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Post Verwaltungsrätin Blank tritt zurück

Post-Verwaltungsrätin Blank tritt zurück – wegen «ungerechtfertigter Anschuldigungen»

27.06.2018, 04:3927.06.2018, 10:12
sven altermatt / nordwestschweiz
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Zwei Wochen hat Susanne Blank geschwiegen. Die Verwaltungsrätin der Schweizerischen Post sagte nichts zu dem Untersuchungsbericht, der sie so sehr in Bedrängnis brachte. Nichts zu der Postauto-Affäre, dem grössten Subventionsbetrug der Schweizer Geschichte. Nichts zu den Rücktrittsforderungen, die Politiker an sie richteten. Nun aber zieht Blank die Konsequenzen – und lässt ihrem Rücktritt aus dem Post-Verwaltungsrat einen Rundumschlag folgen: Die Rede ist von «ungerechtfertigten Anschuldigungen» und von einer «politischen Hetzjagd».

HANDOUT - Susanne Blank, Verwaltungsraeting der Post am 26. August 2014. Post-Verwaltungsraetin Susanne Blank tritt zurueck. Sie wolle mit ihrem freiwilligen Ruecktritt an der Generalversammlung der S ...
Susanne Blank tritt zurück. Bild: DIE POST

Sie sei nicht mehr gewillt, «dieses Spiel länger mitzumachen». Mit ihrer Demission wolle Blank einen Neuanfang ermöglichen, heisst es in einem Communiqué des Personalverbandes Transfair. Die Ökonomin sass für diesen seit 2008 als Personalvertreterin im Aufsichtsgremium des gelben Riesen. Bei ihrem Amtsantritt war sie Leiterin Wirtschaftspolitik beim Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse. Seit 2013 arbeitet sie im Staatssekretariat für Wirtschaft Seco als Co-Chefredaktorin des Magazins «Die Volkswirtschaft». Auf Mandatsbasis vertrat sie Transfair weiterhin im Post-Verwaltungsrat.

Von 2010 bis 2014 war Blank auch Mitglied des Prüfausschusses «Audit, Risk & Compliance», der für die Einhaltung der Regeln zuständig ist. Just wegen dieser Funktion geriet sie in den Strudel der Postauto-Affäre. Bei der Post-Tochter wurden Gewinne kleingerechnet, um ungerechtfertigt Subventionen in der Höhe von insgesamt fast 100 Millionen Franken zu kassieren. Über die Affäre stolperten bereits mehrere Spitzenmanager der Post, allen voran Konzernchefin Susanne Ruoff und die komplette Postauto-Führung. Das Ausmass des Betrugs offenbaren die Untersuchungsberichte der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard und ein Rechtsgutachten. Die Erkenntnisse daraus sind belastend für Blank. Im Kern geht es um eine brisante Aktennotiz vom 21. August 2013. Darin machte die interne Revision auf die Problematik von Kostenumbuchungen zulasten des öffentlich finanzierten Verkehrs aufmerksam. Laut dem Verteiler gehörte Blank als Prüfausschuss-Mitglied zu den Adressaten.

Blank weist Vorwürfe zurück

Nach der Veröffentlichung der Untersuchungsberichte stand der Vorwurf im Raum, Susanne Blank hätte im Wissen um die Aktennotiz nichts unternommen. Politiker wie SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi zielten mit ihren Rücktrittsforderungen deshalb auch auf die Personalvertreterin. Doch Blank sagt, sie habe «keinerlei Pflichtverletzungen begangen» und die Aktennotiz nie erhalten. «Weder per Briefpost noch per Mail», lässt sie sich im Communiqué von Transfair zitieren. Der Personalverband kritisiert die Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard, die von «falschen Annahmen» ausgegangen sei. In ihren Berichten werde kolportiert, dass jeder, der auf dem Verteiler der Aktennotiz aufgeführt war, diese auch bekommen hat.

Ähnlich äusserte sich Adriano Vassalli, langjähriger Post-Vizepräsident und Chef des Prüfausschusses. Ihm wird ebenfalls zur Last gelegt, trotz besagter Aktennotiz nichts unternommen zu haben. Nach massivem Druck gab Vassalli vor zehn Tagen seinen Rücktritt bekannt. Zuvor kündigte er im Gespräch mit der «Nordwestschweiz» rechtliche Schritte an. Weil seine Integrität verletzt worden sei, prüfe er eine Klage. Vassalis Androhung rechtlicher Konsequenzen richtet sich auch gegen Kellerhalls Carrard. Aus seiner Sicht hat die Anwaltskanzlei «gestützt auf einer Falschannahme eine Anklageschrift präsentiert».

