Die Zuwanderung aus der EU richtet sich nach dem Arbeitsmarkt und geht nicht auf Kosten der übrigen Bevölkerung. Zu diesem Schluss kommt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auch in seinem jüngsten Bericht.
Ein Befund rückt laut dem Seco zudem die hohe Zuwanderung früherer Jahre in ein neues Licht: Von den Personen, die 2009 in die Schweiz kamen, sind fünf Jahre später gut die Hälfte wieder ausgereist. Offensichtlich sei nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass Zuwanderer dem Arbeitsmarkt in jedem Fall längerfristig erhalten blieben, heisst es im Bericht.
Das Seco hat am Dienstag den 14. Bericht zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit veröffentlicht. Zuletzt ist die Zuwanderung zurückgegangen. 2017 wanderten aus EU- und EFTA-Ländern unter dem Strich 31'250 Personen ein, 11 Prozent weniger als im Vorjahr und 50 Prozent weniger als im Rekordjahr 2013.
Das Seco betont, dass die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit in den letzten Jahren eine wichtige Rolle zur Deckung der Nachfrage nach Arbeitskräften gespielt habe, vor allem jener nach gut ausgebildeten Fachkräften.
Im laufenden Jahr dürfte sich gemäss Konjunkturprognosen die Erholung der Schweizer Wirtschaft fortsetzen. Allerdings habe sich zuletzt kein Wiederanstieg der Zuwanderung abgezeichnet, schreibt das Seco. Der Wanderungssaldo sei in den ersten Monaten gegenüber dem Vorjahr erneut zurückgegangen. Wegen des gleichzeitigen Wirtschaftsaufschwungs im EU-Raum dürften es Schweizer Unternehmen tendenziell schwerer haben, Arbeitskräfte aus dem EU-Raum zu rekrutieren.
Untersucht wurde auch das Arbeitslosigkeits- und Sozialhilferisiko von Zuwanderern. Die Ergebnisse seien weitgehend konsistent mit früheren Befunden, schreibt das Seco dazu. So habe sich gezeigt, dass vor allem Zuwanderer aus Süd- und Osteuropa einem erhöhten Arbeitslosigkeitsrisiko ausgesetzt seien.
Im Jahr 2016 bezogen 5,5 Prozent der zugewanderten Personen aus EU- und EFTA-Ländern Arbeitslosentaggelder. Gesamtschweizerisch lag der Durchschnitt bei 3,3 Prozent, für Schweizerinnen und Schweizer bei 2,4 Prozent. Der Anteil der Personen, die Sozialhilfe beziehen, liegt dagegen für die Zuwanderer aus dem EU/EFTA-Raum mit 2 Prozent unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 3,2 Prozent. Für Schweizerinnen und Schweizer liegt der Anteil bei 2,6 Prozent.
Die gute Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern gehe nicht auf Kosten der übrigen Bevölkerung, heisst es im Bericht. Trotz der starken Zuwanderung von Arbeitskräften hätten auch Schweizerinnen und Schweizer sowie Drittstaatenangehörige ihre Erwerbsquote zwischen 2010 und 2017 steigern können.
Das Lohnwachstum sei der Wirtschaftsentwicklung gut angepasst gewesen, heisst es weiter. Die tiefen Löhne konnten demnach trotz einer gewissen Einwanderung in Berufen mit niedrigen Qualifikationsanforderungen mit den Löhnen im mittleren Qualifikationsspektrum mithalten. Am oberen Ende der Lohnskala allerdings hat das zusätzliche Fachkräfteangebot aus dem EU/EFTA-Raum «einem steileren Lohnwachstum entgegengewirkt».
Zwischen 2002 und 2017 wuchsen die Nominallöhne in der Schweiz um durchschnittlich 1,1 Prozent und die Reallöhne um 0,7 Prozent pro Jahr. In den Jahren 2009 bis 2017 resultierte dabei eine schwächere Nominallohnentwicklung als in den Jahren vor der Finanzkrise. Dank der negativen Teuerung war die Reallohnsteigerung jedoch ausgeprägter.
Mit der nun anziehenden Teuerung dürften in Zukunft Reallohnsteigerungen geringer ausfallen, hält das Seco fest. Im letzten Jahr stiegen die Nominallöhne um 0,4 Prozent. Auf Grund einer Teuerungsrate von 0,5 Prozent sei die Kaufkraft leicht geschwächt worden. (whr/sda)