zu übertragen. Wer seine Erstsprache systematisch beherrscht hat gewisse Vorteile beim Erlernen des Deutschen und weiterer Fremdsprachen.»
Hinzu komme der Gedanke der interkulturellen Kompetenz, ergänzt Giudici und verweist auf ein Informationsblatt der Zürcher Bildungsdirektion zu den HSK-Kursen. Die Kinder lernten dabei die Kultur des Herkunftslandes ihrer Eltern besser kennen, heisst es dort. Damit könnten sie ihre Situation in der Schweiz besser reflektieren: «Dies unterstützt ihre Kompetenzen, sich in unterschiedlichen Kulturen zu bewegen und sich in die Aufnahmegesellschaft zu integrieren.»
Die Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur werden schweizweit in insgesamt 40 Sprachen angeboten. Je nach Kanton unterscheidet sich die Breite des Angebots sehr stark. Für Kinder mit einer hierzulande seltenen Muttersprache besteht teilweise die Möglichkeit, HSK-Kurse in anderen Kantonen zu besuchen.
Die unterrichteten Sprachen sind: Albanisch, Amharisch (Äthiopien), Arabisch, Bantusprachen, Bosnisch, Bulgarisch, Chinesisch (China), Chinesisch (Taiwan), Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Katalanisch, Koreanisch, Kroatisch, Kurdisch: Kurmanic, Kurdisch: Sorani, Malayalam (Indien), Mazedonisch, Persisch (Dari), Persisch (Farsi), Polnisch, Portugiesisch, Portugiesisch (Brasilien), Russisch, Schwedisch, Serbisch, Slowenisch, Somalisch, Spanisch, Spanisch (Lateinamerika), Tagalog (Philippinen), Tamilisch, Thai, Tibetisch, Tigrinnisch (Eritrea), Türkisch, Ungarisch, Vietnamesisch.
Die Kurse werden nicht von den Schweizer Schulbehörden durchgeführt. Sie werden von privaten Trägervereinen oder von den Botschaften ausländischer Staaten durchgeführt, welche auch die Finanzierung übernehmen. Die Kurse sind freiwillig und die Note – obwohl sie in manchen Kantonen im Schulzeugnis aufgeführt wird – hat keinen Einfluss auf den Gesamtschnitt.
In ihren «Empfehlungen zur Schulung der fremdsprachigen Kinder» hielt die Erziehungsdirektorenkonferenz bereits 1991 fest, HSK-Kurse von «mindestens zwei Stunden wöchentlich nach Möglichkeit in die Unterrichtszeit einzubauen». Sie sollten in geeigneter Form unterstützt werden. Die Umsetzung dieser Empfehlungen fällt in den einzelnen Kantonen sehr unterschiedlich aus. Die EDK erhebt seit längerem, wo welche Sprachen angeboten werden und die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen in den einzelnen Kantonen. Damit versuche man, einen Überblick über die schweizweite Situation zu erhalten, erläutert EDK-Sprecher Alexander Gerlings.
Einzelne wie Zürich haben einen Rahmenlehrplan ausgearbeitet und verlangen von den HSK-Lehrpersonen gewisse Qualifikationen. Andere Kantone haben keinerlei Vorgaben oder Überprüfungsmechanismen. In den 15 Kantonen, die sich im Rahmen des Harmos-Konkordat zu einer gewissen Vereinheitlichung des Schulwesens verpflichtet haben, müssen die HSK-Kurse die «religiöse und politische Neutralität» beachten. In der praktischen Umsetzung dieser Vorschrift gibt es aber grosse Unterschiede zwischen den Harmos-Kantonen.
Die Finanzierung ist grundsätzlich Aufgabe der privaten Trägerschaften. Der Bund kann im Rahmen des Sprachengesetzes Finanzhilfen «zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des Unterrichts in heimatlicher Sprache und Kultur (HSK)» gewähren. Ziel dieser Fördermittel ist es, die Weiterbildung der Lehrpersonen zu verbessern und neue Lehrmittel zu entwickeln. Gemäss Bildungsforscherin Anja Giudici gingen diese Finanzhilfen in erster Linie an die kantonalen Erziehungsdirektionen und die Pädagogischen Hochschulen.
«Die Kantone beziehungsweise die Schulgemeinden unterstützen die HSK-Kurse in erster Linie organisatorisch» sagt Alexander Gerlings von der EDK. Etwa, indem sie Schulzimmer oder Schulmaterialien kostenlos zur Verfügung stellen. Die Entlöhnung der HSK-Lehrpersonen übernehmen nicht die Kantone, sondern die Träger der Kurse, erklärt Gerlings.
«Je stärker das Angebot anerkannt und in die Volksschule integriert wird, desto stärker kann der Staat vorschreiben, was in den HSK-Kursen passiert», sagt Anja Giudici von der Universität Zürich. Sie verweist auf das Beispiel Schweden. Dort sei ein vergleichbarer Kurs ins Schulangebot integriert und werde bei Bedarf von staatlicher Stelle organisiert und finanziert: «Das wäre die Alternative, die am meisten Kontrolle ermöglicht», ist sie überzeugt. Eine solche Lösung bedeute aber auch, dass die Kantone für die Kosten dieses Angebots aufkommen müssten.