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Der US-Präsident will Nordkorea bestrafen – nur wie? 

Die Premiere von «The Interview» wurde abgesagt. Nun prüft Sony andere Vertriebswege für den Film.
Die Premiere von «The Interview» wurde abgesagt. Nun prüft Sony andere Vertriebswege für den Film.Bild: Damian Dovarganes/AP/KEYSTONE
Der Sony-Hack und seine Folgen

Der US-Präsident will Nordkorea bestrafen – nur wie? 

Viele Möglichkeiten hat Barack Obama nicht. Und dann muss er auch noch von Sony Kritik einstecken.
20.12.2014, 11:1220.12.2014, 13:09
Alexander Demling
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Barack Obama liess alle Optionen offen – das sollte jeder merken: «Wir werden antworten, angemessen und in einem Zeitrahmen und einer Weise, die wir wählen», sagte der US-Präsident in einer Pressekonferenz. Mehr liess er sich nicht entlocken auf die Frage, wie die USA auf die mutmasslich von Nordkorea ausgehenden Hackerangriffe und Terrordrohungen reagieren will, wegen denen sich die Filmproduktionsfirma Sony gezwungen sah, die Premiere der Satire «The Interview» am ersten Weihnachtsfeiertag abzusagen.

Obamas vage Andeutung hat Methode: «Was wir tun, wird die Öffentlichkeit nicht erfahren. Aber die Nordkoreaner werden wissen, wer dahintersteckt», sagte Joel Brenner, ehemaliger Chef der Anti-Spionage-Einheit der USA, der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Barack Obama bei der Pressekonferenz: «Wir werden antworten».
Barack Obama bei der Pressekonferenz: «Wir werden antworten».Bild: J. Scott Applewhite/AP/KEYSTONE

Noch ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob wirklich Nordkorea hinter dem massiven Diebstahl von Daten aus Sonys Firmennetzwerk steckt. Die Diktatur wies über einen Repräsentanten bei der Uno jede Verantwortung zurück: «Es gibt keine Verbindung zu Nordkorea», sagte der Diplomat Kim Song der Nachrichtenagentur AP.

Das FBI sieht dagegen klare Hinweise, dass die Hackergruppe «Guardians of Peace» von der Diktatur beauftragt wurde. Der verwendete Code weise Ähnlichkeiten mit dem auf, den die «Unit 121», die berüchtigte Cyberkrieg-Einheit des nordkoreanischen Militärs, bei früheren Angriffen auf südkoreanische Regierungs- und Firmenseiten genutzt haben soll. Welche Optionen haben die USA aber, das Regime von Staatschef Kim-Jong Un zu bestrafen?

  • Auf gleiche Weise zurückzuschlagen hält Geheimdienstexperte Brenner für keine gute Idee. Mit einer Cyberattacke würde man Nordkorea offenbaren, welche Schwächen in ihren Computernetzwerken den USA bekannt sind. So viel dürfte der US-Regierung eine Hollywood-Komödie kaum wert sein. Auch könnten die Nordkoreaner das Hochtechnologieland USA mit einem Vergeltungsangriff viel härter treffen als die Amerikaner die Steinzeitdiktatur.
  • Auch für schärfere Wirtschaftssanktionen, etwa die Sperrung von Devisenkonten, ist nicht viel Raum. Die USA haben die Konten von Nordkoreas Aussenhandelsbank schon im März 2013 eingefroren, als Reaktion auf einen Atomwaffentest des Landes. Den grössten Schaden erlitt Nordkorea damals, als Chinas Staatsbank dem US-Vorbild folgte.
  • Auch diesmal müssten die USA wohl mit China kooperieren, damit mögliche Strafmassnahmen der Kim-Diktatur wirklich gefährlich werden. Danach sieht es derzeit nicht aus. In Peking kann man über den Film, an dessen Ende Kim-Jong Un in die Luft fliegt, offenbar genauso wenig lachen wie in Pjöngjang. «The Interview» sei ein Zeichen «sinnloser kultureller Ignoranz» der USA, kommentierte die chinesische Zeitung «Global Times».
Jetzt auf
Nordkorea fordert gemeinsame Ermittlungen
Die nordkoreanische Regierung hat die USA in der Hackeraffäre um die Nordkorea-Satire «The Interview» zu gemeinsamen Ermittlungen aufgefordert. Washington «erhebt unbegründete Anschuldigungen und verleumdet uns», teilte das Aussenministerium am Samstag mit.

«Wir können beweisen, dass dieser Vorfall nichts mit uns zu tun hat.» Sollte sich die US-Regierung einer Zusammenarbeit verweigern, hätte dies «ernste Konsequenzen», zitierte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA das Aussenministerium. (sda/afp)

Viele Optionen hat er US-Präsident in Wahrheit also nicht. Nun muss Obama auch noch Kritik von unerwarteter Seite einstecken, von Sony selbst. Dessen Chef Michael Lynton wehrte sich gegen Obamas Vorwurf, die Filmfirma hätte einen Fehler gemacht, als sie die Vorführung der Satire abgesagt hätten. Man habe auf den Wunsch der Kinobetreiber reagiert. «Wir können nicht bestimmen, ob ein Kino den Film zeigt oder nicht», sagte Lynton im Interview mit CNN.

Seth Rogen (mitte) und James Franco suchen ein Zuhause für ihren Film.
Seth Rogen (mitte) und James Franco suchen ein Zuhause für ihren Film.Bild: AP/Columbia Pictures - Sony

Zumindest Sony kann nun frei entscheiden, was mit seinem 44-Millionen-Dollar-Film um die Comedy-Stars Seth Rogen und James Franco passieren soll. Ein direkter Verkauf auf DVD oder an einen Video-on-Demand-Betreiber wie Netflix sei möglich, noch sei aber kein Interessent auf Sony zugekommen. Deshalb sei auch eine Veröffentlichung auf YouTube denkbar, wo jeder den Film kostenlos ansehen könne, sagte Lynton. «Wir wünschen uns, dass die amerikanische Öffentlichkeit diesen Film sehen kann.»

Die sieben eindrücklichsten Hacker-Attacken

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