«Hier schmeissen die ‹jeunes filles› ihr Rückfahrtsticket aus dem Fenster», lacht Susanne, als sie auf das Bahntunnel bei Puidoux zeigt. Die Ostschweizerin lebt seit Jahrzehnten in der Romandie. Früher kam sie mal für ein Au-Pair-Jahr hierher. Damals verliebte sie sich als «jeune fille» in die Gegend.
Aus dem Fenster hatte sie ihr Rückfahrtsticket nicht geschmissen. Hätte sie es damals getan, ich hätte sie verstanden. Es gibt nicht viele Orte in der Schweiz, in welchen es sich tatsächlich lohnt, den Blick von der watson-App zu nehmen. Aber wenn es einen gibt, dann diesen.
Drum gönnt euch mal eine Zugreise via Bern und Fribourg nach Lausanne. Durch den Kanton Fribourg ist's schön ländlich, zwischendurch fragt man sich, was für Schlösser da immer wieder auftauchen. Irgendwann passiert man den unspektakulären Bahnhof von Poidoux-Chexbres. Spätestens jetzt sollte man – wie gesagt – die watson-App kurz verlassen und die Kamera des Smartphones öffnen.
Denn es folgt der wohl schönste Moment im Leben von SBB-Reisenden: Die Ausfahrt aus dem Tunnel bei Puidoux. Es macht «Zack!» und die ganze Schönheit des Lac Léman mit seinen Rebbergen am Ufer und den französischen Alpen gegenüber springt dich an. Das haut dich einfach um. Man kann es auf den Bildern hier kaum sehen, man muss es erlebt haben.
Abends verwandeln tausende Lichter die Gegend in ein Märchenland. Eigentlich muss man also zweimal durch den Tunnel fahren. Mindestens. Und nein, mit dem Auto auf der Autobahn ist es nicht das Gleiche. Auch mit dem Velo nicht, wenn man bisschen weiter oben auf der Strasse die Aussicht geniesst. Es ist wirklich die Mischung der Bahn, die auf der einen Seite ins dunkle Tunnel führt und auf der anderen Seite mit diesem Panorama aufwartet.
Abends kann ich bei Christian, den ich ziemlich am Anfang der Tour dur d'Schwiiz auf dem Weg nach Bosco Gurin kennenlernte, in Blonay übernachten. Ich frage ihn, ob er die Geschichte mit den jeunes filles und den Rückfahrttickets auch kennt. Er lacht nur: «Ach was, das machen nicht nur die jeunes filles, das machen alle Deutschschweizer.»