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watson am Afrika-Cup: Die verrückteste Hotelreservierung meines Lebens 

Es gäbe sie, die schönen Hotels am Strand in Malabo. Aber so wie hier beim Sofitel sind sie alle nicht bezahlbar. 
Es gäbe sie, die schönen Hotels am Strand in Malabo. Aber so wie hier beim Sofitel sind sie alle nicht bezahlbar. Bild: sofitel
Äquatorialguinea

watson am Afrika-Cup: Die verrückteste Hotelreservierung meines Lebens 

Hotelreservationen sind ja mittlerweile einfach: Kurz ins Internet, dreimal klicken, bisschen Bewertungen lesen und Bilder anschauen, noch zweimal klicken und schon ist alles geregelt. In Äquatorialguinea läuft dies noch etwas anders – doch zum Schluss wird’s richtig witzig. 
17.01.2015, 16:5218.01.2015, 10:19
Reto Fehr
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Der Hürdenlauf zum Visum für Äquatorialguinea verläuft zu Beginn praktisch parallel zur Suche nach einer Unterkunft. Denn ursprünglich hätte ich unter anderem erst ein Hotel benötigt, um überhaupt ein Visum zu erhalten. Ich beginne Ende November damit. 

So suche ich im Internet nach Schlafmöglichkeiten. Da machen sich schnell die ersten beiden Probleme bemerkbar: Wegen des Ölreichtums sind die Preise horrend. Eine Unterkunft unter 200 Franken pro Nacht finde ich nicht. Und da Äquatorialguinea touristisch praktisch unerschlossen ist, lassen sich im Internet nur eine Handvoll Luxushäuser finden. Es gäbe zwar billigere Unterkünfte, aber die könne man nur vor Ort buchen – oder wenn man eine Telefonnummer weiss.  

watson in Äquatorialguinea
watson-Sportchef Reto Fehr reist an den Afrika-Cup in Äquatorialguinea und berichtet ab dem 16. Januar regelmässig von seinen Erfahrungen – vorausgesetzt die Internetverbindung funktioniert und er erhält das versprochene Visum tatsächlich. Das kleine Land im Nacken Afrikas gilt als eines der touristisch wenigsten entwickelten und am schwierigsten zu bereisenden der Welt.

Durch Ölreichtum sind die Preise im Land unvorstellbar horrend. 2004 wies die Nation zwar die höchste Wirtschafts-Wachstumsrate (30%) aus und auf dem Papier wäre Äquatorialguinea gemessen am Pro-Kopf-Einkommen eines der reichsten Länder. In der Realität hat die Hälfte der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem, fliessendem Wasser und 20 Prozent der Kinder sterben vor dem 5. Lebensjahr. In der Korruptionsliste belegt die ehemalige spanische Kolonie regelmässig hinterste Plätze und Präsident Teodoro Obiang – das am längsten im Amt stehende, nicht royale Amtsoberhaupt der Welt – kontrolliert seine «demokratische Nation» mit viel Militärpräsenz praktisch als Diktatur. 

Alle Zimmer bereits vergeben

Da ich zu Beginn vor allem eine Unterkunftsbescheinigung (für das Visum) benötige, rufe ich bei den rund zehn Hotels an, von welchen ich Nummern habe. Die Verbindung ist natürlich schlecht und das Resultat immer das Gleiche: Nach langen Diskussionen hat niemand ein Zimmer frei und einfach eine Bestätigung schicken fürs Visum geht natürlich auch nicht. Vielleicht ergäbe sich ja kurzfristig was, erklären einige. Ich solle am Tag meiner Abreise nochmals anrufen … 

AirBnB ist praktisch inexistent in Äquatorialguinea und die spärlichen Couchsurfing-Kontakte können auch nicht weiterhelfen. Einziger Lichtblick ist Christian. Er arbeitet im Hilton, würde mich aber bei sich auf dem Sofa aufnehmen – falls er nicht versetzt wird. Das ist mir zu unsicher, ich suche weiter. 

