Schweiz
Wirtschaft

Grünes Licht für Waffenexporte in Bürgerkriegsländer

ARCHIVBILD ZUR HEUTIGEN EINREICHUNG DER KRIEGSGESCHAEFTE INITIATIVE, AM DONNERSTAG, 21. JUNI 2018 - Grenadier recruits carry Minimis (light machine guns, LMg 05), pictured during an exercize within th ...
Schweizer Waffen: Bundesrat, Ständerat und Nationalrat erleichtern den Export.Bild: KEYSTONE

Waffenexporte in Bürgerkriegsländer – diese Ständeräte stimmten dafür, diese dagegen

Das Verbot von Waffenexporten in Kriegsländer soll gelockert werden. Die Kommissionen von National- und Ständerat haben keine Einwände. Die ersten Reaktionen sind quasi durchs Band negativ.
30.08.2018, 17:3231.08.2018, 07:20
Mehr «Schweiz»

Die Sicherheitspolitischen Kommissionen (SiK) liessen sich zur geplanten Revision der Kriegsmaterialverordnung konsultieren. Die Ständeratskommission verzichtet nun darauf, dem Bundesrat Empfehlungen abzugeben. Das beschloss sie mit sechs zu vier Stimmen bei drei Enthaltungen, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten.

Mit neun zu vier Stimmen lehnte sie es ab, dem Bundesrat zu empfehlen, von der Revision abzusehen. Neben vier FDP-Mitgliedern und zwei SVP-Mitgliedern stimmten auch drei Mitglieder der CVP der Lockerung zu.

Diese Ständeräte stimmten für die Lockerung ...

1 / 11
Diese Ständeräte stimmten für die neue Verordnung
Für die Revision stimmten: Josef Dittli (FDP, Uri),
quelle: keystone / anthony anex
Auf Facebook teilenAuf X teilen

... diese dagegen

1 / 6
Diese stimmten dagegen
Daniel Jositsch (SP, Zürich),
quelle: keystone / anthony anex
Auf Facebook teilenAuf X teilen

(Quelle: Campax)

Exporte in Bürgerkriegsländer

Der Bundesrat hatte im Juni das Wirtschaftsdepartement beauftragt, eine Verordnungsänderung auszuarbeiten. Heute sind Exporte verboten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder international bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Neu sollen Exporte in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt bewilligt werden können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird.

Auf Länder wie Jemen oder Syrien würde die Ausnahmeregelung nicht angewendet. Kritiker befürchten jedoch, dass die neue Regelung zum Beispiel Waffenexporte in die Türkei ermöglichen würde.

Ausgewogener Kompromiss

Die Ständeratskommission hörte vor ihrem Entscheid die zuständigen Stellen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) und des Aussendepartements (EDA) an. Sie habe zur Kenntnis genommen, dass es sich nach Ansicht dieser Stellen und des Bundesrates um einen ausgewogenen Kompromiss handle, hält die SiK fest.

Eingehend habe sie zudem Fragen der schweizerischen Exportpraxis im Vergleich zu anderen europäischen Ländern diskutiert. Auch über den genauen Ablauf der Prüfung der Gesuche im Einzelfall habe sie sich informieren lassen. Entschieden habe sie nach Kenntnisnahme dieser Informationen und vor dem Hintergrund, dass die Kompetenz der Verordnungsänderung beim Bundesrat liege.

Industrielle Kapazität aufrechterhalten

Der Bundesrat hatte auch weitere Anpassungen beschlossen: Waffenexportbewilligungen sollen künftig zwei Jahre statt nur ein Jahr gültig sein und um ein Jahr statt sechs Monate verlängert werden können. Bei Bedarf können Bewilligungen suspendiert oder widerrufen werden. In den Bewilligungsverfahren will der Bundesrat zudem dem Kriterium Rechnung tragen, dass die industrielle Kapazität aufrechterhalten wird.

Mit den Änderungen erfüllt der Bundesrat Forderungen der Rüstungsindustrie. Vergangenen Herbst verlangten Rüstungsfirmen in einem Brief an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates eine Lockerung der Regeln. Sie begründeten dies mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen. Der Bundesrat nehme diese Hinweise ernst, schrieb das Wirtschaftsdepartement (WBF) im Juni.

2008 hatte der Bundesrat die Regeln verschärft – mit Blick auf eine Volksinitiative der GSoA für ein Verbot von Waffenexporten. Seither wurden sie mehrfach aufgeweicht. So durften Waffen und Munition ursprünglich nicht in Länder geliefert werden, in denen Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden. Heute sind Exporte nur noch dann verboten, wenn ein hohes Risiko besteht, dass das Material für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird. 

Erste Reaktionen 

Personen, die den Entscheid befürworten, sind auf Twitter momentan nicht auffindbar. In den watson-Kommentaren ist die Stimmung ähnlich. Einzig User «LeChef» versucht die neue Praxis etwas zu relativieren. Glücklich darüber ist er aber auch nicht. 

(cma/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
221 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Amadeus
30.08.2018 17:45registriert September 2015
Dann sollten diese Parteien auch nicht jammern, wenn Flüchtlinge aus Kriegsgebieten zu uns kommen.
140786
Melden
Zum Kommentar
avatar
Stichelei
30.08.2018 17:40registriert Oktober 2015
Und immer wieder kommt das Fressen vor der Moral
107136
Melden
Zum Kommentar
avatar
Birdie
30.08.2018 17:48registriert November 2016
Eine Schande.
103553
Melden
Zum Kommentar
221
Blick auf aktuelle Gesundheitskosten zeigt: Krankenkassenprämien steigen 2025 wohl erneut
Kaum ist der Krankenkassenschock aus dem letzten Jahr verdaut, kommt schon die nächste Hiobsbotschaft: Auch 2025 werden die Prämien wohl wieder steigen. Das zeigt eine Gesundheitskosten-Übersicht für das laufende Jahr.

Die hohen Krankenkassenprämien machen gemäss dem neusten Sorgenbarometer den Schweizerinnen und Schweizer derzeit am meisten zu schaffen. Im letzten Jahr stiegen sie im landesweiten Durchschnitt um 8,7 Prozent auf 359 Franken pro Monat an.

Zur Story