Optimierungs- und Legespiel von Michael Kiesling und Andreas Schmidt für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren. Spieldauer: 60 bis 90 Minuten. Verlag: eggertspiele. Preis: etwa 55 Franken.
Als mittelalterliche Mönche stellen wir in unseren Klosterbrauereien «flüssiges Brot», also Bier her.
Auf einem zentralen Rundkurs ziehen wir mit unseren Figuren über Felder, um Rohstoffe und Mönche zu ergattern, die wir klug in unseren Klostergärten platzieren. Durch geschickt ausgelöste Wertungen müssen wir fünf Rohstoffmarker und eine Braumeister-Figur auf Zählleisten möglichst weit voran bringen.
Fülle an Material mit Holzfiguren, Holzmarkern und Plättchen.
Erfahrenere Spieler, die gerne ihre Gehirnzellen anstrengen, komplexe Zusammenhänge ausklügeln und optimieren, optimieren, optimieren.
Ein Spiel um Bier, das klingt nach Sun, Fun und leichter Kost. Sowas ist «Heaven & Ale» aber ganz und gar nicht. Eine derart knifflige Aufgabe bekommt man im Gegenteil nicht alle Tage gestellt:
– so steht es in der Spielanleitung. Das klingt bereits nach harter Arbeit, und etwas ähnliches ist es auch. Allerdings lustvolle harte Arbeit: Die Finanzen sind dabei sehr knapp. Ständig schrammen die Spieler am Bankrott vorbei, was aber genau den immensen Reiz ausmacht. Das Spiel siebt knallhart aus. Um «Heaven & Ale» erfolgreich zu spielen, muss man rechnen können. Anfänger haben keine Chance gegen Leute, welche die Zusammenhänge schon kennen. Desaströse Punktestände in den Anfangspartien sind normal. Davon sollte man sich aber erst recht anspornen lassen. Es braucht zwei bis drei Partien und etwas Übung, bis man die raffinierten und originellen Zusammenhänge erkennt.
Das Besondere an diesem Optimierungsspiel ist, dass man gleich sechs Wertungssteine auf einer Zählleiste voranbringen muss: Fünf für die Rohstoffe Holz, Hopfen, Gerste, Hefe und Wasser und eine Braumeisterfigur. Keine der Wertungen darf man vernachlässigen. Denn wo die hintersten Steine zuletzt stehen, ist entscheidend.
Das Spiel besteht aus einem zentralen Spielplan, auf welchem die Spieler mit einer Figur immer wieder einen Rundkurs absolvieren, um dort an lukrative sechseckige Rohstoff- und Mönchsplättchen zu kommen. Diese bauen sie dann auf einem eigenen individuellen Spielplan vor sich in einen Klostergarten ein. Die Anordnung der Plättchen ist dabei essentiell. Es gibt im Garten eine Sonnen- und eine Schattenseite. Plättchen auf der Schattenseite generieren Dukaten, um finanziell flüssig zu bleiben. Plättchen auf der Sonnenseite sind für das Vorankommen auf den Zählleisten wichtig. Nichts darf vernachlässigt werden. Entscheidend ist vor allem das richtige Timing für das Auslösen verschiedenster Wertungen während der Partie. In den Gärten müssen Scheunenfelder komplett von Plättchen umschlossen werden, dann gibt es Belohnungen.
Es ist hier nicht möglich, im Detail auf die Feinheiten des Spiels einzugehen. Es handelt sich um eine prekäre Mangelwirtschaft, die man zum Laufen bringen soll. Das ist unheimlich herausfordernd und interessant. Die Gefahr, sich zu verzocken, bremst dabei allerdings die Risikobereitschaft. Mit zunehmender Erfahrung versucht man neue Strategien und merkt, dass unterschiedliche Vorgehensweisen zum Erfolg führen können.
Schön dabei ist die schlanke Endwertung. Es gibt keine unendliche Siegpunkte-Ausschüttung wie bei vielen anderen Optimierungsspielen. Obwohl jeder für sich auf seinem Spielplan baut, ist «Heaven & Ale» zudem unheimlich interaktiv. Den es geht auf dem zentralen Rundkurs eigentlich immer nur darum, den anderen zuvorzukommen und ihnen die besten Plättchen wegzuschnappen. Der Wiederspielreiz und die Neugier, neue Aspekte am Spiel auszuloten sind hoch.
Dieses Spiel hat mich schon bei der ersten Partie sehr positiv überrascht. Für mich ist «Heaven & Ale» klar eines der besten komplexeren Spiele, die im vergangenen Herbst zur Spielmesse in Essen erschienen sind. Es macht Spass, zu taktieren, zu kombinieren und herauszufinden, wie man seine Klostergärten am besten bestückt, so dass die eigene Bierproduktion in die Schwünge kommt.
Schade ist dann allerdings doch, dass man dabei trotzdem überhaupt nie auch nur ein Mikromü das Gefühl bekommt, in einem Kloster Bier zu brauen. Das Thema bleibt völlig abstrakt und wird überhaupt nicht erlebbar. Es handelt sich beim Spiel halt um ein trockenes, mechanisches Konstrukt; ein brillantes Konstrukt allerdings.
Ja, man kann es eigentlich sehr gut zu zweit spielen. Es dauert wesentlich kürzer und man kommt sich nicht so stark in die Quere wie in Vollbesetzung. Es ist aber wie beim Biertrinken, das macht zu viert auch mehr Spass als zu zweit.
Als Jurymitglied ist Tom Felber verpflichtet, sämtliche relevanten neuen Spiele mehrfach auszuprobieren. Dazu benötigt er natürlich auch immer wieder neue Mitspieler. Wer Lust hat, mitzuspielen, kann sich über spieleabende@bluewin.ch für seinen Newsletter anmelden. Die Spiele-Testrunden finden jeweils in Zürich statt.