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Teufelsfrucht Avocado: Wie schädlich ist sie wirklich?

Hat momentan keinen guten Ruf: die Avocado.
Hat momentan keinen guten Ruf: die Avocado.Bild: shutterstock

«Die Avocado ist keineswegs böse» – Experte räumt mit Mythen um die Teufelsfrucht auf

Zürcher Gastronomen kippen die Avocado aus dem Angebot. Grund dafür ist die schlechte Ökobilanz der Trendfrucht. Ein Experte erklärt, warum die Frucht alles andere als ein Klimasünder ist. 
21.10.2018, 11:2823.10.2018, 17:25
Helene Obrist
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Sie hat es derzeit nicht leicht. Einst als Shootingstar unter den Lebensmitteln gehandelt, ist die Avocado heute der Prügelknabe schlechthin. Mehrere Zürcher Gastrobetriebe, darunter das Hiltl, streichen die Avocado von der Menükarte, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Grund dafür ist ihre schlechte Ökobilanz.  

In this photo taken April 6, 2015 in Miami, shows a grove of avocado trees decimated by laurel wilt. The fungus, which is spread by the tiny ambrosia beetle, spreads and kills avocado trees quickly. F ...
Nicht einmal mehr vegan? Weil die Avocado nicht selbstbefruchtend ist, braucht es dafür Bienenvölker, die die Früchte bestäuben. Dafür werden die Insekten häufig auf Lastern von Feld zu Feld transportiert. Dabei handelt es sich technisch gesehen um Massentierhaltung. Bild: AP/AP

Doch wie umweltschädlich ist die Frucht wirklich? Ursprünglich stammt der Avocadobaum aus den bergigen Regenwäldern Zentralamerikas und Südmexikos. Bis heute gehört Mexiko zum grössten Exporteur der grünen Frucht, gefolgt von Peru. Die landwirtschaftliche Massenproduktion braucht extrem viel Platz. Aufgrund der steigenden Nachfrage werden immer mehr Urwaldflächen gerodet, meist auch illegal. Hinzu kommt der enorme Wasserbedarf der «Aguacate», wie sie auf Spanisch genannt wird. Ein Kilo der Frucht benötigt rund 1000 Liter Wasser. 

Dennoch beschwichtigt Manuel Klarmann, CEO des ETH-Spin-Offs Eaternity: «Die Avocado ist keineswegs ‹böse›. Sie als Klimasünder zu verschreien – das sind schon fast Fake News.» Auch die Reaktion der Zürcher Gastronomen auf die Negativschlagzeilen versteht Klarmann nicht. «Das wirkt auf mich eher wie eine PR-Aktion.»

Er muss es wissen. Der Jungunternehmer berechnet für Unternehmen und Gastrobetriebe die Umweltbilanz von einzelnen Lebensmitteln. Er misst unteranderem den CO2-Gehalt, den Wasserverbrauch und die Kalorienanzahl von Früchten, Gemüsen oder Fleisch. 

Die Avocado müsse viel differenzierter betrachtet werden, so der 34-Jährige. «Sie ist eine Kalorienbombe. Da ist es gerechtfertigt, wenn sie auf einen etwas höheren CO2-Gehalt kommt als andere Früchte.» Pro Kilogramm Avocado, die aus Mexiko mit dem Schiff transportiert werden, werden laut Klarmann 1030 Gramm CO2 ausgestossen. Bei der Tomate, rechnet Klarmann vor, sei der CO2-Gehalt zwar geringer (550 Gramm mit Transport), «jedoch enthält sie kaum Kalorien oder Fett – im Gegensatz zur Avocado.»

Avocado
Wegen ihrer ungesättigten Fettsäuren gilt die Avocado als guter Ersatz für fettreiche Produkte wie Butter oder Eier.Bild: shutterstock

Klarmann nennt ein weiteres Beispiel: «Frischkäse aus der Schweiz kommt schon auf 3240 Gramm CO2 pro Kilogramm». Eine dreimal schlechtere Klimabilanz als die Avocado. Ein Fakt, der aufhorchen lässt. 

«Lebensmittel, die von weit weg kommen, sind nicht per se schlechter als regionale Produkte», führt Klarmann weiter aus. Das Transportmittel spiele dabei eine enorm wichtige Rolle. «Wenn Avocados von Spanien eingeflogen werden, ist das für die Ökobilanz viel schlechter, als wenn sie von Mexiko her mit dem Schiff kommen.» Darauf müssten Gastrobetriebe besonders achten, wenn sie ihre Avocado-Bilanz verbessern wollen. 

Raeumlichkeiten des Vegetarier-Restaurant Tibits von Rolf Hiltl im Seefeld Zürich. (Aufnahme Februar 2002). (KEYSTONE/MARTIN RUETSCHI)
Ab nächsten Montag sucht man am Hiltl-Buffet vergeblich nach Gerichten mit Avocado. Bild: KEYSTONE

Rolf Hiltl, Inhaber und Geschäftsführer der gleichnamigen vegetarischen und veganen Restaurants, ist sich bewusst, dass die Avocado nur ein kleiner Teil der Ökobilanz seines Unternehmens ausmacht. Als «reine PR-Aktion» sieht er das Streichen der Avocado aus dem Sortiment jedoch nicht. «Gemäss unserem Leitbild wollen wir nicht nur Mensch und Tier Sorge tragen, sondern auch der Umwelt. Und irgendwo muss man ja beginnen», erklärt Hiltl. Natürlich seien auch sie nicht perfekt. «Wir möchten mit dieser Aktion aber ein Zeichen setzen.»

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quelle: shutterstock
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Wie der Foodtrend unsere Umwelt zerstört

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El Vals del Obrero
21.10.2018 11:47registriert Mai 2016
Wenn man etwas mal pro Kilogramm und mal pro Kalorie (pro Volumen wäre auch noch eine Möglichkeit) vergleicht, können sicher ganz verschiedene Zahlen rauskommen.

Ausserdem gibt es auch noch andere Faktoren als das CO2, etwa Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise dort wo es als Grundnahrungsmittel dient.

Es stimmt aber sicher, dass es weder schwarz noch weiss ist. Aber in der heutigen Hype- und Gegenhype-getriebenen Social Media-Gesellschaft haben es Grautöne schwer.
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jjjj
21.10.2018 11:49registriert Dezember 2015
Hauptsache das Hiltl setzt ein Zeichen. Dann kann man wieder selbstgerecht Essensbilder auf Insta stellen und dann nach Bali ins Yoga retreat fliegen...
#healthy #plantbased
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kettcar #lina4weindoch
21.10.2018 13:18registriert April 2014
Im Hiltl/Tibits dürfte es auch noch den angenehmen Nebeneffekt haben, dass eine der teuersten Speisen im Einkauf auf dem Buffet verschwindet. Also nebenbei auch eine Sparmassnahme.
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