Schweiz
Thurgau

Betrunkener lag auf Strasse – Fahrerin frei gesprochen

Betrunkener lag im Thurgau mitten auf Strasse – Fahrerin freigesprochen

17.01.2019, 13:4317.01.2019, 14:56
Mehr «Schweiz»

Eine Autofahrerin hat im Dunkeln auf einer Landstrasse im Thurgau einen auf der Strasse liegenden Betrunkenen überfahren. Der junge Mann starb auf der Unfallstelle. Nun ist die 47-jährige Frau freigesprochen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Unfall passierte am 20. September 2015 morgens um 6 Uhr. Die heute 47-jährige Beschuldigte wollte mit einem Lieferwagen Brot ausliefern und fuhr auf der Strecke von Unterstammheim in Richtung Dietingen.

Als die Autofahrerin in der Dunkelheit eine auf der Strasse liegende Gestalt wahrnahm, versuchte sie noch auszuweichen. Doch der Wagen überrollte den Mann. Der 25-Jährige starb noch am Unfallort an schweren Kopfverletzungen. Gemäss dem Obduktionsbericht hatte er 2.36 Promille Alkohol im Blut.

Das Bezirksgericht Frauenfeld sprach die Autofahrerin vor einem Jahr vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Sie habe den Unfall unter keinen Umständen vermeiden können, weil sie den mitten auf der Strasse liegenden Mann nicht rechtzeitig habe sehen können.

Zu diesem Schluss kam das Gericht, nachdem es den Unfall bei einem Augenschein nachgespielt hatte. Die vorsitzende Richterin steuerte den Versuchswagen selber und konnte die auf der Strasse deponierte Puppe nicht rechtzeitig sehen.

Betrunkener war allein

Das Thurgauer Obergericht kam zum selben Schluss und hat die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angehörigen des Opfers abgewiesen. Der Staat muss die Beschuldigte für die Verfahrenskosten entschädigen.

Gemäss dem Polizeibericht fuhr die Beschuldigte auf der Überlandstrecke mit einem Tempo von 60 km/h. Dies war nicht zu schnell, so das Obergericht. Mit einer quer auf der Strasse liegenden, dunkel gekleideten und deshalb schlecht erkennbaren Person habe die Frau nicht rechnen müssen, auch wenn in der Nähe ein Fest stattfand, bei dem angeblich viel Alkohol getrunken wurde.

«Es ist unüblich, dass sich eine stark betrunkene Person von einer solchen Party allein auf den Weg macht und auf einer Strasse quer zum Liegen kommt», heisst es im Urteil.

Angehörige fordern 100'000 Franken

Der Staatsanwalt und die Familienangehörigen verlangten einen Schuldspruch vor dem Thurgauer Obergericht. Die Frau habe gewusst, dass in dem Weiler eine Party stattfand und habe gemäss ihrer eigenen Angaben mit Betrunkenen gerechnet. Sie hätte den Unfall verhindern können, wenn sie langsamer gefahren und aufmerksamer gewesen wäre, argumentierte der Staatsanwalt.

Die Familienangehörigen und die Lebenspartnerin des Unfallopfers beantragten Schadenersatz und Genugtuung in der Höhe von über 100'000 Franken. Diese Forderungen hat das Thurgauer Obergericht auf den Zivilweg verwiesen. (aeg/sda)

Machen Dashcams unsere Strassen sicherer?

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Don Quijote
17.01.2019 14:00registriert April 2015
Wo kämen wir den hin, wenn man morgens ausserorts nur 40-50 km/h fahren dürfte, nur weil im Weiler nebenan gerade Party des Turnvereins war?

So Leid es mir für die Angehörigen tut, ich denke, der Fahrerin geht es sicherlich auch nicht besser, denn die hat ohne Absicht einen Menschen umgebracht und musste sich danach mehrere Jahre durch die Gerichtsinstanzen quälen!
2675
Melden
Zum Kommentar
avatar
Olmabrotwurst vs. Schüblig
17.01.2019 13:46registriert Dezember 2014
Ist aber auch dreisst 100k zuverlangen, das Geld ersetzt denn Menschen auch nicht.
1502
Melden
Zum Kommentar
12
Unveröffentlichte Online-Kommentare lassen Beschwerdezahl steigen

Eine neue Beschwerdemöglichkeit macht der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) mehr Arbeit. Dass nun auch wegen der Nichtveröffentlichung von Kommentaren auf SRG-Online-Foren Beschwerde geführt werden kann, lässt die Zahl der Fälle steigen.

Zur Story