Es rumort im Zürcher Stadthaus. Nachdem das Polizeimusikfestival «Zurich Tattoo» für das Jahr 2015 abgesagt wurde, wird immer klarer: Die halbe Million Franken, die die Stadt dem Verein Zurich Tattoo Productions 2010 als Darlehen zur Verfügung gestellt hat, um den Verein vor dem Konkurs zu retten, müssen wohl endgültig abgeschrieben werden.
Einer, den das besonders nervt, ist der Zürcher FDP-Gemeinderat Urs Egger. Er hat schon 2012 mit einer parlamentarischen Frage kritisch auf die Tattoo-Thematik aufmerksam gemacht: «Ich war diesem Anlass gegenüber schon immer sehr skeptisch eingestellt», sagt er. «Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Markt für ein Tattoo in Zürich nicht besteht. Ich habe nie verstanden, warum die Stadt das Festival so grosszügig unterstützt», sagt Egger.
Auch die Rechnungsprüfungskommission (RPK) hatte dem Zurich Tattoo schon in ihrem Rechnungsbericht vom Juni 2013 einen kritischen Absatz gewidmet: Es bestünde wenig Hoffnung auf eine Rückzahlung gemäss vertraglichen Abmachungen, schrieb RPK-Präsidentin Rebekka Wyler (SP). Die RPK erwarte von Seiten des Stadtrats einen baldigen Grundsatzentscheid zur zukünftigen Durchführung dieses Festivals.
Der Stadtrat schlug die Warnungen in den Wind und entschied zu Gunsten des Festivals: Im September 2013 sprach er erneut eine aussergewöhnlich grosszügige Bewilligung mit Zivilschutzkompanien, abkommandierten Polizisten und unentgeltlichen städtischen Eigenleistungen im Wert von 60'000 Franken für das Zurich Tattoo 2015. Wegen Organisationsschwierigkeiten wurde es dann Ende 2014 abgesagt.
«Der Verein hat sich wohl zu lange auf die Stadt verlassen», sagt Roger Liebi, SVP-Gemeinderat und Mitglied der Rechnungsprüfungskommission: «Wir gehen davon aus, dass der Verein das Darlehen nicht wird zurückzahlen können», sagt er.
Urs Egger sieht es ähnlich, würde aber gerne den Vorstand zur Rechenschaft ziehen: «Ob die Stadt das Darlehen nun definitiv abschreiben oder der Vorstand des Vereins trotz anders lautender Statuten dafür geradestehen muss, ist noch offen», sagt er. Wahrscheinlicher sei aber, dass das Geld abgeschrieben werden müsse.
André Beck, Vereinspräsident von Tattoo Productions und Chef der Spezialabteilung bei der Stadtpolizei, weiss nicht, ob er das Festival überhaupt weiterführen kann: «Wegen der reisserischen, teilweise fehlerhaften und negativen Berichterstattung wird es wohl jetzt noch schwieriger, Sponsoren für das Zurich Tattoo zu finden», sagt er. «Wir können das Tattoo nur zusammen mit Partnern, mit einer Bewilligung der Stadt Zürich und mit ausreichender Finanzierung durchführen.»
Die Eventagentur, die er für das Tattoo angeheuert hatte, wollte das grosse finanzielle Risiko wegen fehlender Sponsoren schon für die Ausgabe 2015 in letzter Minute nicht auf sich nehmen, weshalb Beck das Festival absagen musste.
Auch von einer «aussergewöhnlich grosszügigen Bewilligung» seitens der Stadt will Beck nicht sprechen: «Die Unterstützung der Stadt ist grosszügig und wohlwollend, aber der Stadtrat hat sich den Entscheid aus für uns nachvollziehbaren Gründen nicht leicht gemacht und benötigte vier Stadtratssitzungen bis zum Beschluss», sagt er. Überdies sei das Ganze nur dank sehr grossem ehrenamtlichem Engagement seitens seines Vereins möglich gewesen.
Beck fühlt sich missverstanden: «Ehrenamtlich und uneigennützig über Jahre hinweg derart hart für eine gute Sache zu arbeiten und mit allen Mitteln versuchen, den Verpflichtungen gegenüber der Stadt Zürich nachzukommen, erweist sich heute nicht mehr als Privileg, für das einem Hochachtung entgegengebracht wird, sondern als Handicap», sagt er.
Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft zwischen Polizei und Schutz & Rettung, Zivilschützer erhoben hatte , weist er weit von sich. «Dass ich bei der Stadtpolizei arbeite, hat überhaupt nichts damit zu tun», sagt er.
den ein für das Festival aufgebotener und wieder abbestellterBeim Finanzdepartement der Stadt Zürich will man sich noch nicht in Alarmstimmung versetzen lassen: «Solange wir keine andere Meldung vom Verein haben, gehen wir davon aus, dass er das Darlehen zurückzahlen kann», sagt Sprecher Patrick Pons.