Schriftlich habe der ETH-Präsident der Physikerin Ursula Keller mitgeteilt, dass die Hochschule ihre Entlassung in Betracht zieht, sagt Keller zur «NZZ am Sonntag». Dies stehe im Zusammenhang mit einem Interview mit dem Online-Magazin «Republik», in welchem sie schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der ETH erhob. Darin sprach sie über Sexismus und Korruption an der ETH. Zudem verteidigt sie ihre Kollegin, die Professorin für Astrophysik Marcella Carolla, der wegen Mobbing-Vorwürfen gegenüber Doktoranten und Post-Docs ebenfalls die Kündigung droht. «Mit einem männlichen Professor wäre man anders umgesprungen», sagte sie zur «total überzogenen Reaktion» der Hochschule in diesem Fall.
In einem internen E-Mail bezeichnet der ETH-Präsident Joël Mesot ihre Vorwürfe als «Schlag ins Gesicht all derjenigen, die täglich ihr Besten geben». Er beantragte beim ETH-Rat eine Untersuchung der Vorwürfe.
Nun hat Keller aber gemäss eigenen Angaben bereits vor Abschluss der Untersuchung die Kündigungsandrohung erhalten. Wieso könne die ETH «aus juristischen Gründen» nicht sagen, sagt Sprecherin Vanessa Bleich zur «NZZ am Sonntag». Gleichzeitig dementiert sie Kellers Aussage, man habe ihr wegen des Interviews die Kündigung angedroht. «Diese Aussage ist nicht korrekt.»
Auch an der ETH Lausanne habe man Untersuchungen eingeleitet, sagt eine Sprecherin zur «NZZ am Sonntag». Dabei würden alle 17 Administrativuntersuchungen der letzten zwölf Jahre auf ihre Richtigkeit hin überprüft.
Gemäss des Zeitungsberichts habe sich zudem die Eidgenössische Finanzkontrolle der Causa ETH angenommen. «Aufgrund diverser Hinweise und Meldungen» prüfe man die zielführende Mittelverteilung an die Professorinnen und Professoren an den beiden Hochschulen. Keller hatte im Interview mit der «Republik» bereits angetönt, dass Frauen an der ETH bei der Budgetverteilung benachteiligt würden. Frauen, die sich wehrten, würden als «schwierige Person» bezeichnet.
Die anklagenden Journalisten haben zu simpel gedacht, sie können analog wie in amerikanischen Universitäten unliebsame Männer (white male) oder gemobbte Doktoranden einfach per shitstorm rausekeln (identity politics), und sich dabei auf das Geschlecht berufen - Frauen seien immer Opfer.