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Afrika-Cup

Eigentlich funktioniert in Äquatorialguinea nichts, aber irgendwie klappt alles 

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Afrika-Cup 2015
Der Harmattan-Wüstenwind mit Sand der Sahara sorgt für trübe Aussichten in Malabo.
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watson am Afrika-Cup

Eigentlich funktioniert in Äquatorialguinea nichts, aber irgendwie klappt alles 

Mein erster Tag in Äquatorialguinea wird ein langer. Akkreditierung abholen, SIM-Karte besorgen, Geld wechseln, sich zurechtfinden. In Afrika muss man da immer noch das eine oder andere Stündchen draufschlagen, bis alles klappt.  
20.01.2015, 10:2220.01.2015, 10:48
reto fehr, äquatorialguinea
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So stelle ich den Wecker auf 7 Uhr. Dies ist jedoch überflüssig. Ab 4 Uhr kräht der Hahn aus Nachbars Garten im Viertelstundentakt. Ich dachte ja immer, Hähne krähen nur bei Sonnenaufgang. Aber in Äquatorialguinea ist womöglich alles bisschen anders. Ich weiss im Weiteren nicht, ob es andere Hauptstädte gibt, in welchen man mitten im Zentrum von Hühner-Gegacker geweckt wird. Hier lebt in den Strassen auf jeden Fall mehr Federvieh als in Schweizer Dörfern Katzen.

Malabo ist ein verschlafenes Nest. Überall spriessen Palmen, eine richtige Grünstadt. Manchmal wirkt die Szenerie fast wie eine Geisterstadt. Dazu trägt auch der Harmattan bei, der Wüstenwind aus der Sahara, welcher hier den Himmel grau färbt und dieser Tage wie eine Dunstglocke über der Insel hängt. Weiter als einen Kilometer reicht die Sicht kaum. 

Der Harmattan sorgt momentan für einen stetigen Schleier über Malabo.
Der Harmattan sorgt momentan für einen stetigen Schleier über Malabo.Bild: watson

Geldwechseln nur auf dem Schwarzmarkt

Während anderswo in Afrika das Leben auf der Strasse stattfindet, sind diese hier fast wie leergefegt. Das Verkehrsaufkommen ist sehr überschaubar, was allerdings auch nicht weiter überrascht, wenn dreispurige Autobahnen aus der Stadt führen, obwohl ausserhalb Malabos kaum Leute leben. Bettler sehe ich trotz weit verbreiterter Armut keine und es soll selbst nachts auch für Weisse sicher sein. 

Die Akkreditierung für den Afrika-Cup ist schnell besorgt. Geld braucht es noch und vor allem eine SIM-Karte. Denn meine Schweizer SIM findet hier kein Netz. Glücklicherweise begleitet ein Einheimischer zwei Journalistenkollegen und mich durch die Ecken der Kleinstadt. Erst werden Banken abgeklappert. Doch Geld wechseln kann man dort nur, wenn man auch ein Konto besitzt. Zudem ist der Kurs schlecht. Wir erhalten den Tipp, dass ein kleiner Laden um die Ecke, welcher neben Stoff auch Waschmaschinen und Esswaren verkauft, Geld wechselt. Der Kurs ist super, die Knete besorgt. Schwarzmarkt sei dank! 

watson in Äquatorialguinea
watson-Sportchef Reto Fehr reist an den Afrika-Cup in Äquatorialguinea und berichtet ab dem 16. Januar regelmässig von seinen Erfahrungen – vorausgesetzt die Internetverbindung funktioniert und er erhält das versprochene Visum tatsächlich. Das kleine Land im Nacken Afrikas gilt als eines der touristisch wenigsten entwickelten und am schwierigsten zu bereisenden der Welt.

Durch Ölreichtum sind die Preise im Land unvorstellbar horrend. 2004 wies die Nation zwar die höchste Wirtschafts-Wachstumsrate (30%) aus und auf dem Papier wäre Äquatorialguinea gemessen am Pro-Kopf-Einkommen eines der reichsten Länder. In der Realität hat die Hälfte der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberen, fliessenden Wasser und 20 Prozent der Kinder sterben vor dem 5. Lebensjahr. In der Korruptionsliste belegt die ehemalige, spanische Kolonie regelmässig hinterste Plätze und Präsident Teodoro Obiang – das am längsten im Amt stehende, nicht royale Amtsoberhaupt der Welt – kontrolliert seine «demokratische Nation» mit viel Militärpräsenz praktisch als Diktatur.

«Medienzentrum? Noch nie gehört»

Weiter geht es mit der SIM-Karte. Beim ersten Anbieter im gekühlten Bürogebäude geht das momentan nicht, weil das System nicht funktioniere. Wir sollen am Nachmittag nochmals kommen. Dann klappe es vielleicht. Wir wollen nicht warten und setzen auch hier auf die Strasse. Unter einem Zelt diskutieren wir rund eine Stunde, dann sind alle ausgerüstet. 

Nein, das ist kein fast leerer Raum. Das ist das Medienzentrum in Malabo.
Nein, das ist kein fast leerer Raum. Das ist das Medienzentrum in Malabo.Bild: watson

Nächster Stopp: Medienzentrum. Dieses soll auf einer am Morgen noch eilig verschickten Mitteilung des Afrikanischen Verbandes (CAF) im Stadionbauch sein. Doch die Tore sind verschlossen und der Polizist am Eingang meint aus seinem Schattenplätzchen: «Medienzentrum? Noch nie gehört. Heute ist Sonntag und eh alles zu.» Er gewährt uns trotzdem Einlass auf das Gelände.

Wir suchen die Räume ab, aber alle sind leer. Der Kontakt der Medienverantwortlichen von Malabo funktioniert natürlich auch nicht und wir glauben schon, dass wir am falschen Ort sind. Da kommt ein Journalist aus Spanien: «Willkommen im Medienzentrum. Das Wlan-Passwort ist Sportfootball. Mehr weiss ich auch nicht.» 

SIM-Karte wird am Strassenrand gekauft.
SIM-Karte wird am Strassenrand gekauft.Bild: watson

Das kann nur Afrika

Die Organisation ist wie erwartet chaotisch. Man kann dem CAF allerdings fast keinen Vorwurf machen. In zwei Monaten wurde hier eine Kontinentalmeisterschaft aus dem Boden gestampft. Für andere Grossanlässe dauert jeweils alleine die Suche nach einem Maskottchen so lange.

Fast logisch, dass da versprochene Transporte, Hotels, Kontakte, Medienzentren nicht funktionieren oder nicht existieren. Am Stadion in Malabo wird noch am Tag vor dem ersten Spiel gemalt und einiges wird wohl nie fertig. Es ist wie so oft in Afrika und mit ein Grund, warum ich diesen Kontinenten liebe: Auch wenn nicht alles läuft wie es sollte, irgendwie geht es am Ende immer. 

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1 Kommentar
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Die beliebtesten Kommentare
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Baba ♀️
20.01.2015 10:38registriert Januar 2014
"Auch wenn nicht alles läuft wie es sollte, irgendwie geht es am Ende immer." Genau auf den Punkt gebracht! Und wenn man damit umgehen kann (d.h. seine schweizerischen Ansichten über Abläufe, Pünktlichkeit und Organisation beim Abflug zurücklässt), ist Afrika und seine Menschen einfach genial. Freu' mich auf den nächsten Bericht :-)

Aber den Africa Cup innert zwei Monaten zu organisieren ist schon eine reife Leistung - ich bin mir nicht sicher, ob das in Europa so klappen würde...
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