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Spital Affoltern vor Schliessung – Bedenkzeit für Spital Uster

Spital Affoltern vor Schliessung – Bedenkzeit für Spital Uster

15.03.2022, 12:10
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Das Spital Affoltern, am Dienstag, 12. Februar 2019, in Affoltern am Albis. Das Spital Affoltern steht vor der Schliessung. Der Stadtrat von Affoltern am Albis sieht keine Perspektiven fuer das einzig ...
Spital AffolternBild: KEYSTONE

In der Zürcher Gesundheitsversorgung soll eine weitere Konzentration erfolgen: Bei den Akutspitälern droht dem kleinen Spital Affoltern das Aus, während das zu teure Spital Uster eine Chance erhält, sich neu zu positionieren. Die Gesundheitsdirektion hat die provisorischen Spitallisten 2023 vorgestellt.

Die Zürcher Gesundheitsversorgung soll mit den aktualisierten Spitallisten für Akutsomatik, Psychiatrie und Rehabilitation für die nächsten zehn Jahre so ausgerichtet werden, dass «die richtige Leistung am richtigen Ort zur höchsten Qualität» erbracht werden könne, sagte Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) am Dienstag.

Spital Uster muss sich neu erfinden

Die Spitalplanung 2023 und der damit verbundene 200-seitige Strukturbericht setzen insbesondere auf Konzentration: So erhält das Akutspital Uster, das mit knapp 1300 Mitarbeitenden im Jahr unter anderem rund 10'000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt, nur einen provisorischen Leistungsauftrag bis Ende 2025.

Das Spital verzeichnet gemäss Jörg Gruber, dem stellvertretenden Leiter des kantonalen Gesundheitsamtes, überdurchschnittlich hohe und tendenziell steigende Fallkosten. Mit dem Spital in Wetzikon bestehe zudem in unmittelbarer Nähe ein zweites Akutspital. Aus dem Bewerbungsdossier gehe nicht hervor, wie sich das Spital anders positionieren wolle, um die Wirtschaftlichkeit und Effizienz erhöhen.

«Zwei nahe Spitäler mit praktisch dem selbem Angebot haben keine Zukunft», hielt Rickli fest. Das Spital Uster soll bis Ende 2025 «in einem umfassenden Konzept aufzeigen, wie die Versorgungsstrukturen nachhaltig und wirtschaftlich gestaltet werden können».

Frühere Versuche brachten keinen Erfolg; eine Fusion mit Wetzikon scheiterte 2020, und danach angekündigte enge Kooperationen wurden gemäss Strukturbericht «nur zu einem sehr kleinen Teil umgesetzt».

Affoltern und Dielsdorf streichen

Das Spital Affoltern mit rund 550 Mitarbeitenden ist das kleinste Akutspital im Kanton Zürich, das sich für die Spitallisten 2023 beworben hat. Dessen Fallzahlen würden aber zeigen, dass es aktuell «keinen relevanten Anteil des Versorgungsbedarfs der Zürcher Bevölkerung abdeckt», sagte Gruber vor den Medien.

Es bestehe langfristig keine solide Grundlage für einen wirtschaftlichen Betrieb. Im Bereich der Akutsomatik soll das Spital Affoltern nur bis Ende 2025 befristete, nicht verlängerbare Leistungsaufträge erhalten. So bleibe dem Spital und den Trägergemeinden im Knonaueramt Zeit, um sich umzuorientieren.

Keine Übergangsfrist will die Gesundheitsdirektion der Adus Medica AG einräumen. Die private Klinik, die mit rund 40 Mitarbeitenden in früheren Räumen des 1999 geschlossenen Spitals Dielsdorf tätig ist, erreiche aufgrund der geringen Fallzahlen keine versorgungsrelevante Rolle. Sie soll die Leistungsaufträge per Ende 2022 verlieren.

Auf der provisorischen Spitalliste stehen im Bereich Akutsomatik, welche die Spitalleistungen in den Bereichen Medizin, Chirurgie und Gynäkologie umfassen, nun insgesamt 24 Standorte. Neu darauf figuriert das Geburtshaus Winterthur.

Reha in der Nähe und mehr Psychiatrieplätze

Bei der Rehabilitation will der Kanton Zürich vermehrt auf Kliniken setzen, die näher an den Akutspitälern oder am Wohnort der Patientinnen und Patienten liegen. Dies angesichts steigender Fallzahlen als Ergänzung, nicht als Ersatz von bewährten Kliniken.

Die Nähe ermögliche einen einfachen Übergang vom Spital in die Rehabilitation. Davon würden gerade die wachsende Zahl von hochbetagten, oft an mehreren Krankheiten leidenden Patientinnen und Patienten profitieren, hiess es an der Medienkonferenz.

In der Psychiatrie soll die Behandlungsqualität durch umfassendere Anforderungen an die Listenspitäler und durch die Konzentration von spezialisierten Leistungen erhöht werden.

Die provisorischen Spitallisten und der damit verbundene Strukturbericht hat der Regierungsrat am Dienstag in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis 14. Mai. Im August will der Regierungsrat die Spitallisten 2023 definitiv festsetzen. (aeg/sda)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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AyO
15.03.2022 13:54registriert April 2021
Ich habs gelesen, aber nicht ganz vestanden. Hoffe die Kommentare erklären die Situation.
(...) Wirtschaftlichkeit und Effizienz und überdurchschnittlich hohe und tendenziell steigende Fallkosten. (...)
Heisst das,
Kleine regionale Spitäler schliessen zugunsten grosser.
Alle aus dem Säuliamt müssen nach Zürich.
Die Kranken dürfen keinen Tag länger bleiben als zwingend nötig.
Die Mitarbeiter müssen mehr+schneller arbeiten.
Also eine Art Gesundflickfabrik im Akkord. Zumindest für Normalversicherte.
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Fairness
15.03.2022 12:43registriert Dezember 2018
Rendite über Gesundheit. Einfach nur tragisch und dumm. Am Schluss wird es dafür meistens nur noch teurer.
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Peter Vogel
15.03.2022 14:29registriert Juni 2020
Nehmt das Geld das in Uster eingespart werden soll und verwendet es für Affoltern. Spitäler zu schliessen ist sicher nicht die Lösung. Schaut lieber warum ALLE Spitäler viel zu hohe Kosten haben und wo das Geld versickert. Im Zweifelsfall ist der Fehler bei der Gesundheitsdirektion selbst zu suchen.
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