Ein riesiges Plakat am Zürcher Grossmünster verkündet am Dienstagmorgen: «Gott ist eine Frau». Anlass der Aktion ist der internationale Frauentag. Ziel sei ist, die Aufmerksamkeit auf die gesellschaftlichen Rollenbilder zu lenken: Welches Geschlecht assoziieren wir mit Macht, Einfluss und Stärke, welches mit Unterwürfigkeit, Milde und Schwäche, heisst in einer Mitteilung des Kollektivs aktivistin.ch.
Unser Gesellschaft fusse auf einer christlichen Grundhaltung, die sich auch darin manifestiere, dass das Göttliche und dessen Botschafter männlich seien. Die strukturelle Ungleichstellung von Frauen sei aktuell wie eh und je. Der internationale Frauentag schaffe eine Plattform, um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen.
Nicht schlecht gestaunt dürften am Dienstagmorgen auch die Bus- und Trampassagiere in Zürich: An den Billettautomaten der Stadt informierten grosse Kleber über 20 Prozent höhere Fahrpreise für Männer ab Dienstag.
Obwohl der Aufkleber das Logo des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) trug, konnte sich rasch schlau machen, wer das wollte: Die Kleber waren in der Nacht zum Weltfrauentag vom feministischen Kollektiv aktivistin.ch angebracht worden, ohne Wissen des ZVV, wie es bei der Medienstelle auf Anfrage hiess.
Die Aktion sollte auf die Lohndiskriminierung der Frauen aufmerksam machen, wie das Kollektiv in einem Communiqué mitteilte. Männer sollten ab Dienstag 20 Prozent mehr für ihre Tram- und Busbillette bezahlen, weil sie doch auch 20 Prozent mehr verdienten.
Frauen schlechter für Erwerbsarbeit zu bezahlen weil sie Frauen seien, widerspreche nicht nur dem Gleichstellungsgesetz, sondern es sei schlicht unanständig, schreibt das Kollektiv. Lohndiskriminierung sei kein Frauenthema. Deshalb seien Männer angesprochen und aufgerufen worden, sich zu empören.
Der Zürcher Verkehrsverbund äusserte sich «nicht erfreut, dass Eigentum des öffentlichen Verkehrs als Plattform für die Aktion hat hinhalten müssen», wie Sprecher Caspar Frey auf Anfrage sagte. Putztruppen seien unterwegs, um die Kleber von den Automaten zu entfernen. Der ZVV behalte sich rechtliche Schritte gegen die Urheberinnen vor.
Die Reaktionen der Kundschaft auf die Ankündigung höherer Preise seien gemischt ausgefallen, berichtete Frey. Dank dem Hinweis auf den Weltfrauentag und dem Verweis auf eine Homepage auf den Klebern sei sofort ersichtlich, dass der ZVV mit der Aktion nichts zu tun habe. Das habe Verärgerte rasch beruhigt.
Das Kollektiv aktivistin.ch hat sich nach eigenen Angaben auf eine Initiative der Unia Zürich-Schaffhausen zu einem unabhängigen Netzwerk formiert. (sda/cma/whr)