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Zürich untersucht illegale Adoptionen aus Sri Lanka

Kanton Zürich wird illegale Adoptionen aus Sri Lanka untersuchen

12.09.2022, 13:39
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Der Kanton Zürich will die illegalen Adoptionen aus Sri Lanka ab den 1970er-Jahren historisch aufarbeiten. Der Kantonsrat hat am Montag ein Postulat von SP, GLP, Grünen, Mitte und EVP mit 92 zu 67 Stimmen an die Regierung überwiesen.

Blick in den Saal, aufgenommen am Mittwoch, 20. April 2022, im Rathaus in Frauenfeld. Der Grosse Rat (Kantonsrat) tagt zum ersten Mal seit der Coronavirus-Pandemie wieder im Saal, nachdem die vergange ...
Der Kantonsrat hat das Postulat an dier Regierung übergeben.Bild: keystone

Der Regierungsrat war eigentlich bereit, den Vorstoss ohne Diskussion entgegenzunehmen – nicht zuletzt deshalb, weil eine Studie bereits beschlossen und in Auftrag gegeben wurde. Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) gab deshalb zu bedenken, dass die Postulats-Antwort wohl sehr kurz ausfallen werde.

Der Vorstoss war eher ein symbolischer Akt, ein Zeichen der Unterstützung für die Betroffenen. Dieses wollte die SVP nicht setzen. Das sei ein nationales Thema, sagte der SVP-Sprecher. Es brauche keinen Flickenteppich, bei dem jeder Kanton seine eigenen Untersuchungen anstelle.

Vollzug lag bei den Kantonen

Für eine Mehrheit des Parlamentes würde sich Zürich damit aber aus der Verantwortung stehlen. «Der Vollzug im Adoptionswesen lag bei den Kantonen», sagte Sibylle Marti (SP, Zürich). Zudem sei ein Viertel aller Kinder, die in die Schweiz kamen, an Zürcher Eltern vermittelt worden.

Bis zu 11'000 Kinder aus Sri Lanka wurden in einem international organisierten Handel vor allem in den 1970er, -80er und -90er Jahren in verschiedene europäische Länder an Eltern vermittelt.

Andere Kantone, etwa St.Gallen, lancierten ebenfalls eigene Forschungsprojekte. Auch die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) untersuchte die Missstände bereits, allerdings nicht spezifisch auf die Kantone fokussiert.

Die Ergebnisse der ZHAW-Studie zeigen, dass die Schweizer Behörden ab den 1970er Jahren bis in die 90er-Jahre bei Auslandsadoptionen systematisch die Vorgaben verletzten.

Die Adoptierten waren meist erst wenige Wochen alte Babys oder Kleinkinder; sie kamen aus sogenannten Baby-Farmen in Sri Lanka, wo auch weisse Männer zur Zeugung von möglichst hellhäutigen Kindern «eingesetzt» wurden. Schweizer Eltern zahlten 5000 bis 15'000 Franken pro Kind. Die sri-lankischen Mütter bekamen im Gegenzug wenige Dollars oder nur ein Geschenk wie eine Thermosflasche.

Die Vermittler in Sri Lanka, darunter Anwältinnen, verdienten mit dem Kinderhandel dagegen fürstlich - oft mehr als die Minister ihres Landes. Es kam auch vor, dass Frauen lediglich vorgaben, die Mütter der zur Adoption freigegebenen Kinder zu sein. Oft waren zudem die Dokumente gefälscht.

Hunderte Schweizerinnen und Schweizer, die als Kinder illegal adoptiert wurden, wissen deshalb bis heute nicht, wer ihre leiblichen Eltern sind. Bund und Kantone wollen ihnen nun mit dem Projekt «Back to the Roots» bei der Herkunftssuche helfen. (sda)

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