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4 Lügen aus der DFB-Stellungnahme zum Özil-Rücktritt

epa06906200 A view of a Logo of the DFB, German Soccer Federation, at the headquarters in Frankfurt, Germany, 23 July 2018. EPA/RONALD WITTEK
Der DFB hinterlässt in der Causa Mesut Özil einen ziemlich verschwommenen Eindruck.Bild: EPA/EPA
Analyse

4 Lügen aus der verfloskelten DFB-Stellungnahme zum Özil-Rücktritt

24.07.2018, 10:26
Benedikt Niessen, Arne Siegmund / watson.de
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Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) hat sich zu Mesut Özils Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft und seinem Rundumschlag gegen den Verband geäussert. Dazu gab der DFB am Montagnachmittag eine Stellungnahme heraus.

Die DFB-Erklärung ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Das Präsidium wirft in der Erklärung mit Floskeln um sich, das Statement besteht hauptsächlich aus hohlen Phrasen wie «Vielfalt ist eine Stärke», «Unsere Integrationsarbeit hat eine zentrale Bedeutung» oder «Wir spielen und leben zusammen». 

Ausserdem versucht der DFB mit Integrations-Gefasel, den Kopf irgendwie aus der Schlinge zu ziehen, brüstet sich damit, dass er ja auch den Integrationspreis verleiht und die Kampagne «1:0 für ein Willkommen» ins Leben gerufen hat.

Die folgenden Aussagen aus der Erklärung sind dagegen nicht nur Floskeln, sondern glatte Lügen:

«Im DFB gewinnen und verlieren wir zusammen, alle, als ein Team.»
DFB

Wenn dem so wäre, warum hat Oliver Bierhoff dann nach dem WM-Aus das hier gesagt?

«Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet.»

Ausserdem: Weil Reinhard Grindel nicht gerade loyal zu Özil stand, kam es überhaupt erst zu der verfloskelten DFB-Stellungnahme.

«Der DFB steht für Vielfalt, von den Vertretern an der Spitze bis zu den unzähligen, tagtäglich engagierten Menschen an der Basis.»
DFB

An der Basis mag das stimmen: Insgesamt hat fast jedes fünfte Mitglied im DFB Migrationshintergrund. In der Führungsetage sieht man aber nichts davon: Das 19-köpfige Präsidium des grössten nationalen Sport-Fachverbandes der Welt besteht aus einer Frau und 18 Männern mit Namen wie Osnabrügge, Zimmermann oder Koch.

Sie haben meist graue Haare und sind alle etwa doppelt so alt wie die Özils, Gündogans oder Boatengs der Nationalelf. Vermutlich kann sich also keiner der 19 DFB-Bosse voll und ganz in sie hineinversetzen. So sieht Vielfalt jedenfalls nicht aus.

«Was uns alle dabei auf und neben dem Platz verbinden muss, ist die Beachtung der im Grundgesetz verankerten Menschenrechte, das Eintreten für Meinungs- und Pressefreiheit sowie Respekt, Toleranz und Fair Play. Ein Bekenntnis zu diesen Grundwerten ist für jede Spielerin und für jeden Spieler erforderlich, die für Deutschland Fussball spielen.»
DFB

Puh. Was sollen wir dazu sagen? Doppelmoral! Zusammenarbeit mit der Chinesischen U20 in der Regionalliga, WM in Russland – wo bleiben kritische Statements dazu? Und wir würden auch gerne noch einmal wissen, wie das mit den mysteriösen 6.7 Millionen Euro war, die nach der WM 2006 geflossen sind.

Und die Probleme reichen tiefer. Schon in der halbprofessionellen deutschen Regionalliga zeigt der Verband, dass er noch lange nicht an dem Punkt angelangt ist, um von «Respekt, Toleranz und Fair Play» zu sprechen. Nach Ausschreitungen zwischen Energie Cottbus und Babelsberg 03 wurden in einem ersten Urteil «Nazischweine raus»-Rufe der Babelsberger belangt, «Arbeit macht frei, Babelsberg 03»-Parolen seitens der Cottbusser jedoch nicht. Wer traf diese Entscheidung? Der Nordostdeutsche Fussballverband (NOFV), der zum DFB gehört.

«Er (Anm.d.Red.: der DFB) hat in den vergangenen 15 Jahren eine vielschichtige Integrationsarbeit etabliert, die bis in die Amateurvereine wirkt.»
DFB

Es mag sein, dass sich die Bemühungen des DFB um Integration «etabliert» haben, doch dass diese «bis in die Amateurvereine» wirken, wagen wir zu bezweifeln. Kann man das messen? Ist die Integration nicht erst gelungen, wenn jeder Spieler, egal wo er herkommt und was er glaubt, gleich behandelt wird?

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quelle: ap / philippos christou
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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Barracuda
24.07.2018 10:34registriert April 2016
Vielleicht hinterfragt ihr auch mal die Glaubwürdigkeit von Özils haarsträubenden Ausführungen ;-)
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Zum Kommentar
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dding (@ sahra)
24.07.2018 10:36registriert Juni 2017
Jemand der einen Diktator unterstützt muss gehen.

Egal ob es nun ein Deutscher Diktator ist oder ein Türkischer.

Was soll dieser Özil Hype?
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Zum Kommentar
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N. Y. P. D.
24.07.2018 10:37registriert Oktober 2015
Das Theater fängt jetzt mit dieser Stellungnahme erst an.

Nun denn, wir haben unser Sommer - Thema.
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