Schweiz
Zürich

Pfefferspray-Attacke: «Wir müssten mit einer Anzeige rechen»

Ein Polizist besprüht Sennur Sümer mit Pfefferspray: Die Stadtpolizei Zürich untersucht den Vorfall jetzt.
Ein Polizist besprüht Sennur Sümer mit Pfefferspray: Die Stadtpolizei Zürich untersucht den Vorfall jetzt.
Bild: watson

Sicherheitsinstruktor zur Pfefferspray-Attacke: «Wir müssten sofort mit einer Anzeige rechnen»

Die Stadtpolizei Zürich untersucht zur Zeit, was genau vor sich gegangen ist, bevor ein Polizist einer 44-jährigen Mutter Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Für einen Ausbilder einer privaten Sicherheitsfirma spielt dies gar keine Rolle. Für ihn lässt sich die Aktion nicht rechtfertigen. 
08.09.2015, 18:01
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Die 44-jährige Sennur Sümer steht mit erhobenen Händen vor einer Mauer mit Polizisten. Plötzlich macht einer einen Ausfallschritt und sprüht ihr Pfefferspray ins Gesicht. Das war nach der Flüchtlingsdemonstration am Samstag auf dem Helvetiaplatz in Zürich. Zurzeit untersucht die Stadtpolizei Zürich den Fall. Sie ist daran, die Beteiligten zu befragen. Dabei soll vor allem geklärt werden, was vor der Pfefferspray-Attacke geschah. Ob es zu einer Anzeige kommt, ist noch unklar. Sümer hat noch nicht entschieden.  

Bevor sich Sennur Sümer mit erhobenen Händen vor die Polizisten stellte, legte sie sich auf den Boden. 
Bevor sich Sennur Sümer mit erhobenen Händen vor die Polizisten stellte, legte sie sich auf den Boden. 
Bild: KEYSTONE

Ein Instruktor einer Sicherheitsfirma, die von den Behörden zertifiziert ist, hat sich die Videos angeschaut. Weil er immer wieder mit der Polizei zusammenarbeitet, möchte er anonym bleiben. Für ihn ist der Fall völlig klar: «Die Hände der Frau sind gut sichtbar, von ihr geht absolut keine Gefahr aus; die Aktion des Polizisten lässt sich auf keine Weise rechtfertigen», sagt er. Würde ein Angestellter einer privaten Sicherheitsfirma so agieren, müsste dieser sofort mit einer Anzeige rechnen, meint der Ausbildner weiter.

 

Was vor dem Einsatz des Sprays zwischen der Frau und dem Polizisten geredet wurde, ist für ihn nicht von Belang: «Selbst wenn sie den Polizisten verbal provoziert hätte, wäre seine Reaktion unverhältnismässig». Allerdings betont der Instruktor, er könne nur beurteilen, was für Massstäbe in der privaten Sicherheitsbranche angewendet würden. Welche Spielregeln für die Polizei gelten, wisse er nicht.

Bereits am Dienstagmorgen sagte Roger Tognella, Präsident Spezialkommission Polizeidepartement/Verkehr des Zürcher Gemeinderates, zu watson, es müsse untersucht werden, wie es dazu kommen konnte, dass der Polizist einen solch markanten Ausfallschritt Richtung Sennur Sümer machte. Zudem verlangt die Kommission eine Berichterstattung an die GPK. Die Abklärungen der Polizei dauern bis mindestens Ende Woche. (feb)

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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din Vater
08.09.2015 19:51registriert Juni 2015
Leider verlaufen alle Anzeigen gegen die Polizei im Sand. Ich kenne einige Fälle, bei denen Leute durch Gummigeschosse aus nächster Nähe am Auge verletzt wurden. Alle Anzeigen versandeten, auch weil sich die Polizei bei solchen Einsätzen vermummen und anonymisieren kann. Wann endlich müssen die Polizisten Nummern tragen, damit man fehlbare besser zur Rechenschaft ziehen kann?
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KnechtRuprecht
08.09.2015 21:51registriert März 2014
Jaja, der Aufschrei ist nun gross, völlig zurecht. Doch was wird passieren? Nichts! Es wird versanden.
Vor nicht allzu langer Zeit wurden in Aarau 150 picknickende Leute (nicht Demonstranten) in Kollektivhaft genommen. Der Aufschrei war ebenfalls gross. Was waren die Folgen? Genau, nichts...
Und das ist nur eines von etlichen Beispielen der letzten Jahre.
Der Rechtsstaat Schweiz ist nicht annähernd so toll wie er gerne mal gepriesen wird...
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Gringoooo
08.09.2015 18:17registriert März 2014
Ich persönlich und als Bürger dieses Landes hoffe stark dass sie eine Anzeige einreichen wird. Es muss endlich einmal etwas geschehen und Polizisten müssen für ihre Taten verantwortlich gemacht werden. Dazu eignet sich dieser Fall dank seiner Medienwirksamkeit sehr gut.

Ich kann nich verstehen wesshalb dieser Polizist dazu entschlossen hat diese Frau mit einer Waffe (ja, Pefferspray ist eine Waffe und bei weitem nicht zu Unterschätzen) anzugreifen. Eigentlich sollte dies nur als allerletzte Möglichkeit zur Verteidigung geschehen, und zwar unter der Abwägung der Interessen öffenlicher Seite und der Gesundheit der einzelnen Person.
Diese Frage stellt sich auch generell bezüglich des Einsatzes von Gummischrot (auch jene Betroffene sollten meiner Meinung nach Anzeige erstatten!).
Ist das öffentliche Interesse an Ruhe in der Innenstatt dermassen viel höher als a) die Gesundheit dieser Leute und b) die Meinungsfreiheit/ Demonstrationsrecht der Demonstranten?
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