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Testregime im Kanton Zürich: Betriebe sind verärgert

epa08876672 Medical staff takes a Covid-19 quick test during Covid-19 mass testing, in Zuoz, Switzerland, 11 December 2020. Three regions in the canton of Grisons will be mass tested during three days ...
Der Kanton Zürich ändert kurzfristig aufgrund der offensiven Teststrategie des Bundes sein Testregime – und verärgert damit viele Betriebe. Bild: keystone

Zürich stellt kurzfristig das Testkonzept in Firmen um – und verärgert damit viele

Weil der Bund Mitte März eine offensive Teststrategie ankündigte, müssen die Kantone nun umstellen. Zürich forderte betroffene Betriebe gestern auf, ihr Testregime innert kürzester Zeit umzustellen – und stösst damit viele vor den Kopf.
31.03.2021, 17:1701.04.2021, 12:39
Helene Obrist
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Wer ein Bauunternehmen, eine Schule oder einen anderen Betrieb mit einer erhöhten Corona-Ansteckungsgefahr führt, kann seine Mitarbeitenden seit einigen Wochen regelmässig auf das Virus testen lassen. Am 12. März weitete der Bundesrat die Teststrategie aus. Der Beschluss sieht vor, dass ab sofort alle Betriebe ihre Mitarbeitenden repetitiv testen können.

Aufgrund der vom Bund angeordneten Testoffensive muss auch der Kanton Zürich sein Testkonzept anpassen. Dies teilte die Zürcher Gesundheitsdirektion den betroffenen Betrieben am Dienstag per E-Mail mit.

Unmut bei Pionierbetrieben

Die Zürcher Kantonsärztin Christiane Meier schrieb den betroffenen Unternehmen, dass die ursprüngliche Genehmigung für das repetitive Testen am 31. März, also heute Mittwoch, auslaufe. Man könne sich aber neu registrieren und habe die Möglichkeit, das repetitive Testen über den zentralen Service Provider Together we test durchzuführen. Zudem entschuldigt sich Meier für die Kurzfristigkeit der Mitteilung.

Doch der Unmut bei den kontaktierten Unternehmen ist gross. Das zeigen diverse E-Mail-Verläufe, die watson vorliegen. Zahlreiche Geschäftsführerinnen und Betriebsleiter beschweren sich über die kurzfristige Änderung des Test-Regimes.

«Für die Praxis unbrauchbar»

So auch Benjamin Wasinger. Er ist Geschäftsleiter der Wacker Neuson AG, die Kompakt- und Baumaschinen herstellt und wartet. Wasinger liess seine Mitarbeitenden bislang mit einem Health Care Partner vor Ort testen. «Innerhalb von 15 Minuten wussten wir, wenn sich jemand angesteckt hatte.»

Dieses Testkonzept muss Wasinger nun anpassen, weil sonst der Kanton die Kosten nicht mehr übernimmt. Für den Geschäftsführer ärgerlich. «Mit dem neuen Testregime müssen wir 24 Stunden auf Resultate warten. Das ist für die Praxis absolut unbrauchbar.» Hinzu komme, dass die Tests in 10er-Pools durchgeführt werden. Heisst konkret: Kommt der Test positiv zurück, müssen die zehn Personen, die jeweils gemeinsam eine Speichelprobe abgegeben haben, noch einmal separat getestet werden. «Damit verlieren wir enorm an Geschwindigkeit, weil ich dann gleichzeitig zehn Mitarbeitende nochmals zum Testen schicken muss.»

Ähnlich klingt es aus anderen Branchen: «Es ist nicht nachvollziehbar, das ein funktionierendes System innert kürzester Zeit zum Schlechten verändert wird», so eine Stimme aus der Kulturbranche. «Die Behörden sollen uns unterstützen, damit wir unserer Arbeit nachkommen können. Das Gegenteil geschieht.»

Ein anderer Unternehmer fordert vom Kanton eine Übergangsfrist von mindestens einem Monat. «Die aufgebauten und bewährten Testsysteme werden quasi von einem Tag auf den anderen ausgehebelt.»

Bund schreibt PCR-Analyse vor

Bei der Zürcher Gesundheitsdirektion versucht man mit den betroffenen Unternehmen eine «einvernehmliche Lösung» zu finden. «Wir wenden das vom Bund empfohlene und auch mitfinanzierte Testkonzept an. Gewisse Betriebe haben bisher mit Schnelltests gearbeitet, bei denen es sich nicht um PCR-Tests handelt», so ein Sprecher. Für das wöchentliche repetitive Testen in Betrieben schreibe der Bund jedoch generell eine PCR-Analyse vor. Deshalb werde jetzt umgestellt.

Dass es viel länger als 15 Minuten dauere, bis die Betriebe ein Resultat erhalten, hält die Gesundheitsdirektion für unproblematisch: «Für die betrieblichen Abläufe in den Unternehmen ist nicht von Bedeutung, ob die Resultate ein paar Stunden früher oder später vorliegen.» Man prüfe aber in einem zweiten Schritt, wie die Logistik allenfalls noch etwas verbessert werden könne, um die Zeit bis zum Testresultat zu verkürzen.

Geschäftsführer Wasinger sucht nun nach Alternativen. «Das Testregime des Kantons ist für uns keine valide Lösung. Ich habe nun Antigentests im Ausland bestellt. In der EU sind diese bereits zugelassen.» Bezahlen wird Wasinger die Tests aus dem eigenen Sack.

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Phrosch
31.03.2021 18:05registriert Dezember 2015
Ich finde PCR-Analysen ja super. Dass der Bund die aber einfach vorschreibt, ohne Rücksicht auf unterschiedliche Gegebenheiten, ist ein weiteres Wiehe des Amtsschimmels. Nicht überall ist als erster Testschritt PCR nötig, zumal das auch kostspielig ist.
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Antiypanikmacher
31.03.2021 18:02registriert März 2020
Es scheint als würde Zürich gar nichts kapieren. Es ist ein grosser Unterschied ob ein Infizierte Person einen vollen Tag in einer Gruppe arbeitet.
Meiner Meinung nach schreibt der Bund keine Speicheltest vor sondern nur PCR-Test und die gibt es auch als Schnelltest.
Wann übernehmen in Zürich Personen die Führung die wissen was sie tun und nicht alles sabotieren was dr Bund will.
Auf jedenfall sollten sich Hightech Firmen hüten sich im Kt. Zürich anzusiedeln.
Diese Regierung ist mit Technologie komplett überfordert!
Das war früher ein Vorzeige Kanton!
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