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Wahlen 2015: Die BDP macht sich das Leben selber schwer

Fleissig wie die Bienen: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Wahlplakaten der BDP.
Fleissig wie die Bienen: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Wahlplakaten der BDP.
Bild: KEYSTONE

Parteien im Profil: Die BDP will sachlich bleiben – auf Gedeih und Verderben

Die BDP muss bangen: Fehlendes Profil und die Abhängigkeit von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf sind eine Hypothek für die junge Partei. Ihr Chef aber gibt sich unverdrossen.
29.09.2015, 12:0529.09.2015, 12:20
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Eine Quizfrage, die keine ist: Welche Partei lässt Schweizer Rechtsbürgerliche rot sehen? Die SP ist es nicht, sie gilt als «Klassenfeind», aber bei ihr weiss man, woran man ist. Der Zorn der Rechten richtet sich vielmehr gegen eine Gruppierung, die ihnen vom Namen her nahe stehen sollte: Die Bürgerlich-Demokratische Partei der Schweiz (BDP).

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«Die BDP behauptet, sie sei bürgerlich, aber eigentlich ist sie linksextrem», lästerte Markus Somm, Chefredaktor der «Basler Zeitung» und FDP-Mitglied mit Rechtsdrall, kürzlich im Gespräch mit watson. Eine typische Somm-Provokation, die ein Schlaglicht wirkt auf die Gefühlslage in den Reihen von FDP und SVP. Dort wird die BDP nicht gerade als linksextrem wahrgenommen, aber als Steigbügelhalterin der Linken und mitschuldig am Linksrutsch im Parlament.

Parteichef Martin Landolt widersetzt sich der Forderung nach mehr Profilierung.
Parteichef Martin Landolt widersetzt sich der Forderung nach mehr Profilierung.
Bild: KEYSTONE

Martin Landolt verdreht die Augen, als ihm Somms Etikettierung zugetragen wird. Der Glarner Nationalrat und Präsident der BDP Schweiz kennt die Ressentiments. Seine Partei wolle aus der Mitte heraus Probleme lösen und gehe zu diesem Zweck Allianzen ein, sagt Landolt: «Bedauerlicherweise findet man auf der linken Seite mehr kompromissbereite Partner.» Gäbe es diese auch rechts, käme es zu mehr Bündnissen auf dieser Seite.

Im NZZ-Rating des Politgeografen Michael Hermann ist die BDP leicht rechts der Mitte situiert, praktisch auf gleicher Höhe mit der CVP. Eine Verschiebung fand trotzdem statt, wie Hermann schreibt: «Während die BDP zu Beginn eher der FDP näherstand, gleicht sie sich politisch immer stärker der CVP an.» Gemeinsam mit dieser sorgte sie dafür, dass sich die Gewichte im Parlament besonders in der Sozial- und Energiepolitik nach links verschoben.

Die CVP machte ihrer «Juniorpartnerin» entsprechende Avancen, sie wollte mit ihr eine gemeinsame Fraktion bilden. Die BDP-Basis wollte davon nichts wissen, sie fürchtete um die Eigenständigkeit der Partei. Der Versuch, sich allein im Politdschungel zu behaupten, ist jedoch tückisch. Der häufigste Vorwurf an die Adresse der BDP ist ihre angebliche Profillosigkeit. Was will diese Partei? Welche Positionen vertritt sie?

Gründungsversammlung der BDP am 1. November 2008 in Glarus.
Gründungsversammlung der BDP am 1. November 2008 in Glarus.
Bild: KEYSTONE

Der Parteichef mag diese Fragen kaum noch hören. «Die Forderung nach mehr Profilierung geht uns gegen den Strich, sie zwingt zur Banalisierung», sagt Martin Landolt. Seine Partei fühle sich der Sache verpflichtet. Viele Leute würden genau dies vermissen und eine solche Einstellung als wohltuend empfinden. Fragt sich nur, ob sie ins Zeitalter von Social Media und 24-Stunden-News passt. Der Präsident ist sich dessen bewusst. «Wir machen uns das Leben selber schwer, aber das ist unser Weg», erklärt Landolt. Er wirkt dabei sowohl trotzig wie fatalistisch.

Vieles hängt von Eveline Widmer-Schlumpf ab. Wie geht es weiter, wenn sie zurücktreten oder abgewählt werden sollte?

Die Mühen der BDP erklären sich vielleicht aus ihrer Entstehung. Sie ist ein politischer Bastard, verstossen von der SVP nach der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat 2007. Weil die Statuten einen direkten Ausschluss der «Verräterin» Eveline Widmer-Schlumpf nicht erlaubten, wurde die ganze Bündner Kantonalsektion rausgeworfen. Ihr folgten einige Vertreter der alten, gemässigten Berner SVP, darunter Bundesrat Samuel Schmid.

Das Image der «anständigen SVP» und der Neuheiten-Bonus verhalfen der BDP zu beachtlichen Erfolgen, 2011 holte sie neun Sitze im Nationalrat und einen im Ständerat. Nun droht ein Ende der Herrlichkeit, die Prognosen sind unerfreulich. Martin Landolt ist unverdrossen: «In den Umfragen stehen wir besser da als vor vier Jahren.» 

Dennoch muss seine Partei zittern, vor allem im Kanton Bern, aus dem fünf der zehn Fraktionsmitglieder stammen. Bern verliert dieses Jahr einen Sitz im Nationalrat. Bei den kantonalen Wahlen 2014 musste die BDP Federn lassen, sie verlor elf ihrer 25 Sitze im Grossen Rat. Letztes Jahr trat zudem mit Ursula Haller eines ihrer Aushängeschilder aus dem Nationalrat zurück.

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Mit prägnanten Köpfen ist die BDP ohnehin nicht gesegnet. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf gehört dazu, der frühere Präsident Hans Grunder und sein Nachfolger Martin Landolt. Der clevere Glarner wurde in den Medien auch schon als vielleicht stärkster Parteipräsident in der hiesigen Politlandschaft bezeichnet. Die Wahl der Zürcher Nationalrätin Rosmarie Quadranti zur Fraktionschefin aber wurde weitherum als Versuch interpretiert, ihren faktisch inexistenten Bekanntheitsgrad aufzupolieren. Mit herzlich wenig Erfolg.

Vieles hängt von Eveline Widmer-Schlumpf ab. Wie geht es weiter, wenn sie zurücktreten oder abgewählt werden sollte? Droht der BDP dann der Sturz in die Bedeutungslosigkeit? Parteichef Landolt gibt sich optimistisch und ist doch auf alles gefasst: «Wir gehen unseren Weg, auf Gedeih und Verderben.»

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#GoVoteCH ist eine Compilation mit 3 x 26 Tracks aus der Schweiz. Und #GoVoteCH will die Wahlbeteiligung erhöhen: Die 78 Artists rufen deshalb für den 18. Oktober 2015 zur Wahl auf. Denn: «Im Bundeshaus wird vieles entschieden, das im Alltag Auswirkungen hat. Wählen ist ein Privileg. Wer kann, soll.» #GoVoteCH ist ein Projekt der Zeitschrift «Helvezin».
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