Toblerone ist jetzt halal. Das gab das Unternehmen diese Woche bekannt, und einigen Schoggi-Fans ist bei diesem Satz der Appetit vergangen. Jedenfalls ist das den Kommentaren in den sozialen Medien zu entnehmen. Auf Twitter und Facebook riefen einige Kommentatoren zum Boykott von Toblerone auf, weil sich das Unternehmen angeblich den islamischen Ernährungsvorschriften fügt.
Auch wenn Konsumenten teilweise überrascht auf die Neuigkeit reagiert haben, dass das Unternehmen Mondelez, dem Toblerone gehört, nun offiziell halal produziert: Mondelez ist kein Einzelfall. Auch andere Schweizer Unternehmen haben Produkte und Rohstoffe zertifizieren lassen.
Mit einem Zertifikat sichert ein Hersteller den Kunden zu, dass bei der Herstellung eines Produktes die islamischen Ernährungsvorschriften beachtet wurden. In diesem Herbst gab zum Beispiel die Basler Ricola AG bekannt, dass die Bonbons nun halal-zertifiziert sind.
Emmi liess die ersten Produkte sogar bereits im Jahr 2000 zertifizieren. Auch Nestlé, Wander, Maggi und Barry Callebaut besitzen Halal-Zertifikate. Nestlé betreibt gar ein eigenes Halal-Kompetenzzentrum in Malaysia. Dort werden verschiedene Produkte entwickelt und erforscht.
Grund dafür, dass sich viele Unternehmen für eine Zertifizierung entscheiden, ist der Zugang zu den stark wachsenden Schwellenländern. Von diesen haben viele eine grosse muslimische Bevölkerung, die jung und konsumorientiert ist. Das sagt Mounir Khouzami vom Swiss Arab Network.
Das Non-profit-Netzwerk hat zum Ziel, die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den arabischen Ländern zu fördern. Als Beispiel für seine Aussage nennt er Indonesien. Die Schweiz hat mit dem Land am 16. Dezember ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. «In Indonesien werden laut Zahlen der UNO im Jahr 2050 ca. 350 Millionen Menschen leben. Das ist ein riesiger Markt», sagt Khouzami.
Indonesien gehört zu den Ländern, die ihre Bestimmungen bezüglich der Zertifikate verschärft haben. Ab 2019 tritt in Indonesien ein Gesetz in Kraft, welches verlangt, dass alle importierten Produkte mit einem Halal-Logo gekennzeichnet sind, welches spezifisch von den indonesischen Behörden vergeben wird. Andere Länder wie Malaysia und Singapur haben eine ähnliche Praxis. Für Unternehmen ist das eine Herausforderung. Denn ein einzelnes Zertifikat reicht häufig nicht aus, um die Produkte in allen gewünschten Ländern vertreiben zu können.
Ein Lied davon singen kann etwa die Ricola AG. Die Bonbons von Ricola entsprechen zwar dem Standard des Halal Food Council of Europe (HFCE). Für den Vertrieb in Indonesien muss Ricola jetzt aber noch zusätzlich das lokale Zertifikat Majelis Ulama Indonesia (MUI) beantragen.
Ein Zertifikat zu erhalten, ist für die Unternehmen ein aufwendiger Prozess. Für jedes Zertifikat nehmen externe Experten alles unter die Lupe: die Warenherkunft, die Produktionsstätten und die Abläufe in der Herstellung. Die Überprüfung der Unternehmen wird von Personen vorgenommen, die sich mit Lebensmitteltechnologie auskennen und eine Ausbildung in islamischem Recht absolviert haben.
Wegen des grossen Aufwands wünschen sich viele Unternehmen ein einziges Zertifikat, welches überall Gültigkeit besitzt. Zum Beispiel Nestlé. Das Unternehmen lässt zwar offen, wie viele Zertifikate es jährlich beantragt. Auf Anfrage schreibt es aber: «Wir würden es vorziehen, wenn die verschiedenen Zertifikate abgestimmt wären und die Länder ihre Zertifikate gegenseitig anerkennen würden.»
Nestlé sei mit verschiedenen Regierungen in Kontakt, um dies zu erreichen. Auch Ricola wäre froh über eine Vereinheitlichung. «Ein Zertifikat mit weltweiter Gültigkeit wäre praktisch und deshalb zu befürworten», schreibt das Unternehmen.
Damit, dass bald nur mit einem Zertifikat in alle Länder exportiert werden kann, rechnet Farhan Tufail, der Gründer der Schweizer Firma HCS, nicht. Ein Grund dafür ist laut Tufail, dass es zwischen den muslimischen Ländern Unterschiede gibt, wie streng sie gewisse religiöse Vorschriften befolgen.
Dazu kommen wirtschaftliche Gründe: Landesspezifische Halal-Zertifikate seien auch Teil der Handelspolitik eines Landes, sagt Tufail. «Gerade grosse Länder wollen ihren Markt schützen. Sie bauen deshalb gewisse Hürden, um den Import zu kontrollieren.» Weiter spreche gegen eine mögliche Vereinheitlichung, dass die Zertifikate auch eine Einnahmequelle sind. Die Zertifikate müssen jährlich erneuert und bezahlt werden.