Schweiz
Videos

Istanbuler Staatsanwaltschaft ermittelt zu Erdogan-Plakat in Bern

FILE PHOTO: People hold banners and flags during a demonstration against Erdogan dictatorship and in favour of democracy in Turkey, in Bern, Switzerland March 25, 2017. REUTERS/Ruben Sprich/File Photo
Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Wegen «Beleidigung des Präsidenten»: Istanbul ermittelt zu Erdogan-Plakat in Bern

27.03.2017, 11:4927.03.2017, 15:54
Mehr «Schweiz»

Auslandstürken in der Schweiz können seit Montag über das Referendum für ein Präsidialsystem in ihrem Land abstimmen. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft leitete derweil wegen des umstrittenen Erdogan-Plakats an einer Demonstration in Bern rechtliche Schritte ein.

An der Kundgebung am Samstag hatten mehrere tausend Menschen für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Türkei demonstriert. Zu sehen war dabei auch ein Transparent mit einem Porträt von Staatschef Recep Tayyip Erdogan sowie einer auf ihn gerichteten Pistole. Darunter stand übersetzt: «Töte Erdogan mit seinen eigenen Waffen».

Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu nun am Montag verlauten liess, ermittelt die Istanbuler Staatsanwaltschaft wegen «Mitgliedschaft in einer Terrororganisation», «Beleidigung des Präsidenten» und «Propaganda für eine Terrororganisation».

Ersuchen ist rechtens

Die türkischen Behörden könnten im Rahmen ihrer Strafuntersuchung wegen des Plakats die Schweiz um Rechtshilfe ersuchen, sagte Folco Galli, Informationschef des Bundesamtes für Justiz (BJ), am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Grundlage der Zusammenarbeit sei das Europäische Rechtshilfeübereinkommen, das beide Staaten ratifiziert hätten.

Bereits am Sonntag hatte die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland wegen des Plakats ein Verfahren wegen öffentlichen Aufrufs zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit eröffnet. Es handle sich um ein Offizialdelikt, sagte Dominik Jäggi, Sprecher der Berner Kantonspolizei, am Montag. Eine Strafanzeige wegen der Kundgebung plant auch die Stadt Bern.

Erdogan hatte sich über das Plakat empört und die Demonstration als «Versammlung von Terroristen» bezeichnet. Wegen des Vorfalls bestellte die türkische Regierung am Sonntag den Schweizer Botschafter in Ankara ins Aussenministerium ein.

Stimmabgabe für Referendum gestartet

Das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Türkei ist vor dem Verfassungsreferendum gespannt. Die Schweizer Behörden hatten zuletzt ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Spionage gegen Mitglieder der türkischen Gemeinde eingeleitet.

Die Türken entscheiden am 16. April in einer umstrittenen Volksabstimmung über die Einführung eines Präsidialsystems. Erdogan würde durch die Verfassungsreform weitreichende Vollmachten bekommen.

In der Schweiz, Österreich, Deutschland, Belgien, Dänemark begann die Stimmabgabe der im Ausland lebenden wahlberechtigten Türken bereits am Montag. In einigen Staaten beginnt die Abstimmung in den Auslandsvertretungen später.

Urnen in Bern, Zürich und Genf

Hierzulande stehen in den drei diplomatischen Missionen der Türkei in der Schweiz Urnen für die Abstimmung bereit. Ihre Stimme abgeben können Türkinnen und Türken bis zum 9. April in der Botschaft in Bern sowie in den beiden Generalkonsulaten in Zürich und Genf.

Vor der türkischen Botschaft in Bern ist die Durchfahrt bis zu diesem Datum tagsüber für den Verkehr aus «Sicherheitsgründen» gesperrt, wie Polizeisprecher Jäggi sagte. Die Berner Kantonspolizei beobachte die Lage rund um die Botschaft laufend.

Auch das türkische Konsulat in Zürich wird nach Angaben von Marco Cortesi, Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, permanent bewacht. Bis zum 9. April würden mehrere zehntausend Menschen aus verschiedenen Regionen und dem grenznahen Ausland erwartet.

Etwa 130'000 Personen türkischer Herkunft leben in der Schweiz, rund 95'200 sind wahlberechtigt. Fast die Hälfte der knapp drei Millionen registrierten wahlberechtigten Türken im Ausland leben in Deutschland. (nfr/sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
26 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
NWO Schwanzus Longus
27.03.2017 12:27registriert November 2015
Die AKP Regierung versucht sich gerade als Opfer von Europa zu verkaufen. Es ist deren Wahlkampftaktik zu sagen Türken schaut, Europa ist gegen uns nur das Präsidalsystem kann die Türkei stärker machen vor Angriffen Europas. Sie versucht zudem von der Gescheiterten Integration ihrer Landsleute in Europa abzulenken und spielt ungerechtfertigt die Karte Rassismus Islamophobie aus.
855
Melden
Zum Kommentar
avatar
saukaibli
27.03.2017 12:59registriert Februar 2014
Also für mich ist das Beleidigendste, vor allem für das türkische Volk, Erdogans Verhalten. Mitlerweile ist es wirklich nur noch peinlich und lächerlich. Merkt er wirklich nicht, dass ihn die ganze Welt auslacht? Oder ist es ihm egal, solange seine Wuttürken für die Diktatur stimmen? Oder liefert er sich einen Wettkampf mit Trump, wer ein peinlicheres Staatsoberhaupt abgibt?
691
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pasch
27.03.2017 12:39registriert Oktober 2015
Wie ein Kleinkind, und Bern reicht ihm auch noch den Nuggi...
575
Melden
Zum Kommentar
26
Bundesgericht kippt Entscheid des Schaffhauser Kantonsrats

Niederlage für die bürgerliche Mehrheit im Schaffhauser Kantonsrat: Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben, weil er die Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt.

Zur Story