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Verhaltensökonom über Manager-Gehälter: «Der Lohn orientiert sich nicht an der Leistung»

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Verhaltensökonom über Manager-Gehälter: «Der Lohn orientiert sich nicht an der Leistung»

Der Lohn, den Manager beziehen, ist weitgehend unabhängig von ihrer Leistung. Das ist die zentrale Erkenntnis einer Studie, die am Sonntag vorgelegt wurde und an welcher der Ökonomieprofessor Ernst Fehr mitgearbeitet hat.
30.04.2017, 17:3601.05.2017, 14:14
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Im Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRF und mit der «NZZ am Sonntag» kritisiert der Zürcher Professor für Verhaltensökonomie, dass eine grosse Anzahl von Firmen schlechte Leistung häufig sogar belohnt.

So habe die Studie Pay for Performance Report 2017, an der Fehr mitgearbeitet hat, zutage gefördert, dass es viele Firmen gibt, «bei denen die Entlohnung nach Leistung nicht sehr ausgeprägt oder gar nicht vorhanden ist», sagte Fehr gegenüber der NZZ am Sonntag.

Ernst Fehr vom Institut fuer Volkswirtschaftslehre beantwortet die Fragen der Journalisten, anlaesslich einer Pressekonferenz am Donnerstag, 19. April 2012, in Zuerich. Die Universitaet Zuerich und di ...
Ernst Fehr.Bild: KEYSTONE
Zur Person
Ernst Fehr ist Professor an der Universität Zürich und Direktor des UBS International Center of Economics in Society. Fehr gilt laut NZZ-Ökonomenranking als einflussreichster Ökonom in Deutschland, Österreich und der Schweiz. (sda)

Und gegenüber SRF führte er aus: «Häufig wird für das Top-Management ein Leistungsindikator verwendet, der nicht die objektive Leistung des Managements erfasst, sondern der durchtränkt ist durch subjektive Einschätzungen, oder der verwendete Leistungsindikator ist einfach falsch».

Aktienkurs ist schlechter Leistungsindikator

Fehrs Kritik zielt ab auf die Anreizsysteme, nach denen Managerlöhne festgelegt werden. So sei etwa der absolute Aktienkurs eines Unternehmens ein schlechter Leistungsindikator, weil der Aktienkurs von gesamtwirtschaftlichen Schwankungen beeinflusst sei. Faktoren, die eine ganze Branche gleichermassen betreffen, sollten aus dem Leistungsindikator herausgerechnet werden, so Fehr.

«Wir müssen also gesamtwirtschaftliche und konjunkturelle Effekte herausrechnen, damit wir die Leistung des Managers objektiv beurteilen können», sagte Fehr der «NZZ am Sonntag».

Für die Entlohnung ausschlaggebend sollte die effektive Leistung sein: Schwimme der Manager gleich schnell wie seine Konkurrenten in anderen Unternehmen, sei seine Leistung gut, aber im normalen Bereich. «Wenn er aber schneller schwimmt – und zwar ungeachtet der Flut, die allen hilft –, verdient er einen Bonus. Schwimmt er langsamer, sollte dieser tiefer ausfallen», sagte Fehr.

Zum Beispiel von Tidjane Thiam, Konzernchef der Credit Suisse, sagte er, es sei zwar plausibel, dass dieser über 10 Millionen Franken verdiene, obwohl seine Bank 2016 einen Verlust von 2,7 Milliarden Franken ausgewiesen hatte. Denn der Verlust resultiere aus der Zeit der Vorgänger von Thiam.

Boni je nach Performance bewerten

Aber: Irgendjemand müsse für die Verluste, die in der Vergangenheit verursacht wurden, die Verantwortung übernehmen. «Die CS muss sich die Frage stellen, wer oder welche Gruppe das sein soll», sagte Fehr.

Deshalb plädiert Fehr für langfristige Boni, die den Managern für mehrere Jahre zugeteilt werden und in den Folgejahren nicht automatisch ausbezahlt werden. Solche Boni müssten «Jahr für Jahr aufgrund der jeweils erzielten Performance auf- oder abgewertet werden».

Das System, das Fehr vorschlägt, «beruht auf objektivierbaren Leistungsindikatoren, die leicht nachvollziehbar und kommunizierbar sind». Fehrs Vorschläge zielen demnach auf Transparenz.

Demgegenüber ist «in vielen Unternehmen das Entschädigungssystem so kompliziert geworden, dass man jeweils ganz viele Faktoren berücksichtigen muss, die alle diskutierbar sind», so Fehr gegenüber der «NZZ am Sonntag».

Die Studie Pay for Performance Report 2017 wurde vom Beratungsbüro Fehr Advice herausgegeben, das von Ernst Fehrs Bruder Gerhard Fehr geleitet wird. (viw/sda)

Die CS-Chefs

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Die CS-Chefs
Am Anfang war der Eisenbahn- und Gotthard-Pionier: Am 16. Juli 1856 nimmt die von Alfred Escher gegründete Schweizerische Kreditanstalt (SKA), Vorgängerin der heutigen Credit Suisse, ihre Geschäftstätigkeit auf. Der Politiker und Wirtschaftsführer leitete die SKA als erster Verwaltungsratspräsident von 1856-1877 und von 1880-1882.
quelle: alfred-escher-stiftung / alfred-escher-stiftung
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[dhr, 22.01.2017] Geld, Banken, Weltwirtschaft

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Phrosch
30.04.2017 20:40registriert Dezember 2015
Meines Erachtens ist der Knackpunkt das Wort "verdienen": wieviel kann man berechtigterweise mit Arbeit verdienen, und ab welchem Betrag bekommt man das Geld einfach? Auf jeden Fall sind 10 Millionen nicht verdient, soviel kann man nicht arbeiten und soviel Verantwortung kann kein Manager tragen.
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Pacman
30.04.2017 19:57registriert November 2016
Der normale Mitarbeiter leidet leider immer mehr darunter... Und den Personen in den oberen Etagen ist dies egal. Hauptsache den letzten Tropfen Milch aus der Kuh rausholen. Wenn sie keine Milch mehr produziert schlachtet man das Vieh. In der Schweiz lautet das Motto leider immer mehr "Quantität vor Qualität".
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deepsprings
30.04.2017 19:57registriert Februar 2015
Es wäre mal interessant, eine Studie zu machen, in der ganz normale Leute befragt werden, wieviel Lohn sie sich für ihre geleistete Arbeit bezahlen würden und wieviel sie real verdienen...
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