Die Situation ist vertrackt: Die beauftragten Anwälte durften die involvierten Personen nicht befragen. Vassalli und Blank konnten sich genauso wenig äussern wie Pascal Koradi. Der frühere Postfinanzchef wird in den Untersuchungsberichten ebenfalls hart angefasst, nach der Publikation nahm er als CEO der Aargauischen Kantonalbank den Hut. Das Bundesamt für Polizei, das ein verwaltungsstrafrechtliches Verfahren durchführt, hat keine Befragungen erlaubt. Deshalb hat der Post-Verwaltungsrat wiederum die Beurteilungen der Rechtsgutachter nicht veröffentlicht – was eine öffentliche Aufarbeitung nur bruchstückhaft ermöglicht. Man habe dem Umstand Rechnung tragen wollen, «dass verschiedene Personen eben nicht angehört werden konnten», erklärt Post-Sprecherin Léa Wertheimer.

Manager setzen sich zur Wehr

Wie Recherchen zeigen, laufen im Hintergrund die Drähte heiss. Mehrere betroffene Personen setzten sich mit Anwälten gegen das Vorgehen des Verwaltungsrats zur Wehr. Wertheimer sagt dazu, die Betroffenen hätten die zur Publikation vorgesehenen Berichte vorab einsehen und gegenüber dem Verwaltungsrat eine Stellungnahme abgeben können.

Gross ist der Ärger auch bei Transfair. «Wir behalten uns rechtliche Schritte vor, um die Reputation von Susanne Blank zu schützen», sagt René Fürst, zuständig für die Post. Ihr guter Ruf stehe auf dem Spiel. Blank selbst überliess die Kommunikation gestern dem Verband. TransfairPräsident Stefan Müller-Altermatt bezeichnete Blank als «hervorragende Personalvertreterin». Mit Engagement und Verve habe sie sich für die Anliegen des Personals eingesetzt, so der CVP-Nationalrat.

Bund mahnt zur Zurückhaltung

An der gestrigen Post-Generalversammlung erteilte der Bund als Eigentümer dem Verwaltungsrat wie angekündigt keine vollumfängliche Décharge. Ebenso äusserte er den Wunsch, dass die Obergrenze von total 6.1 Millionen Franken für die Entlöhnung der Konzernleitung im neuen Geschäftsjahr nicht ausgeschöpft werde

Ein reines Routinegeschäft war derweil die Wahl eines Nachfolgers von Verwaltungsrat Andreas Schläpfer. Sein Rücktritt erfolgt altershalber, auf ihn folgt der Pharma-Manager Peter Hug. Der Verwaltungsrat dankte Schläpfer «für seine wertvolle Arbeit, die wesentlich zur Neuausrichtung der Post beigetragen hat». Die Würdigung von Adriano Vassalli und Susanne Blank fiel nüchterner aus. Präsident Urs Schwaller dankte «für ihre langjährigen Dienste und ihren Einsatz im Interesse des Unternehmens». Die Nachfolge der beiden ist offen.

Urs Schwaller zum Postauto-Skandal

Video: srf
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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
27.06.2018 07:30registriert Juni 2016
Mit den Managern ist es immer das gleiche.
Auch bei VW will man Aktennotizen nicht erhalten haben oder erhalten haben aber nicht gelesen haben.

Tja, da steht dann Aussage gegen Aussage und im Zweifel für den Angeklagten.

Aber eigentlich ist es deren Verdammter Job Aktennotizen zu lesen sonst haben sie auf solchen Posten nichts verloren!
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The Count
27.06.2018 07:49registriert Juni 2018
Es wäre dumm zu glauben dass nicht der gesamte Verwaltungsrat von den Machenschaften gewusst hätte. Es ist eher davon auszugehen dass dieser das Vorgehen sogar angeordnet hat. Das ist ja nichts aussergewöhnliches, die Schweizer sind Weltmeister im Geldverstecken.
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