Fast hätte ich bei einem Hilton-Mitarbeiter gratis wohnen können.
Fast hätte ich bei einem Hilton-Mitarbeiter gratis wohnen können.Bild: hilton

Selbst die Teams wussten bis kurz vor Turnierbeginn nicht, wo sie untergebracht werden

Der afrikanische Verband (CAF) ist leider auch keine Hilfe. Die Medienabteilung schaltet bei Fragen nach Unterkünften auf Durchzug, lässt entsprechende Mails unbeantwortet und ist auch telefonisch kaum mehr zu erreichen. Via Kameruns Trainer Volker Finke erfahre ich keine zwei Wochen vor Turnierstart, dass noch nicht einmal die Teams wüssten, in welchen Hotels sie untergebracht werden. 

Gut eine Woche vor der geplanten Abreise am 16. Januar meldet sich Christian wieder. Er sei zwar noch im Land, aber das mit der Unterkunft gehe wohl doch nicht. Die Hotelangestellten müssen ihre Zimmer räumen, um Platz für Gäste zu schaffen. Allerdings habe er auch noch ein Zimmer im Hilton frei. Das kostet 360 Franken die Nacht. Ich lehne dankend ab. Er habe jetzt in seiner Zweizimmerwohnung schon zwei Mitarbeiter untergebracht. Wäre ja auch zu witzig gewesen, wenn ich via Couchsurfing gratis bei einem hohen Hotelmitarbeiter hätte schlafen können. 

Sieht ganz okay aus: Das Hotel Bahia 2 in Malabo, wo ich die ersten zwei Nächte sein werde.
Sieht ganz okay aus: Das Hotel Bahia 2 in Malabo, wo ich die ersten zwei Nächte sein werde.Bild: Bahia 2

Die Verwirrung mit den Wochentagen

Die Rettung kommt letzten Freitag via Frankreich aus Deutschland. Ein Journalistenkollege hat von französischen Berichterstattern einen Kontakt zu einem kleineren Hotel erhalten und hat sich dort für 120 Euro die Nacht einquartiert. Reservationen seien allerdings nur telefonisch möglich und ich solle doch Madame Pilar verlangen. Er habe zwei Tage lang hin und her telefoniert, bis er endlich bei ihr gelandet ist und sie habe die Reservierung entgegennehmen können. 

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Ich rufe an. Gelangweilt nimmt die Rezeptionistin ab. Madame Pilar ist nicht zu sprechen. Die Verbindung knackt, nach jedem zweiten Satz höre ich ein «Hallo», weil die Dame meint, die Leitung sei tot. Ich will eigentlich nur die erste und letzte Nacht buchen, weil mir die rund 120 Euro zu viel sind und ich eh versuchen werde, im Land herumzureisen. Meine Gesprächspartnerin ist erst fest davon überzeugt, dass der 16. ein Montag ist und es am Montag schon noch Platz habe, am 16. aber nicht. Nach langen Diskussionen findet sie heraus, dass der 16. tatsächlich ein Freitag ist und plötzlich hat es doch noch freie Zimmer. Aber für meinen letzten Tag könne sie jetzt nichts reservieren, das werden wir dann besser klären, wenn ich vor Ort sei. 

So soll das Zimmer aussehen – wär' ja wunderbar.
So soll das Zimmer aussehen – wär' ja wunderbar.Bild: bahia 2

Zum Abschluss will sie noch ein Geschenk

Eine Bestätigung gibt es nicht. Mein Name (trotz aller Kürze gefühlt zehnmal buchstabiert, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass «Reto» auf Spanisch «Herausforderung» bedeutet und der Name wie meist im Ausland sehr ungewöhnlich erscheint) und die Schweiz als Herkunftsland reichen. Ich solle dann einfach meinen Pass zeigen bei der Ankunft. Das klappe schon. Rund sechs Wochen hat die unendlich scheinende Suche nach einem kleinen Hotelzimmer gedauert. 

Ob ich sonst noch etwas wolle, fragt mich die Dame zum Abschluss. Als ich verneine, meint sie: «Sie sind doch aus Italien …»,«… aus der Schweiz», werfe ich ein. «Ah ja, Schweiz. Können Sie mir da ein schönes Geschenk mitbringen?» Ich bin sprachlos. Äquatorialguinea belegt regelmässig einen Spitzenplatz der korruptesten Länder. Dass ich schon vor der Abreise auf eine Weise damit konfrontiert werde, hätte ich nicht erwartet. Aber wenn das mit dem Zimmer tatsächlich klappt, habe ich eine Toblerone mit dabei. Der Afrika-Cup kann kommen. 

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