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Die Jugend ist eine Autobahn. Breit, schnell, eine Million Gefühle fahren mit. Eng wird's erst später. Aber von der Enge reden wir jetzt nicht. Jetzt reden wir von «Tschick». Dem Roman, der seinen Autor Wolfgang Herrndorf zum Millionär gemacht hätte, wenn er sich nicht erschossen hätte. Dem Buch über den schönsten Sommer von zwei 14-jährigen Jungs, einem blauen Auto und einem wilden Mädchen im Osten von Deutschland.
Maik und Tschick aus Berlin also. Der eine schmächtig, sensibel, Sohn eines Immobilienbankroteurs und einer Alkoholikerin. Der andere ein politoxikomaner Exilrusse mit unklaren Familienverhältnissen, schlau und gefährlich. Sie werden Freunde und hauen ab. Die einzige Kassette in dem uralten geklauten Lada: Richard Clayderman. Ihr Proviant: Tiefkühlpizzas (ohne Ofen) und Dosenfutter (ohne Öffner). Ihr Dach: der Sternenhimmel.
Sie begegnen lauter komischen Menschen, der Freizeitgruppe «Adel auf dem Radel», einer verschrobenen Mutter, die ihre Hippie-Kinder mit Homeschooling erzieht. Und Isa, dem schönen Borderline-Mädchen von der Müllkippe. Das Finale findet natürlich auf der Autobahn statt, mit Schweinen, grossem Drama und der Frage: War das jetzt ein Märchen? Ein Traum?
Vom ersten Satz weg spürt man im Roman den Film. Weil das alles fast platzt vor Leben, Bewegung und Vorwärtsdrang. Weil die Dialoge perfekt sind. Jetzt ist der Film da. Was für ein verdammter Wurf! Was für Schauspieler! Was für ein Soundtrack! Was für eine rasante, lustige, klare Regie!
Dabei war die Entstehung von «Tschick», dem Film, einigermassen konfus. 2010 erscheint das Buch. Der Autor Wolfgang Herrndorf weiss, dass er an einem bösartigen Gehirtumor sterben wird. Ein Jahr später liest der Regisseur Fatih Akin («Gegen die Wand», «Soul Kitchen») das Buch, rennt ans Telefon und sagt Herrndorfs Verlag, dass er «Tschick» verfilmen will. Er erhält weder eine Zu- noch eine Absage, widmet sich seinem Film «The Cut».
«Tschick» entwickelt sich zum Millionenseller. In der Theaterfassung ist es noch heute das meistgespielte Stück auf Deutschalnds Bühnen. Vor Mozarts «Zauberflöte». «Jetzt könnte ich sechsstellige Summen verdienen, und es gibt nichts, was mir egaler wäre», schreibt Herrndorf. Im August 2013 nimmt er sich in Berlin das Leben.
Akin liest Herrndorfs Sterbe-Blog «Arbeit und Struktur»: «Da schreibt jemand im Angesicht des Todes, das ist der existenziellste Text, den ich je gelesen habe», sagt er und fällt in eine «künstlerische Krise». Anfang Sommer 2015 erhält er einen Anruf: Man habe sich mit David Wnendt («Feuchtgebiete», «Er ist wieder da»), der dabei war, «Tschick» zu verfilmen, überworfen, Akin könne übernehmen.
Er übernimmt. Schreibt zuerst das Drehbuch neu, ganz nah am Original. Besetzt die Hauptdarsteller neu. Seine Casting-Agentin geht auf der Suche nach einem Darsteller für Tschick auf die mongolische Botschaft in Berlin, der Sohn des Botschafters, Anand Batbileg, der noch nie mit Schauspiel zu tun hatte, bewirbt sich. Er und Tristan Göbel, der Maik, sind beide 13 Jahre alt.
Ein Stuntman bringt den beiden das Autofahren bei, Fatih Akin quetscht sich in den Kofferraum des Ladas und brüllt den beiden während ultraholpriger Fahrten durch Maisfelder die Regieanweisungen zu. Der Dreh: ein Riesenspass. Das Resultat: ein Film, so albern, abenteuerlich und abgrundtief rührend wie die Jugend selbst. In ihrem besten Sommer, versteht sich.
«Tschick» läuft ab 15. September im Kino.