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Terrorismus

Terror-Alarm in Genf: Ist der IS jetzt in der Schweiz?

Erhöhte Alarmbereitschaft: Sicherheitskräfte bewachen den UNO-Sitz in Genf.
Erhöhte Alarmbereitschaft: Sicherheitskräfte bewachen den UNO-Sitz in Genf.
Bild: EPA/KEYSTONE

Terror-Alarm in Genf: Ist der «Islamische Staat» jetzt in der Schweiz?

Die Stadt Genf steht in Alarmbereitschaft. Die Polizei fahndet nach mehreren Terrorverdächtigen. Was wir bisher wissen.
11.12.2015, 07:3711.12.2015, 11:45
Annika Bangerter / bz basel
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Schwer bewaffnete Polizisten, zusätzliche Sicherheitskräfte vor dem UNO-Gebäude, dem Flughafen und dem Bahnhof, erhöhte Alarmstufe: In Genf fahndet die Polizei intensiv nach Terrorverdächtigen. Die Männer werden als gefährlich eingestuft. Aus einer vagen Bedrohung sei eine konkrete geworden, sagte gestern Emmanuelle Lo Verso, Mediensprecherin des Genfer Departements für Sicherheit und Wirtschaft. Bekannt ist erst wenig, viele Fragen sind noch ungeklärt. 

Was wissen wir über die Terrorverdächtigen?

Die Polizei sucht nach mehreren Männern. Die genaue Zahl ist unklar. Einige Medien berichten von vier, andere von fünf oder sechs Verdächtigen. Die Zeitung «Le Matin» hat gestern ein Foto veröffentlicht, das vier der Gesuchten zeigen soll. Zu sehen sind darauf dunkelhaarige Männer mit Bärten, die ihren rechten Zeigefinger in die Luft strecken. Diese Geste gilt als Zeichen unter Kämpfern des sogenannten «Islamischen Staats». Wie die Zeitung «Tribune de Genève» schreibt, sind die gesuchten Männer «bewaffnet und gefährlich».

Genfer Polizei sucht weiter nach verdächtigen Islamisten
Die Genfer Sicherheitskräfte suchen weiterhin nach mehreren Personen, die verdächtigt werden, Terrororganisationen zu unterstützen.

Das öffentliche Leben in Genf nahm am Freitagmorgen dennoch seinen normalen Lauf. Die Menschen gingen wie gewöhnlich zur Arbeit. Vom grossen Polizeiaufgebot war auf den ersten Blick nicht viel zu sehen, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur sda feststellte. (sda)

Woher wussten die Genfer Behörden von den Terrorverdächtigen?

Die «Tribune de Genève» gab an, dass die US-Behörden die vier Gesuchten als Sympathisanten des «IS» einstufen. Die Warnung und die Hinweise auf die Terrorverdächtigen sollen auch vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA stammen. Ob es einen Zusammenhang zum Attentat in Paris gibt, ist unklar. In diesem Punkt widersprechen sich die Genfer Behörden und die Bundespolizei.

Hat die Polizei bereits über Festnahmen informiert?

Der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet (FDP) sagte gestern Abend dem Westschweizer Radio (RTS), dass die Polizei sich in einer «sehr aktiven Phase der Fahndung» befinde. Nachdem in den Medien Fotos zirkulierten, entschloss sich Maudet zu informieren. Die Bevölkerung solle wissen, dass die Behörden Massnahmen zu ihrem Schutz ergriffen, sagte der Sicherheitsdirektor. Genf sei weit davon entfernt, wie Brüssel Schulen oder Theater zu schliessen. Maudet gab danach keine weiteren Details mehr bekannt. Gemäss «Le Matin» hat die Polizei am Nachmittag aber einen fünften Verdächtigen verhaftet. Die Zeitung stützt sich dabei auf die Aussagen eines Augenzeugen. Dieser beobachtete, wie Beamte einen kahlrasierten, bärtigen Mann an der Place du Cirque festnahmen. Er war alleine in einem Auto unterwegs und versuchte zu fliehen. Der beschriebene Mann passt zum Bild eines Verdächtigen, das «Le Matin» veröffentlichte. Dabei soll es sich um einen mutmasslichen Terroristen handeln, der in einem Video bereits mit Anschlägen in Genf, Vancouver und Ottawa gedroht hat.

Was haben die Männer geplant?

Wie die Bundesanwaltschaft in einer Medienmitteilung schreibt, liege das oberste Ziel darin, «ein terroristisches Ereignis zu verhindern». Konkrete Hinweise zu einem möglichen Attentat gibt die Bundesanwaltschaft aufgrund der laufenden Ermittlung jedoch nicht bekannt. Sie hat ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Terrorismus eingeleitet.

Wo ist die Polizei nun präsent?

Neben besonders heiklen Punkten wie dem Bahnhof, Flughafen oder der Synagoge wurden die Sicherheitskräfte beim Palais des Nations aufgestockt. Wie die Nachrichtenagentur SDA schreibt, stünden statt ein bis zwei nun drei oder vier Wachen vor den verschiedenen Eingängen. Einige Sicherheitskräfte seien mit Maschinengewehren bewaffnet. In den Gebäuden der UNO fanden bereits am Mittwochabend intensivierte Kontrollen statt. Zu einer Evakuierung kam es allerdings nicht, wie verschiedene Medien online berichteten. Heute findet ein Vorbereitungstreffen zu Syrien zwischen Vertretern der USA, Russland und den Vereinten Nationen statt. Gemäss der «Tribune de Genève» wurde das Treffen nun an einen geheimen Ort verlegt.

Die Polizei hat ihre Präsenz am Genfer Flughafen verstärkt.
Die Polizei hat ihre Präsenz am Genfer Flughafen verstärkt.
Bild: PIERRE ALBOUY/REUTERS

Wie hat die Schweiz an ihren Grenzen reagiert?

Es besteht der Verdacht, dass sich die Verdächtigen im Grossraum Genf aufhalten. Die Genfer Polizei mobilisierte für die Fahndung zusätzliche Sicherheitskräfte. Auch das Schweizer Grenzwachtkorps hat in der Region Genf die Alarmbereitschaft massiv erhöht. Wie die Nachrichtenagentur SDA schreibt, wurde sie auf die «maximale Kapazität» hochgefahren. Das Überwachungsnetz sei sehr engmaschig aufgestellt worden, sagte der Mediensprecher der Grenzwache, Michel Bachar, gegenüber der SDA. Für die Grenzgänger ändere sich aber vorerst nichts.

Was bedeutet das für die restliche Schweiz?

Abgesehen von der Region Genf hat sich die Sicherheitssituation in der Schweiz nicht geändert. Das sagt Isabelle Graber, Mediensprecherin des Nachrichtendiensts des Bundes gegenüber der «Nordwestschweiz». «Die Bedrohungslage wird seit Ende 2014 als erhöht eingestuft und hat sich Anfang November 2015 aufgrund von eingegangenen Hinweisen auf Anschlagsplanungen in Nachbarstaaten der Schweiz nochmals leicht erhöht», so Graber. 

Lesetipp: Die vergessenen Jahre des Terrors: In den 70ern und 80ern zogen Terroristen eine Blutspur durch Europa

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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NonplusUltra
11.12.2015 08:37registriert April 2015
Schon sehr blauäugig zu denken dass diese Herren nun nicht irgendwie nach Deutschland abhauen würden.... Aber man braucht ja dann Argumente um das neue Überwachungsgesetz durchzubringen...
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