Der Ärger war gross. Am Wochenende fielen am Flughafen Zürich gleich mehrere Flüge aus. Allein wegen des Wetters wurden am Samstag sechs, am Sonntag gar 26, und am Montag wieder sechs Flüge abgesagt. Zudem kam es zu zahlreichen Verspätungen.
Hunderte Passagiere waren vom Flugchaos betroffen und liessen ihrem Ärger via soziale Medien freien Lauf. «Halbes Dutzend Lufthansa-Flüge gecancelt, keine Begründung, aber drei Stunden Schlange stehen. Modern Times», schreib ein enervierter Passagier. «Swiss, die fliegende SBB», lautete ein anderer hämischer Spruch.
Vor allem am Sonntag sind mehrere Faktoren zusammen gekommen. Da in zahlreichen Kantonen die Ferien begonnen haben, wollten überdurchschnittlich viele Passagiere abheben.
Gleichzeitig mussten die Piloten wegen diversen Gewitterzellen ihre An- und Abflugrouten von und nach Zürich ändern. Die Flugaufsichtsbehörde Skyguide stellte auf das sogenannte Ostkonzept um, bei dem die Flugkapazität begrenzt wird.
Der Grund: Wegen eines umstrittenen Gerichtsentscheids gegen einen Skyguide-Fluglotsen, meldeten sich mehrere Arbeitskollegen des Verurteilten krank.
«Solche Situation sind nicht wirklich planbar», sagt Flughafen-Sprecherin Sonja Zöchling. Zwar würden alle Flughafen-Partner ihr Personal auf die Sommerzeit hin aufstocken, um den zusätzlichen Ferienverkehr bewältigen zu können. Generell funktioniere die Infrastruktur gut. «Auf äussere Einflüsse hat hingegen niemand einen Einfluss.»
Angesichts des prognostizierten Passagierwachstums drohen künftig vermehrt derartige Chaos-Tage. Trotz der Klimadebatte: «Die Nachfrage ist ungebrochen», sagt Zöchling.
So rechnet der Flughafen dieses Jahr im Sommerflugplan erstmals mit über 90 sogenannten Hochfrequenztagen, an denen über 100'000 Passagiere via Zürich reisen. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor zählte Zürich erst 63 solcher Hochfrequenztage, und vor zwei Jahren erst 22.
«Wir rechnen damit, dass auch dieser Sommer für alle Beteiligten erneut zu einer Herausforderung wird», sagt Zöchling. Die Ursachen sieht sie im überlasteten Luftraum über Europa und bei der Flugsicherung, allen voran der deutschen, die mit Personalengpässen zu kämpfen hat.
Damit steigt der Aufwand für den Flughafen sowie die Airlines, die sich um gestrandete Passagiere kümmern müssen und ihnen je nach Wartezeit eine Hotelunterkunft und eine Entschädigung bezahlen müssen. Falls nötig, unterstützt der Flughafen die Airlines, wenn zum zum Beispiel keine Hotelzimmer in der Nähe mehr verfügbar sind und die Passagiere deshalb am Flughafen übernachten müssen. «Dann stellen wir Matratzen zur Verfügung», sagt Zöchling. Vergangenes Wochenende sei dies allerdings nicht nötig gewesen.
Hingegen geriet die Infrastruktur zuweilen an ihre Grenzen. So war etwa eine wichtige Rolltreppe überlastet, die zu einer der Passkontrollen führt. Sie fiel zeitweise aus, da sich zu viele Passagiere darauf befanden und sich die Schlange bis weit nach oben staute. Zöchling sagt, dass derartige Situationen zumindest weniger oft entstehen, da zuletzt die Kantonspolizei bei der Passkontrolle das Personal aufgestockt hat.
Laut der Sprecherin haben der Flughafen, Skyguide und die Airline Swiss verschiedene Massnahmen geplant, um das Problem zu minimieren. Die wirklich grossen, griffigen Massnahmen seien allerdings auf politischer Ebene blockiert. Dazu gehört unter an dem die Entflechtung der An- und Abflugrouten im Ostkonzept, das von Deutschland verhindert wird, oder ein neues Konzept mit den umstrittenen Südstarts geradeaus, das sich noch im Bewilligungsprozess befindet.
Die Lufthansa-Tochter hat derweil ihre Reserveflugzeuge aufgestockt und plant beim Personal grosszügiger, um einen Chaos-Sommer wie im Vorjahr zu verhindern. Im Mitarbeitermagazin sprach ein Swiss-Manager zuletzt von «einem Sommer zum Vergessen.»
Die Bemühungen der Fluggesellschaft haben jedoch auch zur Folge, dass manche Langstrecken-Passagiere noch immer mit den alten A340-Flugzeugen Vorlieb nehmen müssen.
Ursprünglich hätten alle Kabinen der fünf verbliebenen A340Maschinen bereits letztes Jahr modernisiert werden sollen, damit ihr Interieur wie jenes der neuen Boeing-777-Flugzeuge daherkommt. Doch Zertifizierungsprobleme führten dazu, dass bis heute zwei Maschinen noch immer mit alten Sitzen und Unterhaltungssystemen durch die Welt düsen.
Laut dem deutschen Branchenportal «Airliners.de» belässt es die Swiss die kommenden Monate nun dabei. Der Umbau muss warten, weil die Fluggesellschaft jede Maschine im Einsatz belassen möchte, um auf Verspätungen und Ausfälle möglichst rasch reagieren zu können. (bzbasel.ch)